Der letzte Single fangt den Mann
eiskalter Horror durch meinen Körper jagt. Ich klammere mich an die Theke hinter mir, um mich abzustützen. Mir ist übel, ich glaube, ich muss mich übergeben. Sie küssen sich so leidenschaftlich, dass ich mir vorkomme wie ein Eindringling, während ich sie beobachte. Aber er ist mein Freund, er war, er ist…
Dave löst sich von ihr und sieht ihr ein paar Sekunden lang tief in die Augen, während er etwas murmelt. Ich habe ihn noch nie so zärtlich erlebt, so glücklich. Er hat mich nie so angelächelt. Bella erwidert sein Lächeln und sagt etwas, ohne die Augen von seinen abzuwenden. Dann beugt Dave sich vor und drückt auf den Aufzugknopf. Gleich darauf macht es wieder » Ping!«, und Dave schiebt Bella rückwärts in den Aufzug, während er sie küsst. Sie kichert in seine Lippen.
Die Aufzugtür schließt sich.
Ich drehe mich zu dem Concierge um, während mein Atem stoßweise geht. Mein Gesicht ist heiß und kribbelt. Meine Augen verlieren den Fokus. Warum höre ich nichts mehr?
Das Nächste, was ich spüre, ist der Boden, auf den ich aufschlage– mit dem Gesicht voran.
Kapitel 37
Ich wurde ohnmächtig. Offensichtlich. Was ein hübsches Drama auslöste.
Das Hotelpersonal war großartig. Sie trugen mich in ein Büro, verabreichten mir Tee, tupften die blutende Platzwunde auf meinem Wangenknochen ab, drückten Eis auf mein anschwellendes Auge und fragten mich hundertmal, ob sie einen Arzt rufen sollten. Als ich sie endlich davon überzeugen konnte, dass ich keinen Arzt brauchte, sondern nur Schlaf, brachten sie mich in mein Hotelzimmer.
Kaum war ich allein, brach ich wie ein hysterisches Häufchen Elend zusammen.
Ich wusste nicht, was ich mit mir anfangen sollte. Ich wollte niemanden anrufen, weder meine Freunde noch meine Eltern noch meine Schwester. Plötzlich wurde mir klar, dass die Reise nach Hongkong, von der ich niemandem erzählt hatte, nicht nur überstürzt wirkte, sondern geradezu hirnrissig.
Also schluchzte ich erbärmlich, auf dem Boden meines Hotelzimmers hockend. Eine Frage nach der anderen huschte mir durch den Kopf, jede einzelne schlimmer als die vorherige. Hätte ich etwas ahnen müssen, als ich die beiden beim Lunch sah? Bin ich unfähig, einen treuen Mann zu finden? Was zum Henker stimmt nicht mit mir? Ich weinte und weinte und weinte.
Dann begann ich mich zu fragen, ob die beiden noch im Hotel waren, und meine Fantasie ging mit mir durch. Hatten sie gerade Sex, nur wenige Etagen tiefer? Redeten sie über mich oder lachten sie womöglich über mich? Würde Dave ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn er wüsste, dass ich hier bin? Würde er mich bitten, ihm zu verzeihen? Ich versuchte, mir schreckliche Dinge zurechtzulegen, die ich ihm sagen wollte, falls ich dazu kam.
Und ich weinte noch mehr.
Wie ein Gefühlsmasochist machte ich mir finstere Gedanken, die mich noch mehr aufregten. Ich dachte, jeder hat die Liebe gefunden außer mir. Sogar Peter, der schreckliche Peter, der mich auch betrogen hat, ist wieder glücklich verliebt. Ich bin der einzige Single, den ich kenne, abgesehen von Robert, und seine Freundschaft kann ich knicken. Ich vermisse Robert, dachte ich selbstmitleidig.
Und ich weinte noch mehr.
Ich dachte an meine ganzen Dates. An all die süßen, netten Männer, die mich ausführten und die ich zum Dank arrogant ignoriert hatte. Und ich hatte mich für so witzig gehalten und so cool. Ich bin ein schrecklicher Mensch, und ich habe es nicht verdient, glücklich zu sein, dachte ich. Das Karma ist wirklich sehr launisch.
Und ich weinte noch mehr.
Ich überlegte, ob ich nach London zurückfliegen sollte. Ich malte mir aus, wie ich im Bewusstsein, dass Suzanne mich für den Rest meines Lebens auf dem Kieker haben würde, ins Büro ging. Außerdem bezweifelte ich, dass ich körperlich in der Lage war, vom Boden aufzustehen. Ich wollte nicht hier sein, aber auch nicht dort. Ich wollte nirgendwo sein.
Ich war hysterisch vor Kummer und Selbstmitleid. Immer wenn ich mich etwas besser fühlte, dachte ich an Dave und Bella in der Lobby, dass sie aussahen wie das glücklichste Paar der Welt, und mir kamen wieder die Tränen.
Und dann, nach Stunden ununterbrochenen Weinens, klopfte es an meiner Zimmertür.
Na ja, Sie wissen, was dann passierte…
Vor der Tür stand der falsche Mann.
Es war Robert. Und er sah richtig scheiße aus: grau vor Müdigkeit, der Anzug völlig zerknittert, ohne Krawatte, die Haare noch ungekämmter als sonst. Er stürmte herein und brüllte mich
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