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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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depeschiert, um sicherzugehen, daß Dr. Leon Sterndales Angaben stimmen. Es scheint so, daß er die letzte Nacht wirklich dort zugebracht hat und daß sich ein Teil seines Gepäcks in der Tat schon auf dem Weg nach Afrika befindet. Und er ist zurückgekommen, um bei den Untersuchungen zugegen zu sein. Was halten Sie davon, Watson?«
      »Er ist eben zutiefst interessiert.«
      »Zutiefst interessiert – ja. Es gibt einen Faden, den wir noch nicht erwischt haben und der uns durch das Labyrinth führen könnte. Mut gefaßt, Watson, denn ich bin sicher, daß wir noch nicht das ganze Material in den Händen haben. Wenn es beisammen ist, werden unsere Schwierigkeiten bald überwunden sein.«
      Ich hätte mir kaum vorstellen können, wie schnell Holmes’ Worte sich bewahrheiten sollten und welch befremdlichen und düsteren Lauf die Entwicklung nehmen würde, die der Untersuchung eine ganz neue Wendung gab. Es war Morgen, ich stand am Fenster und rasierte mich, als ich Hufschlag hörte und ein Dogcart im Galopp die Straße heraufkommen sah. Er hielt vor unserer Tür, herab sprang unser Freund, der Vikar, und stürmte unseren Gartenweg entlang. Holmes war bereits fertig angekleidet, und wir eilten ihm entgegen.
      Unser Besucher war derart aufgeregt, daß er kaum Worte fand, aber schließlich brach unter Keuchen und Stocken seine tragische Geschichte aus ihm hervor.
    »Bei uns geht der Teufel um, Mr. Holmes! In
    meiner armen Gemeinde geht der Teufel um!« rief er. »Satan persönlich! Wir sind in seine Hand gegeben!« Vor Aufregung tanzte er umher, eine närrische Erscheinung, wären nicht das aschfarbene Gesicht und die erschrockenen Augen gewesen. Endlich stieß er seine entsetzliche Neuigkeit hervor.
      »Mr. Mortimer Tregennis ist letzte Nacht gestorben, und mit genau denselben Symptomen wie die anderen Mitglieder seiner Familie.«
      Holmes sprang auf, augenblicklich nichts als Tatkraft.
      »Passen wir beide noch in Ihr Dogcart?«
      »Ja, das geht.«
      »Dann, Watson, verschieben wir unser Früh
    stück. Mr. Roundhay, wir stehen ganz zu Ihrer Verfügung. Machen Sie, schnell, ehe man die Dinge durcheinanderbringt.«
      Der Mieter bewohnte zwei Zimmer im Vikariat, die sich in einem separaten Winkel befanden, sie lagen übereinander, unten ein großes Wohnzimmer, darüber der Schlafraum. Die Fenster gingen auf einen Krocketrasen hinaus, der sich bis an die Hauswand erstreckte. Wir kamen vor dem Doktor und der Polizei an, so daß alles unberührt war. Ich möchte die Szene, wie sie sich uns an jenem nebligen Märzmorgen darbot, genau beschreiben. Sie hat in mir einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen.
      Die Luft in dem Zimmer war scheußlich und atembeklemmend. Das Dienstmädchen, das als erste ins Zimmer gekommen war, hatte das Fenster aufgestoßen, sonst wäre es noch unerträglicher gewesen. Zum Teil lag das wohl daran, daß auf dem Tisch in der Mitte eine flackernde und qualmende Lampe stand. Daneben lehnte der Tote in einem Sessel, den schütteren Bart vorgereckt, die Brille auf die Stirn geschoben; das schmale, von den gleichen Anzeichen des Entsetzens wie das seiner toten Schwester verzerrte Gesicht war dem Fenster zugekehrt. Seine Glieder waren im Krampf verzogen und die Finger ineinandergekrallt, als wäre er in einem wahren Paroxysmus der Furcht gestorben. Er war vollständig angezogen, obgleich es Anzeichen dafür gab, daß er sich in großer Eile in die Sachen geworfen hatte. Wir hatten bereits festgestellt, daß sein Bett benutzt worden war und daß sein tragisches Ende ihn am frühen Morgen ereilt haben mußte.
      Man konnte einen Begriff von der glühenden Energie bekommen, die unter Holmes’ phlegmatischer Oberfläche brodelte, wenn man die plötzliche Veränderung wahrnahm, die in dem Augenblick mit ihm vorging, als wir das todbringende Appartement betraten. Im Nu war er gespannt und hellwach, die Augen glänzten, das Gesicht versteinte, seine Glieder zitterten vor Tatendrang. Er lief über den Rasen, kam durchs Fenster wieder herein, ging im Zimmer hin und her und stieg die Treppe hinauf in das Schlafzimmer wie ein schnüffelnder Jagdhund, der eine Spur aufgenommen hat. Im Schlafzimmer orientierte er sich mit einem schnellen Rundblick, stieß das Fenster auf und schien neuerlich erregt: Er lehnte sich hinaus und ließ laute Ausrufe des Interesses und der Freude hören. Dann lief er die Treppe hinunter, kletterte aus dem Fenster, warf sich mit dem Gesicht voran auf den

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