Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Letzte Tag Der Schoepfung

Der Letzte Tag Der Schoepfung

Titel: Der Letzte Tag Der Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
Vom Netzwerk:
der Vergangenheit anfangen kann, was immer man will. Die in der Gegenwart Lebenden, die jemanden oder etwas in die Vergangenheit senden, damit dort eine Veränderung vorgenommen wird, werden nie feststellen können, ob diese Veränderung durchgeführt worden ist oder nicht, weil im Moment der Veränderung die Alternative, die sich durch sie ergibt, zur geschichtlichen Realität wird. Das heißt aber nichts anderes, als dass jeder Zeitgenosse weiß, dass es so und nicht anders schon immer gewesen ist. Wenn Sie jemanden ins Jahr 1775 zurückschickten, der George Washington über den Haufen schießt, bevor ihn der Kontinentalkongress zum Höchstkommandierenden der Streitkräfte ernennt, dann wird in allen Geschichtsbüchern stehen, dass George Washington, möglicherweise ein fabelhafter Feldherr, der möglicherweise gegen die Briten etwas hätte ausrichten können, 1775 erschossen worden sei. So ist das! Und Sie, meine Herren, wüssten es auch nicht anders, weil Sie es so und nicht anders in der Schule gelernt hätten.«
    »Reden wir hier über die verschrobenen Ideen eines Science-Fiction-Autors oder über das Chronotron-Projekt?«, schnaubte der Admiral ärgerlich.
    »Über das Chronotron-Projekt, Sir«, erwiderte Fleissiger ungerührt.
    Dr. Hollister kicherte und schüttelte den Kopf.
    »Sehen Sie, Admiral Francis«, fuhr Fleissiger fort. »Sie wollen Ihrer Nation mithilfe des Chronotrons Vorteile verschaffen. Das Vertrackte dabei ist nur, dass Ihnen das niemand danken wird. Kein Zeitgenosse, Sie selbst eingeschlossen, wird jemals merken, dass sich etwas zum Vorteil verändert hat. Und sollten Sie tatsächlich Erfolg haben und die Situation der USA und ihrer Verbündeten strategisch, wirtschaftlich, politisch und so weiter verbessern, dann wird jeder bloß sagen: Ach, wie geht es uns doch gut. Aber was zum Teufel will eigentlich dieser Francis? Steckt Milliarden Dollar in dieses sündhaft teure Projekt, das nichts bewirkt, nicht einen einzigen Erfolg aufzuweisen hat. Und wozu schmeißt er das ganze Geld zum Fenster raus? Damit es uns noch besser geht. Es ist doch eigentlich eine Schande, dass es uns so gut geht und den anderen so schlecht. Wäre mit dem Geld nicht besser den armen Muschiks geholfen, die unter der Knute des Zaren stöhnen, oder den Millionen Chinesen, die in Leibeigenschaft leben und von denen jedes Jahr hunderttausende in Hungersnöten umkommen, während die Machthaber in Petersburg und Peking es sich gut gehen lassen - vorausgesetzt es gelingt Ihnen, Lenin und Mao ein Bein zu stellen, und das dürfte doch zu den vitalsten Interessen der westlichen Welt gehören, wie ich unsere Hexenjäger kenne.«
    »Sie irren sich«, platzte Hollister heraus. »Es geht um ganz etwas anderes.«
    »Ach? Es gibt also schon konkrete Pläne?«, fragte Fleissiger erstaunt. Der Admiral hatte die Lippen zusammengepresst und warf dem Ingenieur einen finsteren Blick zu, dann wandte er sich an den Professor und sagte: »Es kann auch so nicht weitergehen, sonst putzen wir über kurz oder lang den Ölscheichs die Schuhe, oder die Kommunisten übernehmen den ganzen Laden, weil wir von einer Wirtschaftskrise in die andere taumeln. Hier die Kernkraftgegner und die Naturschutzheinis, die gegen jeden Bohrturm und jede Bohrinsel an der Küste protestieren, und die dort drüben lachen sich ins Fäustchen und stellen sich goldene Klos in die Wüste. Dem werden wir einen Riegel vorschieben, ein für allemal!«
    Hollister nickte bekräftigend. Fleissiger blickte irritiert von einem zum anderen. So temperamentvoll hatte er diesen unterkühlten Francis noch nie erlebt. Hatte er an einer alten Wunde des Admirals gekratzt oder war das schiere Begeisterung an der Sache?
    »Daher weht der Wind also«, sagte er unsicher.
    »Auf was wir uns hier einlassen, meine Herren«, warf Kafu ein, »ist eine Schraube ohne Ende, und die Kosten für ein derartiges Unternehmen werden alles Vorstellbare überschreiten.«
    »Na und?«, entgegnete Francis entrüstet. »Die Nation wird das Opfer bringen, wenn ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen auf dem Spiel stehen.«
    »Und die Rendite wird beachtlich sein«, meinte Hollister, aber niemand nahm seinen Einwurf zur Kenntnis.
    »Das heißt nämlich nichts anderes«, schnaufte Kafu, »als jeden Konflikt in die Vergangenheit hinein zu verlängern und jede Entscheidung zu einer vorläufigen zu reduzieren. Jeder Sieg wäre in Gefahr, nachträglich in eine Niederlage verwandelt zu werden. Das ist eine Gleichung -

Weitere Kostenlose Bücher