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Der Letzte Tag Der Schoepfung

Der Letzte Tag Der Schoepfung

Titel: Der Letzte Tag Der Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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Mittelmeerflotte - was immer das sein mag - und habe den Auftrag, den Weg des Herrn zu bereiten - was immer das bedeuten soll. Auf jeden Fall hatten die Scheichs den Kreuzritter binnen kurzem geortet. Es war kurz nach der Schlacht um Gibraltar, und unsere afrikanischen Freunde waren um diese Zeit besonders schießwütig. Sie begannen auf uns loszufeuern, und ich machte mich schleunigst aus dem Staub, denn was hätte ich ihm nutzen können? Das Gefecht zog sich tagelang hin. Der Kobaltblaue war nicht kleinzukriegen. Er fackelte mit seiner Laserkanone die Stellungen drüben ab, bis ganz Afrika in Flammen stand. Die MIGs glühten auf wie Motten und rieselten als Asche aus dem Himmel, aber irgendwann mussten sie ihn dann doch getroffen haben, denn die Schießerei hörte auf. Sie haben ihn mit Atomschlägen eingedeckt, dass mir die Luft wegblieb in meinem Versteck. Ich habe damals eine Menge Strahlung abbekommen, mir war wochenlang übel, und ich leuchtete, dass ich im Dunklen hätte lesen können … Ja, Jerome, so war das damals mit dem Kerl von der Päpstlichen Flotte. Irgendwie hat er mir imponiert. Er ganz allein gegen diese Übermacht, unbeirrbar. Mir kam dieses Zeichen auf einmal gar nicht mehr so albern vor, wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Ja, ich verstehe«, sagte Steve. »Sind noch weitere dieser Kreuzritter aufgetaucht?«
    Aber Harald gab keine Antwort. Von einem Moment auf den anderen war er eingenickt. Sein weit geöffneter Mund atmete qualvoll.
    Später kam Jerome um ihn abzulösen. Er hatte zusammen mit Ruiz die halbe Nacht auf Horchposten gesessen, und obwohl er todmüde war, ließ er es sich nicht ausreden, bei Harald Wache zu halten. Steve ging in die Schlafbaracke und legte sich in seine Koje. Er schlief sofort ein. Kurze Zeit später - ihm war, als seien es nur ein paar Minuten gewesen - umfasste jemand seinen Fußknöchel und rüttelte.
    »Harald ist tot«, flüsterte Jerome.
    »Oh, mein Gott«, sagte Steve. Er fühlte sich außerstande aufzustehen, bis er merkte, dass Jerome weinte. »Leg dich ein bisschen hin«, sagte er zu ihm. »Ich kümmere mich um alles.«
    Er stand auf. Ihn fror plötzlich, obwohl es warm war in der Baracke. Es war noch immer dunkel draußen.
    »Verdammt noch mal, ich war nur einen Moment lang eingenickt«, sagte Jerome, »und als ich aufblickte, da war er bereits tot. In seinen letzten Minuten habe ich ihn allein gelassen.«
    »Lass gut sein, Jerome, er hat es nicht bemerkt. Er dachte den ganzen Abend, du seist bei ihm. Er hat mich immer wieder mit deinem Namen angesprochen.«
    Steve trat in die Nacht hinaus. Im Lazarett traf er Nina und Goodluck. Hatte ihn der Geruch des Todes hergelockt?
    »Er ist fortgegangen«, sagte Goodluck mit seiner kehligen Stimme.
    »In unserer Welt hättest du Pfarrer werden können«, sagte Nina sarkastisch zu ihm.
    Harness blickte zur Tür herein. »Ich habe soeben gehört …«
    »Ja«, sagte Nina. »Wir müssen ihn waschen. Er hat sich beschmutzt.«
    »Lass mich das machen«, sagte Steve leise. Er schlug das Bettleinen über dem Toten zusammen und nahm ihn auf die Arme. Er wog nicht mehr als ein Hündchen.
    »Sieh zu«, sagte Nina zum Kommandanten, »dass Alfaro einen Sarg für ihn macht. Wir bahren ihn am besten hier auf.«
    Steve ging mit seinem Bündel zum Bach hinüber. Der Tag zog herauf. Steve legte den Leichnam ins seichte Uferwasser und schlug das Leinen auf. Haralds Mund war weit geöffnet, als hätte er in einen Chor miteingestimmt, den nur noch er vernehmen konnte. Steve riss einen Streifen Stoff ab und band ihm den Kiefer hoch, bevor die Fröhlichkeit zu einem quälenden Schrei versteinerte, dann wusch er den Toten. Der Körper schien im eisigen Wasser seine Beschaffenheit zu verändern; die bläuliche Haut fühlte sich unter seinen Händen mit einem Mal an wie Metall, glatt und gerundet, starr.
    »Wir werden ihn oben in der Sonne begraben«, sagte Elmer Trucy. Steve blickte auf. Er hatte den Alten nicht herankommen hören. Da stand er, das verkrüppelte Bein um die Krücke geschlungen. »Dort oben, wo die Knirpse ihre Krieger bestatten, war er am liebsten. Es ist ein schönerer Platz als der Heldenfriedhof, den Walton unterhalb der Festung hat anlegen lassen.«
    Steve gab keine Antwort. Er hüllte den Toten ins klatschnasse Tuch und trug ihn ins Lazarett zurück.
    Wie klein Tote sind, dachte er bei sich. Es ist, als hätten sie mit dem Leben an Größe eingebüßt.
    Es hatte aufgehört zu regnen. Helles Licht brach durch die

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