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Der Letzte Tag Der Schoepfung

Der Letzte Tag Der Schoepfung

Titel: Der Letzte Tag Der Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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Zwischenräume in den Dächern. Über den Bergen im Osten stand die Sonne.
     
    Tags darauf begruben sie ihn auf der Bergkuppe über der Festung, wo schon seit undenklichen Zeiten große Häuptlinge und Krieger ruhten unter ihren Schädelbäumen. Große Eichen wuchsen dort, stattliche Zimtbäume und Akazien. Durchs unruhig raschelnde Laubgeäst fielen Sonnenkringel auf das frisch ausgehobene Erdreich und die Gesichter der Versammelten. Alle fühlten sie die Blicke der großen Toten, die hier ruhten, auf sich gerichtet, während sie Harald in fünf Fuß Tiefe zwischen ihre Gebeine betteten. Die Luft war dunstig und das Licht wie goldener Rauch.
    Der Kommandant las ein paar Worte vor, die anderen schwiegen. Blizzard stand gebeugt auf seine mächtigen Fäuste gestützt und starrte in die Ferne.
    Der schmucklose Sarg war so verschwenderisch mit Blumen überhäuft, dass das Erdreich, das ihn bedecken sollte, fast lautlos in die Grube fiel.
    Der Wind wisperte im Laubwerk, und irgendwo ganz in der Nähe sang laut eine Zikade, unablässig und mit beinahe mechanischer Präzision. Die Sonne stand fast im Mittag.

Ein verlorener Haufen
    Der »Horchposten« war eine Felskanzel westlich der Festung. Sie bot einen weiten Ausblick nach Süden und Südwesten hin und bestand aus einem Vorsprung, bewachsen mit niedrigem Gebüsch, das genug Deckung gegen Sicht von unten und den benachbarten Höhenzügen bot. Dahinter lag eine trockene Höhle, in der man bei schlechtem Wetter oder wenn ein feindliches Flugzeug sich am Himmel zeigte, Schutz suchen konnte. Hier befanden sich auch ein Funkgerät und ein Satz Batterien, die mit Solarzellen aufgeladen werden konnten, sowie eine Telefonverbindung mit der Kommandantur in der Festung.
    In den folgenden Wochen war Steve wiederholt mit Charles Murchinson eingeteilt, um den Posten zu besetzen. Am liebsten war ihm der Wachdienst am Morgen, wo sich tagelang ein grandioses Schauspiel bot. Der Komet, den sie am Abend ihrer Ankunft gesehen hatten, war inzwischen über den Taghimmel gewandert und begann sich nun nach Morgen hin von der Sonne zu entfernen. Kurz vor Tagesanbruch stieg über den östlichen Bergen ein Geysir aus Licht empor, als bliese die auftauchende Sonne wie ein Wal; dann erhob sich der funkelnde Kopf des Haarsterns, während der Schweif hineinloderte in die erlöschenden Sterne, um dann selbst zu erlöschen, während das Morgenlicht den Himmel füllte. Tag für Tag ging er nun früher auf und verlor an Leuchtkraft, der Schweif verkürzte sich und allmählich verschwand die Klinge, die sie bei ihrer Landung erschreckt hatte, im weiten, dunklen Gewand des Alls.
    Es vergingen Monate, doch keine weitere Reisegruppe tauchte am Himmel auf. Immer wieder waren im Westen Explosionen zu hören, die von Materialisationen herrührten, aber stets waren es Rohrleitungen oder Erdbewegungsmaschinen, die ausgeklinkt wurden. Charles konnte die Sendungen am Knall identifizieren, und mit der Zeit lernte es auch Steve, doch er starrte jedes Mal nervös mit dem Feldstecher in den Dunst des Landegebiets, um auch wirklich sicher zu gehen. Charles hingegen blickte nicht einmal von seiner Lektüre auf. Er las gern, und Steve lieh ihm die Bücher, die er mitgebracht hatte.
    Die Explosionen, deren Nachhall ihnen der Wind von Afrika herübertrug, waren weit zahlreicher als die am westlichen Saum der Insel in den Abwurfregionen der Navy.
    »Sie kriegen wieder Nachschub«, bemerkte Charles erzürnt. »Ich wollte, es gäbe eine Zukunft, in der die US-Navy so schlau wäre, den Halunken da drüben ein paar Atombomben direkt in den Schoß zu expedieren. Das würde uns eine Menge Ärger ersparen. Aber die Wissenschaftler unserer Navy haben sich ebenso wenig die Mühe gemacht gründlich nachzudenken, wie die von eurer NASA.«
    »Was soll das heißen: eurer NASA?«
    Murchinson lachte trocken. »In unserer Zeit hat es nie eine NASA gegeben, geschweige denn eine Raumfahrt. Die USA waren ein armes Land. Sie hätten sich nie diesen Luxus leisten können. Aber sie waren ein tapferes Land. Unsere Soldaten haben den Krieg gegen Deutschland und Japan gewonnen, als Hitler die habsburgischen Stammlande besetzte und den tönernen panamesischen Koloss verhöhnte. Welche Versprechungen wurden uns von den Gesandten des Kaisers gemacht, als er uns beschwor, der allamerikanischen Allianz beizutreten, um zusammen mit den Lenin-Republiken und Großbritannien das besetzte Frankreich und Spanien zurückzuerobern, die Achsenmächte zu

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