Der letzte Tag: Roman (German Edition)
was mit dem anderen zu tun. Wir haben hier einen ganz neuen Aspekt in der Geschichte, der noch nirgendwo beachtet wurde. Das ist unbezahlbar.«
»So kann man das natürlich sehen. Aber können wir jetzt bitte mal damit aufhören? Ich muss heute allein in meinem Zimmer schlafen, und wir haben die Lichter von Max nicht dabei.«
»Ich hab eine Lampe mitgenommen. Einen Scheinwerfer. Aber ich hab keinen Adapter übrig.«
»Meinst du, dass man sich damit schützen kann?«
Kyle zuckte mit den Schultern. »Möglich. Die ganze Wohnung von Max ist mit diesen Lampen ausgeleuchtet. Sein Badezimmer stank nach frischer Farbe. Als hätte er es kürzlich renoviert. Denk mal drüber nach. Diese Tageslichtlampen haben dafür gesorgt, dass dieses Ding an meiner Küchenwand wieder verschwindet. Und er hat darauf bestanden, dass wir die Lampen benutzen.«
»Was ist also mit mir?«
»Mit dir ist alles in Ordnung. Du hast doch bislang keine Albträume gehabt. Und wie auch immer, diese Flecken oder wie man es nennen soll … sind unnatürlich. Das klingt jetzt total lächerlich, so darüber zu reden, ich weiß. Aber Flecken an der Wand und irgendwelche dummen Träume können einen doch nicht umbringen, oder?«
»Du kannst den Adapter von der Kamera nehmen.«
»Danke, du bist ein echter Kumpel. Wir haben nur noch drei Drehtermine. Dann hast du das alles hinter dir. Du musst dir nie mehr irgendwelche Gedanken darüber machen. Also bleib ganz ruhig. Morgen früh müssen wir zeitig los, und ich möchte noch den Rohschnitt machen, bevor ich mich in die Falle haue.«
»In drei Tagen kann ziemlich viel passieren.«
Kyle ging nicht weiter darauf ein.
»Um wie viel Uhr müssen wir morgen früh los?«, fragte Dan.
»Ungefähr um acht, also müssen wir um sieben aufstehen. Wir müssen wieder zurück in die Fortuna Hills, wo wir den Sohn des Farmers treffen. Er kommt extra wegen uns dorthin. Max möchte genaue Informationen über das, was der Vater unseres Gesprächspartners damals über die Sekte herausfand. Einen Tag später geht es dann nach Phoenix, wo wir mit dem Beamten aus der Mordkommission sprechen. Und dann müssen wir uns völlig übermüdet auf den Weg nach Seattle machen, wo wir am Abend danach einen Termin mit Martha Lake haben.«
»Was ist mit dem Anwesen von Schwester Katherine? Du hast doch gesagt, Chet Regal würde dort jetzt wohnen. Das könnte doch interessant werden. Sein Privatleben ist noch abgedrehter als das von Michael Jackson.«
»Keine Zeit. Wir nehmen vorhandenes Material von dem Haus und sprechen unseren Text drüber.«
»Ganz schön hektisch, findest du nicht? Diese Termine sollten eigentlich über eine Woche gestreckt sein, zumal am Anfang und am Ende noch zehn Stunden Flug dazukommen. Das ist doch komisch. Max muss doch kein Geld sparen.«
»Er will die Aufnahmen möglichst schnell haben. Es hat ihn eine halbe Ewigkeit gekostet, diese Leute zu einem Interview zu überreden. Er hat Angst, dass sie wieder abspringen. Dass sie kalte Füße bekommen.«
Dan spielte mit einem Stück Pommes, das ihm aus dem Mund gefallen war. »Das behauptet er .«
Und nun, nachdem Dan es angesprochen hatte, kamen Kyle die Zweifel über die eigentlichen Intentionen ihres Auftraggebers wieder in den Sinn, und wenn er eingehender über den eigentlichen Grund für ihren extrem engen Zeitplan nachdachte, spürte er eine wachsende Verunsicherung, und davon wurde ihm beinahe übel.
8 Ball Motel, Yuma
20. Juni 2011, Mitternacht
Kyles Kopf sank erneut auf die Tastatur des Laptops, der auf dem kleinen Tisch unter dem Fernseher stand. Ruckartig richtete er sich wieder auf und fuhr sich mit der Hand über den Mund. Über ihm flackerten die Bilder einer Nachrichtensendung.
Emilio Aguilars kleines rundes Gesicht erschien auf dem Laptop-Bildschirm, und seine sanfte Stimme mit dem leichten mexikanischen Akzent drang aus den Ohrhörern. Kyle lehnte sich zurück und nahm einen Schluck von seinem Kaffee.
Gleich nach Tagesanbruch waren sie zurück in die Fortuna Hills gefahren, wieder in die Nähe der Mine, um den Besitzer der benachbarten Ranch zu interviewen. Kyle hatte erst die Hälfte des Gesprächs mit Aguilar geschnitten, und es dauerte nur noch sieben Stunden, bis der Wecker erneut klingelte und sie sich auf den langen Weg nach Phoenix machen mussten. Aber seit er mit der Arbeit angefangen hatte, nickte er ständig ein, und sein Bewusstsein wurde von einem komaartigen Zustand erfasst. Auf dem Flug von London nach Arizona hatte
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