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Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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leitete, aber die Tempelleute gingen ihm dann aus dem Weg. Sie fingen auch an, Gewehre mit sich herumzutragen. Flinten. Behaupteten, sie würden damit auf die Jagd gehen. Aber diese Waffen machten meinen Vater nervös. Auch seinen Kunden gefiel das nicht. Einige von den Hippies kannte er ja von Anfang an. Er hatte gedacht, es seien seine Freunde, und nun wollten sie nichts mehr mit ihm zu tun haben. Als hätten sie Angst vor ihm. Aber manche von ihnen hatte er zuvor noch nie gesehen. Er wusste auch nie, wie viele Menschen in der alten Mine überhaupt lebten. Es war ein ständiges Kommen und Gehen.
    Und dann, eines Tages, kam ein Mädchen zu uns und bat um Hilfe. Sie behauptete, die anderen würden sie in der Mine gefangen halten. Sie hatte ihr Baby dort gelassen und wollte in die Stadt zur Polizei, damit die ihr Kind für sie zurückholen. Sie sagte, man hätte sie auserwählt, dem Tempel ein Kind zu schenken. Aber den Vater des Kindes könnte sie nicht leiden. Und man würde ihr das eigene Kind vorenthalten. Die Frauen dort, so sagte sie, dürften sich nicht aussuchen, mit wem sie ein Kind haben wollten. Man würde sie dazu zwingen. Das heißt, sie wurden vergewaltigt. Das Mädchen erzählte meinem Vater regelrechte Horrorgeschichten von dem, was in der Mine vor sich ging. Viele, die dort lebten,
hätten Todesängste. Ein Zaun würde gebaut, um zu verhindern, dass jemand entwischte. Nur einigen wenigen wäre es noch erlaubt, in die Stadt zu gehen und mit dem Schulbus oder dem VW Sachen zu holen. Niemand sonst dürfe die Mine verlassen. Die meisten seien Gefangene. Die Kinder würden krank, aber niemand dürfe einen Arzt holen.
    Auf dem Minengelände gab es einen Brunnen, aber keine Elektrizität. Kein Telefon. Es war nur eine Ansammlung von Hütten mitten im Dreck, aber sie nannten es ihr Paradies. Das Mädchen, das fortgelaufen war, sagte, die Sekte wäre unterwandert worden. Dass es Spione gäbe, dass alle ständig unter Beobachtung stünden. Die Brüder und Schwestern, die nicht einverstanden waren mit der Entwicklung, seien verschwunden. Den anderen sagte man, sie seien weggelaufen und hätten der Regierung irgendwelche Lügen erzählt, und nun würde die Polizei und das FBI und die CIA auf Schwester Katherine gehetzt. Sie seien Unruhestifter, die das Paradies zerstören wollten. Die wären alle total paranoid, sagte sie. Das Mädchen wusste nicht, was mit ihren Freunden passiert war, aber sie fürchtete, sie könnten getötet und in der Wüste begraben worden sein. Sie hatte so etwas gehört. Als die angeblichen Unruhestifter verschwunden waren, entschloss sie sich wegzulaufen: Und sie kam auf unsere Ranch, weil dies der Ort war, der der Kupfermine am nächsten lag. Jemand dort hatte ihr erzählt, dass mein Vater ein guter Mensch sei.
    Aber ein paar von den Tempelleuten tauchten wenige Stunden, nachdem das Mädchen gekommen war, bei uns auf. Sie waren zu viert und trugen diese roten Kutten. Sie kamen mit dem VW-Bus. Sie fragten meinen Vater, ob er das Mädchen gesehen hätte. Schwester irgendwas. Priscilla, glaube ich. Sie versteckte sich im Haus bei meiner Mutter. Mein Vater sah, dass sie Gewehre im Wagen hatten, und er war ziemlich nervös. Er sagte ihnen, er hätte das Mädchen nicht gesehen, und die Hunde machten seinen Pferden Angst, und deshalb sollten sie gehen. Sie waren sehr
höflich, aber mein Vater wusste, dass sie ihm nicht glaubten. Zwei der Männer gingen ums Haus herum, suchten in den Ställen, als würde die Ranch ihnen gehören. Die anderen beiden redeten weiter auf meinen Vater ein, aber er wusste ganz genau, dass die anderen hinter seinem Rücken alles absuchten.
    Und dann kam das Mädchen. Dieses dumme Mädchen trat aus dem Haus, tränenüberströmt, und stieg in den VW. Danach haben sie nie mehr mit meinem Vater gesprochen. Er sagte, das sei ungefähr ein halbes Jahr vor den Morden gewesen.
    Später kamen auch noch andere her. Flüchtlinge aus der Mine. Zwei Mädchen mit Babys kamen mitten in der Nacht hier an, und mein Vater hat sie sofort in die Stadt gefahren. Er wollte sie zur Polizei bringen, aber sie sagten, sie würden bestimmt Schwierigkeiten kriegen. Die Sekte sei auf irgendeiner Liste der Regierung. Und wenn sie zur Polizei gingen, würden sie garantiert im Gefängnis landen.«
    »Das waren Martha Lake und Bridgette Clover.«
    »Das stimmt. Aber er hat ihre echten Namen erst später in den Zeitungen gelesen. Sie hießen damals Schwester soundso und irgendwas.«
    »Schwester Hestia

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