Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
Vom Netzwerk:
sie wie in einem andauernden Exil dahinvegetierten. Tote Vögel, heulende Hunde und klapperdürre Gestalten.
    Max’ Stimme drang zu ihm wie durch einen Traum. »Sie hat die alten Freunde gerufen, damit sie unsere Spur aufnehmen. Sie wollen leben, sie wollen die Lebenden okkupieren, und genau das will Katherine auch, denn ihre Zukunft und ihr Wohlergehen sind von der Gegenwart der ›alten Freunde‹ abhängig. Aber wenn sie scheitern, wo sie doch schon so dicht vor dem Ziel sind, dann werden sie von Hass, Wut und Boshaftigkeit erfasst und gehen los, um ihren Durst zu stillen. Oder sie packen uns und nehmen uns mit, wie Beutestücke.«
    »Sie dachten, Sie könnten sie abschrecken? Mit einem Film? Das hat ja offenbar nicht geklappt, oder?«
    Max packte Kyles Schulter. »Nein, hat es nicht. Ich habe ihr einige Aufnahmen geschickt. Das hat ihre Rachegelüste nur noch verstärkt. Und auch ihr Bemühen, ihre Aktivitäten noch besser zu tarnen. Sie strebt nun noch mehr danach, ihre Sache zu Ende zu bringen. Ich fürchte, ich habe genau das Gegenteil von dem erreicht, was ich beabsichtigte.«
    »Und Sie sind immer noch dabei die Geschichte umzuschreiben, stimmt’s. Gabriel hatte recht. Er und Isis wurden als Köder benutzt, damit ich filmen konnte, was hinter Ihnen her war. Es wäre viel zu gefährlich für Sie gewesen, den Film selbst zu drehen, aber Sie wollten Beweise haben. Also haben Sie Dan und mich losgeschickt, und vorher den armen Malcolm Gonal, während Sie sich in Ihrem hell erleuchteten Refugium versteckten. Aber wir wurden auch verseucht. Das ist Ihre Schuld, Sie verdammter Mistkerl! Und falls das, was Sie mir erzählt haben, tatsächlich stimmt, dann sind wir am Arsch. Dann werden wir ausbluten, genau wie Gabriel letzte Nacht. Oder sie schnappen uns und schleppen uns in das Königreich der Narren. Oder wir enden als Debile, in die ein Hundebewusstsein eingedrungen ist. Jetzt bin ich wirklich gespannt, Max, was Sie mir für einen Vorschlag machen wollen.«
    Max spähte an Kyle vorbei ins Treppenhaus und senkte die Stimme. Er versuchte nicht einmal, Kyles Anschuldigungen zu leugnen, er habe andere als Köder benutzt oder nur an sein eigenes Überleben gedacht. »Vielleicht sind wir noch nicht ganz ›am Arsch‹. Die öffentliche Zurschaustellung war nur eine von zwei Verteidigungsstrategien, die ich mir gegen sie und ihre alten Freunde zurechtgelegt hatte. Wenn sie ihre Bestien nicht zurückpfeift, dann wäre die zweite Möglichkeit …«
    »Was? Was wäre die zweite?«
    »Sie zu töten.«
     
    Kyle riss die Augen auf. Er starrte Max gebannt an und murmelte nach längerem Schweigen: »Chet Regal töten?«
    Max nickte bedächtig.
    »Ich bin wirklich erstaunt, Max. Darüber, dass Sie ihn nicht schon längst umgenietet haben. Hätte das Ihr selektives Gewissen überhaupt belastet?«
    »Sch-sch. Nicht so laut. Sprechen Sie leiser.«
    »Nein!«
    »Hören Sie, das ist nicht so einfach. Ich … nun ja, ich habe schon mal darüber nachgedacht.« Max räusperte sich.
    »Sie haben es schon einmal versucht, stimmt’s?«
    »Finden Sie das etwa verwerflich?«
    »Mein Gott.« Kyle schlug die Hände vors Gesicht. »Wie konnte das nur passieren? Wie konnte ich mich bloß auf diese Sache einlassen?«
    »Chet hatte einen privaten Sicherheitsdienst. Bewaffnet. Wurde rund um die Uhr betreut. Von Angestellten, die ihm absolut ergeben sind. Außerdem sind da noch Schwester Gehenna und Schwester Bellona. Sie sind schon alt, sollten aber nicht unterschätzt werden.«
    »Wie kann man ihn also kriegen?«
    »Chet ist bankrott. Die Scheidung und verschiedene Gerichtsverhandlungen haben ihn ruiniert. Sein Koch, sein Trainer und sein Leibarzt waren die Ersten, die das Weite gesucht haben, als er sie nicht mehr bezahlen konnte. Das war im Frühjahr. Und in diesem Monat, so wurde mir aus zuverlässiger Quelle berichtet, ist auch sein letzter Wachmann nicht mehr zur Arbeit erschienen. Sein Leibwächter hat schon eine Woche vorher gekündigt. Jetzt wäre also der richtige Zeitpunkt, um zuzuschlagen. Chet hat nicht mehr lange zu leben. Kaum mehr als ein Jahr. Er wurde in diesem Jahr schon zweimal wegen einer Lungenentzündung ins Krankenhaus eingeliefert. Die kleinste Infektion kann tödlich für ihn verlaufen. Falls er überhaupt noch die Kraft dazu hat, muss er jetzt reinkarnieren. Ich bin ziemlich sicher, dass er den neuen Transfer seit zwei Jahren vorbereitet. Daran hat er gearbeitete, als er krank wurde. Deshalb sah er sich gezwungen,

Weitere Kostenlose Bücher