Der letzte Tag: Roman (German Edition)
Sie mich am Arsch lecken, Max. Damit das mal klar ist. Ich scheiß drauf.«
Max antwortete nicht.
»Und Salz also auch? Das hilft also auch. Diese Information hätte mir vielleicht genutzt, wenn ich sie gehabt hätte. Wirklich super.«
Aber Max ließ sich von diesen Ausfällen nicht provozieren. Kyle konnte sich überhaupt nicht vorstellen, dass Jed mal in irgendeiner militärischen Einheit oder bei der Polizei gearbeitet hatte. Der Mann hatte überhaupt keine gesunde Ausstrahlung und besaß nicht die Würde eines Mannes, der ein Leben lang in einer Uniform gedient hatte. Er ähnelte eher einem dieser Verrückten, die ihr Gehabe aus irgendwelchen Actionfilmen und Internet-Dokus abgeguckt haben. Einem von denen, die zu Hause bei Mutti wohnen, den ganzen Tag im Keller hocken und Bomben basteln, um irgendwelche UN-Gebäude in die Luft zu jagen, weil die Vereinten Nationen von Außerirdischen unterwandert sind. Als Jed in die verunreinigte Badewanne im Hotelzimmer gepinkelt hatte, hatte Kyle versucht, Max über seine beruflichen Hintergründe auszufragen. Max sagte nichts weiter dazu, als dass Jed ihm »wärmstens empfohlen« worden sei, »gute Ergebnisse« erziele und »viel Geld« koste. Kyle vermutete daraufhin, dass Jeds
Vergangenheit auch für Max ein Buch mit sieben Siegeln war. Wieder musste er an Malcolm Gonal denken, der zuerst mit dem Filmprojekt betraut worden war. Max schien ein Faible für abgehalfterte Verlierertypen und zweifelhafte Existenzen zu haben – vielleicht, weil man die besser beeinflussen konnte. Auf ihn traf das ja genauso zu. »Und wie kann ich sichergehen …« Er schaffte kaum, es auszusprechen. Er musste schlucken, weil seine Stimme versagte. »… dass Jed mich nicht umbringt?«
Max warf ihm einen erstaunten Blick zu. Dann schüttelte er seinen noch immer mit vielen Pflastern beklebten Kopf und schien überhaupt nicht zu verstehen, wie Kyle auf so eine Idee kam. Kyle fühlte sich wie der letzte Idiot, weil er seine Ängste offenbart hatte. Max starrte das Tor an, als hoffte er, es auf diese Weise zum Aufschwingen bewegen zu können.
»Ich bin Filmemacher, Max. Sie sind Esoterik-Verleger. Wir sind kein gottverdammtes Killerkommando. Und Sie wissen noch nicht mal, was das für ein Typ ist. Wahrscheinlich ist Jed gar nicht sein richtiger Name, stimmt’s? Und Sie tragen eine Waffe bei sich, Max. Eine Schusswaffe! Haben Sie darüber mal genauer nachgedacht? Sie wollen einen Sterbenden umbringen. Heute Morgen noch!«
Max wandte Kyle sein ramponiertes und bandagiertes Gesicht zu. Sein Lächeln war kein bisschen freundlich. »Haben Sie immer noch nichts verstanden? Das ist kein Mensch, Kyle. Und er ist auch nie ein Mensch gewesen. Er hat kein Recht, in dieser Welt zu existieren, genauso wenig wie diese Kreatur, die wir vergangene Nacht gefangen haben. Aber wenn die Exekution dieser abartigen Existenzform Ihnen Probleme bereitet, dann denken Sie einfach an den kleinen Jungen, dessen Leben wir retten werden. Von Ihrem eigenen ganz zu schweigen.«
»Und was ist, wenn es für den Jungen schon zu spät ist? Was ist, wenn Katherine die Verwandlung schon vollzogen hat, hm? Werden Sie dann das Kind erschießen?«
Max antwortete nicht darauf. Nein, aber Jed wird es bestimmt tun , genau das drückte sein Schweigen aus.
»Max!«
Max seufzte. »Sie sollen nichts weiter tun, als mit Ihrer verdammten Kamera das aufzunehmen, was ich Ihnen sage. Wenn Sie nicht eingeschlafen wären und sich im Badezimmer verschanzt hätten, dann wüssten Sie jetzt schon einiges über unsere Strategie.«
»Strategie? Gibt es tatsächlich so was? Das Ganze kommt mir wie ein Überfall vor. Wahrscheinlich gucken sich die Leute das dann im Digitalfernsehen an, Titel: ›Amerikas dämlichste Verbrecher‹, die Wiederholungen laufen bis in alle Ewigkeit. Es muss doch auch anders gehen.«
»Keine Chance. Wir haben seit Wochen alles auf diesen Tag geplant. Wir haben alles durchdacht. Und jetzt seien Sie bitte still. Ich muss nachdenken.«
Seit Wochen geplant? Das half auch nicht, seine Befürchtungen zu zerstreuen. Kyle schaute erneut auf seine Uhr. Sie standen jetzt seit zwölf Minuten vor dem Tor. Vor zwanzig Minuten hatten sie den Lieferwagen außer Sichtweite der Kameras abgestellt. Jed war von dort aus allein losgegangen.
»Ausgerechnet wir drei, Max. Hätten Sie nicht ein paar Kriminelle engagieren können, die die Drecksarbeit erledigen?«
»Sie reden zu viel, Kyle. Ich wollte nicht noch mehr unschuldige Menschen
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