Der letzte Tag: Roman (German Edition)
zusah, wie Jed die Pistolen bereit machte.
Chets Haus wurde im Erdgeschoss von lichtdichten Vorhängen und Rollläden abgeschirmt, im oberen Stockwerk mit Fensterläden aus Metall. Jed war darauf vorbereitet und befestigte kleine Lampen auf den dafür vorgesehenen Schienen auf dem Lauf der Pistolen. Dann erklärte er Max, dass man den Infrarotzielstrahl nur mithilfe der speziellen Nachtsichtbrille erkennen konnte. Was großartig war, denn er hatte sogar zwei Stück davon, eine für sich und eine für Max. An diesem Punkt fand Kyle, es sei an der Zeit, sich auch mal zu Wort zu melden: »Und was ist mit mir? Ich würde auch gern sehen, was da für ein Scheißding aus der Decke herunterkommt.«
»Du hast doch dein Nachtsichtgerät an der Kamera, Spielberg. Und damit solltest du unbedingt auf dem Quivive sein. Diese Dämonen sind nämlich ziemlich schnell.«
Dämonen . Er hatte aus den Gesprächen zwischen Jed und seinem Auftraggeber mitbekommen (er war ja überhaupt nicht einbezogen worden), dass Max bei der Beschreibung ihrer »Mission« Jed gegenüber jüdisch-christliche Begriffe benutzte. Jed war ein Mann, der offenbar einer Art Vergeltungstheologie anhing, die sich vage auf die Bibel bezog und in der »der allmächtige Jesus Christus meine Hand führt«.
Als das Eisentor mit einem dumpfen Schlag aufsprang, wischte Kyle sich den Schweiß, der unter seiner Baseballkappe hervorrann, aus dem Gesicht. Wenige Sekunden später hörte man das Summen eines Elektromotors, und das üppig verzierte Gitter teilte sich in der Mitte. Kyle verspürte den Drang, aufs nächste Klo zu rennen, um alles auszuscheiden, was in seinem Körper nicht mit Muskeln oder Knochen verbunden war.
Max berührte seinen Arm. Er war kreidebleich im Gesicht, völlig verkrampft, und er blinzelte nervös. »Kommen Sie«, flüsterte er.
Jed erwartete sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht neben dem Pförtnerhäuschen. Er lehnte an der Mauer, und hinter ihm erstreckte sich das Gebäude, das schon auf den ersten Blick irrwitzig wirkte. Das Pförtnerhäuschen war wesentlich später gebaut worden, als Unterkunft für die Wachleute. Es war ein kleiner Bungalow mit getönten Fenstern, in dem jede Menge Monitore zu sehen waren, die wahrscheinlich verschiedene Ansichten und Winkel des Hauses zeigten, wenn sie eingeschaltet waren.
Kyle starrte erstaunt das Haus an. Es war einfach zu prachtvoll, um darin einzubrechen, und alle Fotos, die er gesehen hatte, vermittelten nicht den richtigen Eindruck. Jed lächelte ihn an. »Weißt du was, Spielberg? Ich hab mich ein bisschen mit der Geschichte von diesem Haus beschäftigt. Es wurde von einem Typen namens Rouben Fischer gebaut. Schon mal von ihm gehört ?«
Kyle war viel zu nervös, um etwas zu sagen. Er schüttelte den Kopf.
»Hat ein Vermögen mit B-Movies gemacht. Und mit Farbfilmen in den Dreißigern. Deshalb ist das Haus einem Kinopalast nachempfunden. Ziemlich cool, oder? Weißt du, wer hier Partys gefeiert hat? Jean Harlow. Greta Garbo, die schwedische Sphinx, und John Wayne. Der Obermacker. Kannst du dir das vorstellen? Clark Gable, Johnny Weissmüller, Gary Cooper. Diese ganzen Typen kamen aus Hollywood her, um Party zu machen.«
»Jed«, mahnte Max. »Das Haus. Können wir?«
»Ja, klar. Wir gehen durch die Verandatüren auf der Rückseite. Direkt in den alten Speisesaal. So wie es aussieht, sind innen alle Lichter aus. Alle Fenster sind abgedunkelt. Ich hab’s gerade überprüft .« Er grinste sie konspirativ an. »Drinnen kriegen wir dann bestimmt Gesellschaft.«
Kyle schob sich ein weiteres Stück Kaugummi in den Mund, weil Jed ihm das Rauchen untersagt hatte mit der Begründung:
»Auf Kippen bleiben DNA-Spuren hängen.« Der Kaugummi half ihm immerhin, seine Angst und Frustration niederzukämpfen. Andernfalls hätte er wahrscheinlich laut geschrien. »Du hast was von Bewegungsmeldern gesagt. Einer Alarmanlage.«
»Komm schon, Spielberg. Mach dir nicht in die Hose. Glaubst du, ich bin ein Amateur?«
»Erzähl.«
Max warf Kyle einen warnenden Blick zu. Jed grinste breit. »Sie haben dem guten alten Chet den Strom abgedreht. Die Kameras und Sensoren sind alle ausgeschaltet. Er konnte die Rechnungen nicht mehr bezahlen. Aber wenn die Show losgeht, Spielberg, werden wir ja sehen, wer genug Mumm hat. Falls du es schaffst, dich zu konzentrieren, anstatt dir in die Hosen zu scheißen, dann bedenke Folgendes: Sogar wenn der Alarm losgehen sollte, würde das Signal bei den Wachleuten ankommen,
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