Der letzte Tag: Roman (German Edition)
gegründeten Tempels der Letzten Tage, der entstand, nachdem Schwester Katherine ihre Anhänger aufforderte: ›Nehmt das Kreuz auf und folgt mir.‹ Worte, die in der Sonora-Wüste schließlich ihre schreckliche Erfüllung fanden.«
Er würde später wegen der Tonausrüstung zurückkommen müssen, doch nun nahm er erst einmal die Kamera vom Stativ, setzte sie sich auf die Schulter und prüfte jede einzelne Treppenstufe, bevor er sie hinaufstieg. Die alten Stufen knarrten laut und knackten sogar, aber er hatte das Gefühl, dass sie stabil genug waren, um sein Gewicht zu tragen, wenn er vorsichtig war und sie nur an den Seiten belastete. Er filmte weiter, während er nach oben stieg. Es würde bestimmt grässlich verwackeln, da das Schulterstativ bei Dan und der zweiten Kamera geblieben war, aber immerhin würde er auf diese Weise schon etwas einfangen, bevor er dann wieder nach unten ging, um das Stativ und die Tonausrüstung zu holen und bessere Aufnahmen zu machen.
Wie das Erdgeschoss bestand auch das obere Stockwerk aus einem einzigen großen Raum mit einer Decke, unter der dicke Holzbalken verliefen. Durch das einzige schmutzige Fenster fiel nur schwaches Licht, aber es war genug, damit er erkennen konnte, wo das Wasser eingedrungen und die Wände hinuntergelaufen war. Farbe und Putz waren ziemlich in Mitleidenschaft gezogen. Aber sogar im dämmrigen Zwielicht war Kyle von dem, was er sah, derart verblüfft, dass er ungläubig staunend dastand. Wieso hatten die Leute aus der Umgebung sich dieses gigantische Bett und die Badezimmereinrichtung nicht geholt? Lange violette Vorhänge, mit Feuchtigkeit vollgesogen und teilweise verrottet, hingen vom Baldachin herunter und vermittelten nur noch eine leise Ahnung von den großartigen Ausmaßen des Himmelbetts.
Er musste unbedingt Dan finden. Wo zum Teufel war der überhaupt? Kyle wollte die Fermette im natürlichen Licht gefilmt haben, und dann noch mal mit Scheinwerfern. Er hatte nicht halb so viel Ahnung von der Kameraarbeit wie Dan, und das hier wollte er wirklich nicht verderben. Kyle ging wieder nach unten, um die Tonausrüstung und das Stativ zu holen. Rasch überprüfte er die Einstellungen und baute dann alles so gut es ging auf, wobei er die Tonangel zwischen zwei morschen Brettern im Fußboden festklemmte.
»Dieses Bett, das noch immer in der Mitte ihres Boudoirs steht, zeugt von der Größe und Erhabenheit, die Katherine sich selbst offenbar schon zuschrieb, bevor sie in einen gottähnlichen Zustand abhob.«
Kyle machte eine Aufnahme vom Kamin und den rußgeschwärzten Kacheln. »Sie muss es recht gemütlich hier gehabt haben. Der Kamin brannte in den kalten Winternächten am Fuß ihres Bettes, während die Kinder bei den Hunden in der zugigen Scheune vor Kälte zitterten, in diesem Stall, der eigentlich zur Viehhaltung gedacht war.«
Als er um das Fußende des Betts herumging, um die andere Hälfte des Zimmers zu filmen, trat er auf die vergammelten Überreste eines einstmals luxuriösen Teppichs. Unterhalb des kleinen Fensters, das tief ins Mauerwerk eingelassen war, fiel ihm etwas ins Auge. Es war die Antwort auf seine Frage, warum die Leute aus der Gegend das Bett nicht herausgeholt hatten. Weil niemand, der noch halbwegs bei Verstand war, mit dem verkohlten Zeug etwas zu tun haben wollte, das da am Kopfende zu sehen war.
Als er es entdeckte, wich er zurück zum Bett. Er stieß mit den Kniekehlen gegen die dicke Matratze, die noch immer von dem uralten elenden Bettzeug bedeckt war, wurde gezwungen, sich mitten auf diese modrige Überdecke zu setzen, und etwas quoll unter seinem Hintern hervor.
Er sprang wieder auf. Klopfte den vermeintlichen Schmutz von seinen Jeans. Drehte sich um und schaute sich das Kopfende des Bettes genauer an. Da lagen die Reste eines langen dunklen Kissens mit den Überbleibseln von blässlichen Quasten an den Enden. Und wenn er sich nicht täuschte, dann konnte man in der Mitte dieses weichen Stoffs noch den Abdruck eines Kopfes erkennen, der dort mal gelegen hatte. Und als sich das Bettzeug um den Abdruck, den sein Hintern hinterlassen hatte, bewegte, stockte ihm der Atem, und er biss schmerzhaft die Zähne zusammen, um den Schrei in seiner Kehle zu unterdrücken.
Er griff nach der schmutzigen Überdecke, die irgendwann vielleicht mal Satin oder Samt gewesen und jetzt größtenteils zerschlissen war, und riss sie hoch, um nachzuschauen, was sich darunter wand.
In dem True-Crime-Klassiker von Irvine Levine war nichts
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