Der letzte Vampir
dem Chassis eines Humvee errichtet und so stark gepanzert, als sollte er durch Tikrit statt durch Scranton fahren. Türen, Motorhaube und Dach waren mit schweren Stahlplatten versehen; das galt auch für die Fenster, die nur schmale Sichtschlitze aufwiesen. Selbst die Reifen des Trucks waren mit schweren Ketten verstärkt. Oben auf dem Dach war etwas montiert, das wie eine selbstgebastelte Luftkanone aussah.
»Bei höherem Tempo ist er ganz schön laut, das gebe ich zu«, erwiderte Captain Suzie. »Haben Sie Angst, wir könnten die Vampire aufwecken?«
Arkeleys Oberlippe zuckte widerwillig. »Nein. Vampire schlafen nicht am Tag. Sie sterben buchstäblich jeden Morgen. Es sind die Halbtoten, die mir Sorgen bereiten.«
Captain Suzie zuckte bloß mit den Schultern. »Der Commissioner selbst hat mir Befehl gegeben. Sie können mit ihm sprechen, wenn Sie den Plan ändern möchten, aber er kommt nicht vor neun ins Büro. Ich würde jetzt gern losfahren.«
Arkeley kniff die Augen zusammen, aber dann nickte er und stolzierte zu seinem Wagen, einem neutralen Dienstwagen, der im Vergleich winzig aussah.
Einer nach dem anderen stiegen die ART-Mitglieder in den Panzerwagen. Das Innere war mit so viel Ausrüstung vollgestellt und die Teammitglieder waren in ihrer Montur so massig, dass kaum genug Platz für alle vier war. Reynolds fuhr, und DeForrest saß neben ihm – die Schrotflinte in den Händen. Captain Suzie saß neben Caxton auf dem Rücksitz.
Ein Mann kam aus dem Hauptgebäude, mit aufgeknöpftem Uniformhemd und unrasiert. Caxton erkannte ihn; es war der Range Officer vom Testgelände für weniger tödliche Waffen, der ihr die Dum-Dum-Geschosse gegeben hatte. Er öffnete die Motorhaube des Panzerwagens und fummelte eine Minute am Motor herum.
»Das ist sein Baby, und er lässt es nie ohne persönliche Inspektion vom Hof«, sagte DeForrest zu Caxton und drehte sich auf seinem Sitz herum, um sie ansehen zu können; der Helm stieß dabei gegen die Kopfstütze und rutschte ihm übers Auge. »Er hat den Granola Roller fast ganz allein gebaut.«
»Ich nehme mal an, ich sitze in besagtem Granola Roller«, sagte Caxton.
Reynolds schnaubte. »Yeah. Der war nie für die Vampirjagd gedacht. Der Alte hat ihn zur Aufruhrbekämpfung entworfen, Sie wissen schon, für Demonstrationen, Protestmärsche und dergleichen. Wir nennen ihn manchmal auch ›Fleischwolf‹.«
Caxton versuchte das zu verstehen, aber ihr müder Verstand schaffte es nicht. »Warum das?«, fragte sie schließlich.
»Weil«, erwiderte DeForrest und konnte nur mühsam ein Losprusten unterdrücken, »wenn man damit einen Hippie überfährt, nur noch etwas übrig bleibt, das aussieht wie durch den Fleischwolf gedreht.«
»Seid nicht so vulgär«, sagte Captain Suzie, als DeForrest und Reynolds loswieherten. Sie wandte sich Caxton zu. »Ich bin davon überzeugt, dass ich das heute hundert Mal machen muss, aber ich entschuldige mich hiermit offiziell das erste Mal für meine Männer. Reynolds, haben Sie vergessen, wie man einen Wagen mit Schaltgetriebe fährt, oder warten wir darauf, dass die Vampire an Altersschwäche sterben? Fahrt los!«
»Ja, Ma’am«, sagte Reynolds und startete den Motor des Panzerwagens. Es donnerte, als würde eine Felslawine vom Berg stürzen. Der Range Officer winkte ihnen zu und fing an, sich das Hemd zuzuknöpfen.
Sie folgten Arkeleys Wagen auf den Highway und machten es sich für die lange Fahrt nach Kennett Square gemütlich, das beinahe an der Grenze zu Delaware lag. Der ächzende und lärmende Motor des Panzerwagens machte jede Unterhaltung im Führerhaus unmöglich, aber Caxton störte das nicht besonders. Sie konnte kaum einen zusammenhängenden Satz im Kopf bilden, geschweige denn ihn aussprechen.
Sie musste sich an die Tür lehnen, um aus dem Sichtschlitz sehen zu können, was bedeutete, ihre Knochen ständiger Vibration auszusetzen, da sich jede kleine Unebenheit auf der Straße in den schweren Truck fortpflanzte. Aber irgendwie überstand sie es. Sie sah Vorstadtrasen vorbeisausen, silbern vor Reif und dunkel von gefallenen Blättern. Als sie durch die ländlicheren Gegenden rollten, ließ sie den Blick über die geometrische Regelmäßigkeit der Äcker schweifen oder folgte dem Zittern der dunklen Äste, deren Bäume über die Straße ragten.
Wenn sie die Augen schloss, sah sie jedes Mal einen Totenkopf vor sich und fühlte sich windende Fingerknochen in den Händen. Sie sah die blutverschmierte Deanna. Sie
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