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Der letzte Vampir

Der letzte Vampir

Titel: Der letzte Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
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Schultern herab und zersplitterten auf dem Boden. Der Schmerz elektrisierte sie, und sie krümmte sich zusammen, fast ohnmächtig, während sie zugleich endgültig wach wurde.
    Er würde sie umbringen. Davon war sie überzeugt. Er würde ihr den Kopf abreißen und aus dem Halsstumpf trinken. Vielleicht würde er ihr auch nur einfach das Gesicht zu Brei schlagen. Es gab so viele Möglichkeiten, wie er sie vernichten konnte. Tränen quollen aus ihren Augen, und sie konnte nichts tun, außer Angst zu haben. Sie konnte nicht einmal Deannas Namen rufen. Sie hatte keine Zeit, sich darüber zu sorgen, was Arkeley über den Schlamassel denken würde, den sie angerichtet hatte. Sie hatte nur noch Angst, für alles andere reichte ihre Energie nicht.
    Er kam auf seinen muskulösen Beinen auf sie zu, die Augen hasserfüllt. Dann blieb er plötzlich stehen, mitten im Keller, und starrte sie an. Sie hatte keine Ahnung, was er da machte, aber sie konnte spüren, dass er Schmerzen litt. Sein ganzer Körper schüttelte sich kurz, ein einzelnes, schreckliches Würgen, dann öffnete sich sein Mund, und ein dicker Strahl geronnenes Blut kam heraus.
    Reyes sackte auf die Knie, in dem Raum mit der Kuppeldecke dröhnte der Aufprall auf dem Steinboden wie ein Donnerschlag. Er hustete und würgte und spuckte Blut auf die Steinfliesen. Er griff sich an die Brust und riss mit seinen gemeingefährlichen Fingernägeln an der Haut, hinterließ lange rosafarbene Streifen auf seinen Brustmuskeln. Er schüttelte sich, dann brach er endgültig auf dem Boden zusammen und lag in seinem eigenen Erbrochenen.
    Caxton konnte bloß nach Luft schnappen, während sie zusah, wie er sich vor Qualen wand. Das Fragment von ihm in ihrem Kopf heulte auf, und sie schlug die Hände vor die Ohren, aber der Laut war in ihr drin. Man konnte ihn nicht aussperren.
    Schließlich erholte er sich von seinem Anfall. Sie hatte sich keinen Zentimeter bewegt. Er kam auf die Füße, packte sie an der Taille, warf sie sich über die Schulter und stieg die Treppe hinauf.

37.
    Reyes würde sie nicht töten – jedenfalls nicht sofort. Er hatte noch immer zu viel unverdautes Blut von dem Massaker in Bitumen Hollow in sich. Immer, wenn er nur daran dachte, ihr Blut zu trinken, stieg Übelkeit in ihm auf.
    Sie konnte das spüren. Er hatte ihr Gehirn vergewaltigt und etwas von sich zurückgelassen, als er sich zurückzog, ein Relikt, ein Bild von sich. Jetzt konnte sie seine Gedanken erfühlen. Dieser Kanal transportierte keine Worte, auch keine Bilder. Aber sie konnte das Schlagen seines unnatürlichen Herzens spüren, das schwer arbeitete, um das ganze träge Blut durch seinen Körper zu pumpen, und sie bemerkte seine Übelkeit. Sie bekam kleine Dinge von ihm mit, Ahnungen und Gedankenfragmente. Durch diese Verbindung erfuhr sie von seinen Stimmungen und einigen seiner Motive.
    Er würde sie nicht töten, denn das wäre Blutverschwendung. Bei Malverns Fütterung hatte Hazlitt behauptet, das Blut müsse frisch und warm sein. Wenn Reyes sie jetzt tötete, wäre ihr Blut vergeudet. Er konnte es weder selbst trinken noch irgendwo verwahren.
    Aber da war noch mehr. Er würde sie nicht töten, weil er etwas von ihr wollte. Das machte ihr Angst, aber langsam gewöhnte sie sich daran, Angst zu haben. Das Gefühl wurde ihr allmählich so vertraut, dass sie sich merkwürdig fühlte, wenn es ausblieb. Wenn sie sich einmal nicht fürchtete, hatte sie beinah den Eindruck, es fehlte etwas.
    Reyes trug sie die Treppe hinauf. Der Weg nach unten, in dem Sarg, war ihr endlos erschienen. Die Treppe endete in einer riesigen Halle mit dicken Mauern. Der Zementboden wies überall Sprünge auf; Unkraut wucherte aus den Spalten. Die Größe und die Leere ließ Caxton an eine stillgelegte Fabrik denken, aber dann gewöhnten sich ihre Augen an das Mondlicht, das schräg durch die langen Fenster einfiel, und sie konnte Einzelheiten erkennen. Von der Decke hingen viele Ketten. Gussformen standen überall verstreut am Boden herum, wie das Spielzeug eines Riesen, der aus dem Spielalter herausgewachsen war. Die hohen Fenster waren teilweise zerbrochen, Milchglasscheiben durch Sperrholzplatten ersetzt, in einigen waren riesige Ventilatoren angebracht worden. In weiter Ferne, am anderen Ende des Zementbodens, erhob sich ein gewaltiger, mit Koks zu befeuernder Hochofen, der schon vor Jahrzehnten stillgelegt worden sein musste. Davor hing eine zehn Meter breite Roheisenpfanne, die einst Hunderte Tonnen geschmolzenen

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