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Der letzte Vampir

Der letzte Vampir

Titel: Der letzte Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
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sie es nicht tat, und dann würde sie wieder ganz allein sein.
    Der Funke schwoll an, als sie ihren Willen hineinströmen ließ. Er wuchs und glomm, und sie roch Rauch und war froh. Er wurde zu Glut und dann zu einem Teich brennender Helligkeit, und plötzlich gab er genug Licht ab, damit sie sehen konnte, wo sie war.
    Sie stand in dem Stahlwerk, genau dort, wo sie gewesen war, als sie einschlief. Der Funke, den sie zu nähren geglaubt hatte, befand sich dreißig Meter entfernt auf dem Grund der zur Hälfte zerborstenen Roheisenpfanne. Aber es war mehr als nur ein kleiner Funke. Er hatte nur so ausgesehen, weil er so weit weg war. Es war ein See aus geschmolzenem, weiß glühendem Metall, der größer wurde. Er schwoll stetig an und quoll bald über den dicken Rand der Roheisenpfanne.
    Das flüssige Metall lief durch Rinnen im Boden. Es füllte Gussformen und grub feurige Linien in die Spalten im Zement. Es sammelte sich in großen, glühenden Schlackehaufen, die abkühlten und sich schwarz verfärbten, nur um von neuen Wellen superheißen Metalls erneut geschmolzen zu werden, das unablässig aus der Roheisenpfanne floss.
    Auf jeder metallenen Oberfläche in der Halle funkelte rotes Licht. Schwarzer Rauch füllte Caxtons Lungen, und sie musste krampfhaft husten. Das fließende Metall drohte sie zu überspülen, und sie musste auf eine hohe Gussforen klettern, damit ihr nicht die Füße abgebrannt wurden.
    Rote Funkenwolken erfüllten die Luft um die Pfanne. Dunkle Rauchschwaden verhüllten die Decke, während sich das Metall über den Boden ausbreitete, ein See aus Feuer. Die Hitze war immens – sie versengte ihre Brauen und brannte ihr in der Nase. Sie bekam kaum Luft.
    »Nein«, schaffte sie hervorzustoßen, bevor die Dämpfe in ihren Hals drangen und sie erstickten. Sie hustete, bis sie nicht mehr sprechen konnte. »Das ist nicht real. Das ist nur ein Traum!« Aber so einen Traum hatte sie noch nie gehabt. Sie berichtigte sich. »Das geschieht alles nur in meinem Kopf!«
    Es stimmte, und sie wusste es. Aber es spielte keine Rolle. Fiel sie in das geschmolzene Eisen, würde sie verbrennen. Ihre Haut würde braten und sich von den Muskeln pellen, ihr Haar würde Feuer fangen. Die Schmerzen würden unerträglich sein.
    Das flüssige Metall stieg immer weiter. Caxton griff nach einer Kette, die von der Decke hing. Die heißen Eisenglieder würden ihre Handflächen versengen, aber sie wusste, dass sie daran hochklettern konnte, wenn sie musste.
    Die Luft um sie herum toste, ein Hydrokarbonwind aus brennendem Eisen. Ihre Lungen trockneten aus, als sie die Luft einsog, einen sauberen Atemzug zu nehmen versuchte. Dann wackelte der Untergrund. Caxton schwankte auf der Gussform, als diese unter ihr zu schmelzen anfing. Der Rauch in ihrer Kehle erschwerte es ihr, das Gleichgewicht zu halten, doch sie konnte nicht aufhören zu husten, ein trockener Husten, der ihre Lungen schmerzen ließ. Sie griff wieder nach der Kette, und das Metall verbrannte ihre Hand so schlimm, dass sie sie reflexartig zurückriss. Sie verlor das Gleichgewicht; ihre Füße kamen ins Rutschen und versuchten neuen Halt zu finden, während das Metall höherschwappte und ihre Stiefel berührte …
    … und sie schlug die Augen auf.
    Sie war wach.
    Sie lag mit dem Gesicht auf dem Boden des Stahlwerks, die Wange gegen den kalten Zement gepresst. Die Roheisenpfanne stand leer und kalt am anderen Ende des Raumes. Die Halbtoten waren um das Feuer versammelt und kicherten vor sich hin. Wie sie sich im Schlaf so weit von ihnen entfernt hatte, blieb ein Geheimnis. Sie hörte ein Geräusch wie laufendes Wasser und schaute zur Seite.
    Reyes stand anderthalb Meter entfernt. Die Hose war über seine Oberschenkel gezogen, und er erleichterte sich auf einen Stapel altes, verrostetes Eisen, pisste keinen Urin, sondern Blut. Als er fertig war, zog er die Hose wieder hoch und kam zu ihr herüber.
    Ihr fehlte die Kraft zum Aufstehen. Ihr fehlte die Kraft, das Gesicht vom eisigen Boden zu heben. Sie konnte bloß seine bleichen, weißen Füße sehen. Die Zehennägel waren dick und gezackt. Sie sahen aus, als könnten sie Fleisch wie ein Steakmesser durchtrennen.
    »Du machst mir keine Angst«, schaffte sie zu krächzen. Sie erwartete, dass ihre Kehle verbrannt war – sie konnte noch immer den Rauch schmecken. Aber natürlich war alles nur ein Traum gewesen. »Du warst mal ein Mensch. Du warst ein trauriger kleiner Mann, der zu Hause blieb und sich auf die BH-Werbung in

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