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Der letzte Vampir

Der letzte Vampir

Titel: Der letzte Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
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mierda ist, aber anscheinend ist sie das wohl doch nicht. Ich will, dass du alles vergisst, was ich dir gesagt habe, okay? Du vergisst alles, und du bleibst genau hier sitzen und rührst dich nicht, bis ich zurückkomme.«
    Sie nickte. Sie hatte nicht die geringste Willenskraft. Hätte er ihr befohlen, sich auf ein Bein zu stellen und wie ein Huhn zu gackern, hätte sie es getan.
    »Also gut. Schön, verdammt! Wenn du so stur sein willst, ich kann noch sturer sein, perra . Wir fangen morgen noch einmal von vorn an.« Er fuhr sich frustriert über Augen und Mund, dann wandte er sich von ihr ab. Sie rechnete damit, dass er die Kerze nahm und sie im Dunkeln zurückließ, dass er die Treppe hinaufsteigen und sie allein lassen würde. Aber sein Ziel war viel näher. Er öffnete den Sarg und stieg hinein, ließ sie bei flackerndem Kerzenlicht zusehen.
    Draußen musste der Tag anbrechen. Die Nacht musste vorüber sein.
    Jedenfalls die erste Nacht. Wie oft würde sie noch dem Traum mit dem brennenden Stahlwerk ausgesetzt werden? Wie viele Nächte würde es dauern, bevor sie sich erschoss, bevor sie schließlich seinen Fluch akzeptierte?
    Aus dem Sarg kam ein gurgelnder, flüssiger Laut. Er war so fest davon überzeugt, dass er sie in der Hand hatte und sie ihm nichts tun konnte, dass er sie in unmittelbarer Nähe seines sich zersetzenden Körpers duldete. Und er hatte recht. Sie konnte nicht einmal den Daumen krümmen. Zur Bestätigung schaute sie auf ihre Hände hinunter, auf den rechten Daumen. Sie konzentrierte sich darauf, ihn zu einer Bewegung zu veranlassen, ihre ganze übrig gebliebene geistige Energie in ihn hineinströmen zu lassen, nur damit er einmal zuckte. Ein sinnloses Unterfangen, aber sie hatte den Eindruck, dass sie es versuchen musste, bevor sie endgültig aufgab. Wenn sie sich davon überzeugen konnte, dass sie nicht einmal dazu imstande war, den Daumen zu krümmen, warum sollte sie dann noch einen Augenblick länger kämpfen? Dann würde sie einfach tun, was Reyes von ihr verlangte. Sie fing an, ihrem Daumen den Befehl zu geben, sich zu bewegen, aber bevor sie es richtig angehen konnte, ertönte aus dem Nichts eine Stimme, bei der sie innerlich zusammenzuckte.
    »Und wenn es klappt?«, fragte Arkeley. Er stand auf der Treppe, außerhalb ihres Sichtfelds. Aber es war unverkennbar seine Stimme.
    Was? , dachte sie, unfähig, den Mund zu öffnen. Aber sie konnte es denken.
    »Was ist, wenn sich der Daumen bewegt?«, fragte er. »Was wollen Sie dann machen? Kämpfen Sie dann weiter?«
    Eine absurde Frage. Sie sind nicht real , erwiderte sie wie schon zuvor. Und genau wie zuvor funktionierte es. Er verschwand. Es erfüllte sie mit einer leisen Befriedigung, dass sie es wenigstens schaffte ihre eigenen Halluzinationen zu kontrollieren.
    Als er weg war, versuchte sie sich wieder dem anstehenden Problem zuzuwenden, aber sie brauchte lange, um sich daran zu erinnern, was sie getan hatte. Sie schien nicht richtig denken zu können. Jedesmal wenn sie einen Gedanken festhalten wollte, schien er ihr sofort zu entgleiten. Sie erinnerte sich, dass sie etwas hatte tun wollen. Etwas Wichtiges. Ein entscheidender, letzter Schritt. Ja. Sie würde den Daumen bewegen.
    Sie schaute ihn an und dachte: Okay, wenn du zucken kannst, dann zucke.
    Der Daumen bewegte sich. Nur ein kleines, ruckartiges Zucken, beinahe so etwas wie ein Zittern. Aber er bewegte sich.
    Sie schaute zur Treppe hinüber, um zu sehen, ob Arkeley dort stand, triumphierend, um sie zu fragen, wie es weiterging. Natürlich war er nicht da, weil er nie da gewesen war. Er war nicht real gewesen. Aber das ließ sie nicht los. Was nun? Was sollte sie als nächstes tun?
    Die ganze Hand bewegen – das schien eine gute Idee. Sie versuchte die Faust zu ballen. Die Hand krümmte sich zu einer schwachen Faust zusammen – langsam, ganz langsam, weil sie so müde war.
    Eine seltsame Wut stieg in ihr auf. Wenn sie ehrlich war, hatte sie gewollt, dass ihr die Hand den Gehorsam verweigerte. Es war viel bequemer, dort zu sitzen und nichts zu tun, darauf zu warten, dass Reyes aus dem Sarg stieg. Aber wenn sie eine Faust machen konnte, dann konnte sie vermutlich auch aufstehen. Und das bedeutete, dass sie aufstehen musste.
    »Sie müssen mehr als nur das tun«, sagte Arkeley. Er war wieder da, verbarg sich irgendwo in der Nähe, aber nicht da, wo sie ihn sehen konnte. Sie konnte ihn fühlen, aber sie hätte nicht zu sagen vermocht, wo er sich befand. »Sie müssen den Sarg

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