Der letzte Vorhang
es
irgendeine Dokumentation wäre, wo sie doch die ganze Show filmen! «
» Noch was anderes bemerkt, Häschen? «
» Du meinst, sein herablassendes
ausgezeichnete Gelegenheit, euer Talent vorzustellen<, wofür ihr dem
außergewöhnlichen Mort Hornberg so dankbar sein solltet? «
» Neiiin. Scheint er nicht vergessen zu haben,
daß er bei dieser Produktion zwei Partner hat? Er spricht nicht für mich, dich
und sich. Er spricht bloß für sich. «
»Frag die Besetzung nach ihrer Ansicht«, hörte
Wetzon jemanden sagen.
Der Mann, der die Kamera trug, war jung, bärtig
und mit Pferdeschwanz. Ein anderer Mann sprach mit undefinierbar vertraulichem,
sentimentalem Tonfall in ein Mikrophon: » Combinations erlebte seine
erste Inszenierung 1976.« Er richtete das Mikrophon auf Wetzon. »Hatten Sie
überhaupt eine Ahnung, als Sie damals in dem Musical auftraten, daß dem
Musicaltheater am Broadway damit ein neuer Impuls gegeben wurde?«
Wetzon, in grauen Leggings, einem graukarierten
Flanellhemd über dem schwarzen Trikot, stemmte ein Bein gegen die Wand neben der
Tür zum Probenraum.
»Es war meine erste Broadwayshow.« Sie war froh,
daß sie der tragbaren Kamera ihre Schokoladenseite zeigen konnte. »Mir erschien
sie wunderbar. Das Buch stammte von Rog und Medora Battle. Sie hatten schon
drei Hits produziert.« Sie streckte das andere Bein. »Aber dann...«
Die Interviewer waren nicht mehr da. Sie waren
weitergegangen, um die Kamera auf Bonnie McHugh zu richten. Na ja, warum nicht?
Die Proben hatten am Morgen mit Ansprachen von
Mort und Carlos an das Ensemble begonnen. Dann kam Ed Venderose mit seinen
sämtlichen unnötigen wichtigtuerischen Ankündigungen. Und schließlich war das
Fernsehteam eingetroffen und hatte begonnen, durch das Studio zu spazieren und
Fragen zu stellen.
Es war ein emotionales Erlebnis gewesen, alle
wiederzusehen. Ein paar hatte sie seit siebzehn Jahren nicht mehr getroffen.
Margie Nicholson, eine der Sängerinnen/Tänzerinnen, hatte ganz schön zugelegt,
doch unter den Speckschichten versteckte sich eine geschmeidige junge Frau mit
einer trompetenhellen Stimme; die Stimme hatte sich kaum verändert.
Im Studio standen auf gegenüberliegenden Seiten
zwei Klaviere, auf denen gleichzeitig gespielt wurde. JoJo begleitete Bob
Rosen, dessen krauses Haar jetzt völlig weiß war, durch eine Ballade.
»Es war ein Musical ohne herkömmliche Handlung«,
sagte Mort in die Kamera. Er hatte seine Brille auf dem spärlich behaarten
Schädel geparkt. »Nur jemand mit dem Genie eines Davey Lewin konnte den Mut
haben, es damals auf die Bühne zu bringen. Ich sah gebannt zu« — er lächelte
betont einfältig — »und lernte.« Die Kamera verließ Mort und schwenkte auf der
Suche nach dem nächsten Opfer durch den Raum.
Carlos winkte Wetzon ans andere Klavier, wo
Vicki Howard, die Terris alte Rolle übernommen hatte, und Bonnie McHugh standen.
Ein junger Korrepetitor versenkte sich in »Monogamie ist nichts für mich«. Foxy
saß auf der Bank neben ihm und schlug den Takt. Wie ein besserwisserischer
Mitfahrer, dachte Wetzon. In der Nähe unterhielt sich Medora mit Mort, der
nickte und dann den Arm um sie legte.
Überall auf dem Boden lagen Kaffeebecher aus
Pappe. Die Plastikstühle, die ordentlich an der Wand aufgereiht waren, als die
Truppe eintraf, standen jetzt kreuz und quer herum. Hände hielten Tassen, aber
nie lange: Alle waren in Bewegung-
Kamera und Mikrophone wanderten jetzt hinüber,
wo Medora und Mort standen. »Wollten Sie und Ihr Mann von Anfang an etwas
Unkonventionelles schreiben?«
Medora schien erschrocken durch die
Unterbrechung, sammelte sich aber schnell. »Durchaus nicht. Wir wollten über
eine kaputte Ehe schreiben. Combinations handelt eigentlich davon,
herauszufinden, wer man selbst ist. Davey sah das Stück als eine Metapher für
Beziehungen. Ehe wir uns versahen, schrieben wir kleine Szenen. Dann brachte
Davey Foxy ins Spiel, die begann, die kleinen Szenen in Musik umzusetzen — und,
naja, das war’s.« Medora machte eine schwungvolle Handbewegung, und das breite
goldene Armband blitzte auf.
»Musicaltheater«, sagte Mort, »das bedeutet
Zusammenarbeit. Wir alle arbeiten zusammen, um etwas zu produzieren, das keiner
von uns allein tun könnte.«
»Es ist Talent, gemischt mit Alchimie«, sagte
Carlos in die Kamera. »Fangen wir an, meine Damen.«
Der Pianist begann zu spielen. Die Frauen nahmen
ihre Plätze ein — alte, nie vergessene Muster — , Leslie in der
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