Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
sich an.
»Was halten Sie von dem Kassierer, Franck?«
»Na ja, Typen mit rosa Hemd und bunter Krawatte sind nicht mein Ding. Abgesehen davon finde ich ihn zu glatt und irgendwie undurchsichtig.«
»Hm.« LaBréa nickte. »Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Bankangestellter in Versuchung gerät.«
»Zumal bei einer alten Frau, die er gut kannte. Ihre Adresse war ihm bekannt, ihre persönlichen Lebensumstände, ihre finanzielle Situation. Vielleicht ist er heute Morgen unter irgendeinem Vorwand bei ihr aufgetaucht. Bevor er in der Bank anfing. Und da sie wusste, wer er war, ließ sie ihn herein.«
»Zeit genug wäre gewesen. Und er hat kein Alibi.
»Ich nehme ihn mal unter die Lupe, Chef.«
»Tun Sie das, Franck.«
7. KAPITEL
I nzwischen war es kurz nach fünf. Während sie im nachmittäglichen Stau auf der Rue St. Antoine standen, rief LaBréa seine Tochter an. Jenny war vor zehn Minuten nach Hause gekommen.
»Ich bin total fertig, Papa«, sagte sie als Erstes. »Unser Testspiel war unheimlich anstrengend auf dem aufgeweichten Platz. Trotzdem haben wir gewonnen.«
»Das freut mich«, erwiderte LaBréa ohne großen Enthusiamus. »Was machst du jetzt?«
»Erst mal liege ich mit Obelix auf dem Sofa und ruhe mich aus. Wann kommst du denn nach Hause?«
»Kann ich noch nicht sagen, Cherie. Gegen sieben, halb acht, wenn nichts dazwischenkommt.«
»Im Flur steht so’n komischer Karton. Was ist denn da drin?«
»Sachen von deiner Großmutter. Die habe ich aus dem Pflegeheim mitgebracht. Wahrscheinlich persönliche Dinge wie Fotos oder Briefe. Ich sehe mir das heute Abend mal an. Also, Salut, Cherie.«
Immer noch ging es nur im Schritttempo voran. Nervös trommelte Franck mit den Fingern aufs Lenkrad. »Soll ich das Blaulicht setzen, Chef?«
LaBréa musste lachen.
»Das wird nicht viel nützen. Auch die Busspur ist dicht. Vielleicht wird es ja vorn auf der Rue de Rivoli etwas besser.«
Aus dem offenen Fahrerfenster eines silbernen BMW X3 dröhnte lauter Technosound. Der Fahrer, nicht älter als Mitte zwanzig, trug eine verspiegelte Sonnenbrille und bewegte seinen Kopf im Stakkato der Musik. LaBrea ließ das Seitenfenster hoch. Die hämmernden Töne drangen dennoch ins Wageninnere.
»Das hält ja kein Mensch aus«, sagte er mehr zu sich selbst. »Ich bete zu Gott, dass meine Tochter nicht eines Tages mal solche Musik ins Haus schleppt. Was heißt Musik!« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Von richtiger Musik haben die jungen Leute heute offenbar keine Ahnung mehr.«
Franck beugte sich vor und warf einen neugierigen Blick auf den Geländewagen. Der Fahrer blickte starr geradeaus und schob einen Kaugummi im Mund hin und her.
Endlich ging es weiter. LaBréas Handy klingelte. Es war Claudine. In knappen Worten berichtete sie, was ihre Recherche wegen ungeklärter Morde an älteren Frauen im Großraum Paris ergeben hatte. »Zwei Treffer, Chef. Mord an einer Siebenundsechzigjährigen, 2003 im 13. Arrondissement. Der Fall wurde nie aufgeklärt. Und 2006 traf es eine alte Frau im 19. Arrondissement. Auch hier wurde der Täter nie gefunden.
Beide Frauen lebten allein und hatten kurz vor ihrem Tod höhere Beträge von ihren Konten abgehoben.«
»Das ist ja schon mehr als nur Zufall«, erwiderte LaBréa.
»Sie schicken uns die Akten heute noch rüber«, fuhr Claudine fort. »Bis zur Talkrunde weiß ich mehr.«
»Gute Arbeit, Claudine. Das bringt uns vielleicht weiter.«
Er informierte Franck kurz über das Gespräch und versuchte dann, Jean-Marc zu erreichen. Erst nach mehrmaligem Klingeln meldete sich dieser.
»Irgendwas Neues, Jean-Marc?«
»Bisher nicht. In den Geschäften war sie bekannt, weil sie regelmäßig dort einkaufte. Über ihr Privatleben wusste niemand Bescheid, bis auf die Story über ihre Tochter und den Terroranschlag. Der Besitzer des Tabakladens kannte Augustine als Jugendliche. Da hat sie schon geraucht. Gauloises ohne Filter. Jetzt bin ich gerade auf dem Weg zu dem Nachbarn, der das Opfer gefunden hat, um nochmal mit ihm zu reden.«
»Warten Sie damit. Wir sind ganz in der Nähe und kommen dazu.«
Henri Buffon, der Nachbar von Griseldis Geminard, war ein kleiner, alter Mann mit Geheimratsecken und einem grauen Vollbart. Seine wässrigen grünen Augen schauten gereizt, als er LaBréa und seinen beiden Mitarbeitern die Tür öffnete. Da Franck ihn schon am
Morgen befragt hatte, wusste er, wer vor seiner Tür stand.
»Was ist denn noch?«, fragte er unfreundlich, als
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