Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
Schultern.
»Keine Ahnung. Ich hab nicht gefragt. Patrice war ein guter Kunde, und da hab ich ihm eben den Gefallen getan. Ging ja auch nicht lange. Nur ein paarmal, weil es draußen so kalt war.«
»Die Frau hat vermutlich vor einigen Jahren in einem alten Stellwerk auf dem Gelände der Gare de Lyon gewohnt. Wussten Sie das?«
Der Bordellbesitzer sah LaBréa erstaunt an.
»In einem alten Stellwerk? Nein, das hat sie nicht erwähnt. Patrice auch nicht. Wie kam sie denn da hin?«
LaBréa überhörte die Frage und sagte: »Ist Patrice Montana in den darauffolgenden Jahren noch mal hier bei Ihnen aufgetaucht?«
»Einige Male, dann nicht mehr. Ich hab ihn später mal am Boulevard Diderot getroffen, in einem Spielclub. Das ist aber schon länger her. Fünf, sechs Jahre bestimmt. Da sagte er mir, er hätte eine feste Freundin und sei jetzt Geschäftsführer in so einem Musettewalzerschuppen an der Bastille.« Marcel Villiers verzog abschätzig den Mund. »Nostalgischer Schwoof mit alten Leuten. Da hab ich mich sowieso gewundert.«
»Wieso?«
»Na ja, weil er eigentlich ganz andere Pläne hatte.«
»Welche denn?«
»Er wollte ins Ausland gehen. Irgendwo einen Club in einer Ferienanlage aufmachen, wo man richtig abkassieren konnte. Betuchte Kunden, Promiangebote. Das ganze Jahr Sonne und so weiter. Hat aber anscheinend nicht geklappt.«
Er zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und schnäuzte sich umständlich die Nase.
»Hat Patrice Montana den Jungen und seine Mutter später nochmal erwähnt?«
»Nein, daran kann ich mich nicht erinnern.«
»Haben Sie ihn nicht nach den beiden gefragt? Immerhin hatten Sie sich doch gewundert, dass sie mit dem Kind hier aufgekreuzt ist.«
»Das stimmt, aber ich hab trotzdem nicht gefragt. Weil es mich einfach nicht interessiert hat.«
»Ach so.« LaBréa blickte dem Mann in die Augen, deren Farbe im schummrigen Licht des Lokals verschwamm. Doch er konnte nichts darin erkennen, was Anlass geben würde, misstrauisch zu sein.
»Sagen Sie, Monsieur Villiers, fällt Ihnen noch irgendwas ein, was diese Mutter und ihren Sohn angeht? Etwas, was vielleicht ungewöhnlich war?«
Der Bordellbesitzer überlegte einen Moment und kratzte sich am Kinn.
»Nein, da fällt mir nichts ein, Commissaire. Tut mir leid.«
LaBréa erhob sich.
»Danke, Monsieur Villiers. Sie haben uns sehr geholfen.«
Marcel Villiers neigte neugierig seinen Kopf.
»Um was geht es hier eigentlich, Commissaire?«
»Es geht um Mord, Monsieur. Aber die Sache ist zu kompliziert, als dass ich sie Ihnen auf die Schnelle erklären könnte. Wir müssen weiter.« Er gab Franck und Dupont einen Wink. Die drei verließen das Lokal.
LaBréa und Franck verabschiedeten sich vom Kollegen der Sitte, dessen Dienste nicht länger gebraucht wurden. Sie gingen zu Francks Wagen, der in einer Seitenstraße geparkt war. Franck setzte das Blaulicht aufs Dach, und in rasendem Tempo fuhren sie Richtung Place de la Bastille.
Die kleine Straße lag verschlafen im Licht des frühen Nachmittags. Franck parkte den Wagen direkt vor dem Paradis. Am Morgen, als LaBréa und Jean-Marc hier gewesen waren, hatte die Haustür neben dem vergitterten Lokaleingang offen gestanden. Jetzt war sie verschlossen. Ohne den Türcode zu kennen, kam man nicht ins Haus.
Während LaBréa noch überlegte, was zu machen war, sah er Patrice Montanas Verlobte kommen. Sie war offenbar einkaufen gewesen, denn sie trug einen Korb mit Gemüse und mehrere Plastiktüten. Beim Anblick der Polizisten vor der Tür reagierte sie unwillig.
»Sie schon wieder.« Sie bedachte LaBréa und Franck mit einem feindseligen Blick.
»Es trifft sich gut, Mademoiselle, dass Sie gerade nach Hause kommen. Wir müssten nochmal mit Monsieur Montana sprechen. Ist er da?«
»Weiß ich nicht.« Die Stimme der jungen Frau klang schroff. Sie tippte vier Ziffern ein, und das Schloss sprang auf.
»Wir folgen Ihnen einfach«, meinte Franck entspannt. »Dann werden wir ja sehen, ob er zu Hause ist.« LaBrea entging nicht, dass Franck mit Kennerblick die Beine der jungen Frau taxierte. Sie trug Leggins und halb hohe Stiefel. Ein Cape-artiger, grün-braun karierter Mantel umschmeichelte ihre Figur. Franck grinste anerkennend, als sie vor ihnen die Treppe hinaufging.
Sie schloss die Wohnungstür im ersten Stock auf und rief: »Patrice? Hier sind nochmal die Bullen. Keine Ahnung, was die schon wieder wollen!« Sie ging den Korridor entlang und öffnete eine Tür, die vermutlich in die Küche
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