Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
anderen Grundstücken ab. Von der Straße her gelangte man durch eine Toreinfahrt auf das Gelände. Gleich an der Einfahrt gab es eine Schranke und ein altes Parkwärterhäuschen. Silvain Frolet hatte gesagt, dass es nicht mehr genutzt würde, und dass die Schranke automatisch bei Ein- und Ausfahrt aufging.
Der feuerrote Ferrari 360 Modena, für den sich der unbekannte Anrufer interessierte, stand ganz rechts außen. Vom Parkwärterhäuschen aus war er gut zu sehen.
Der Weg vom Parkplatz ins Autohaus, zu den Büroräumen und dem Showroom, führte durch eine kleine Werkstatt, die etwa fünfzig Meter vom Parkhäuschen entfernt lag. In der Werkstatt herrschte im Moment kein Betrieb. Es gäbe zu wenig Reparaturbedarf bei den Kunden, hatte Silvain Frolet gemeint. Deshalb würden Reparaturen nur von mittwochs bis freitags durchgeführt.
Sie teilten sich auf. LaBréa begab sich ins Parkwärterhäuschen und nahm auf einem alten, dreibeinigen Schemel Platz. Von hier aus konnte er den gesamten Innenhof überblicken. Franck und der Paradiesvogel gingen ins Büro des Autohauses. Jean-Marc tauschte sein buntes Outfit mit einem grauen Overall, der dem
Mechaniker der Firma gehörte, und begab sich in die Werkstatt. Dort hatte Silvain Frolet in der Zwischenzeit seinen Privatwagen, einen schwarzen Ferrari California, das allerneueste Modell, auf die Hebebühne gefahren. Jean-Marc sollte sich an dem Auto zu schaffen machen und dabei den Hof unter Kontrolle behalten.
Franck, als echter Kenner der teuren Schlitten, würde in die Rolle des Besitzers des gebrauchten Ferrari schlüpfen und dem Unbekannten »seinen« Wagen zeigen und darüber fachsimpeln. Dem Juniorchef des Autohauses war eingeschärft worden, sich auf keinen Fall draußen zu zeigen, sondern in seinem Büro zu warten.
LaBréa blickte auf die Uhr. Es war fünf vor sechs. Würde der Mann pünktlich sein? Würde er überhaupt kommen?
Allmählich dämmerte es. Silvain Frolet schaltete vom Büro aus Scheinwerfer an, die den Parkplatz mit den gebrauchten Luxuswagen in kaltes Licht tauchten. Die Farbe des Himmels wechselte von kräftigem Azur in ein samtenes Schwarzblau.
LaBréa zwang sich, ruhig zu bleiben. Irgendetwas würde geschehen. Doch was? Um fünf nach sechs klingelte sein Handy.
»Ich glaube, da kommt er«, flüsterte Jean-Marc. LaBrea wusste, dass man durch das Fenster im oberen Teil der Werkstatttür Richtung Showroom und Büro blicken konnte. »Jetzt geht Franck auf ihn zu, Chef.«
»Danke, Jean-Marc. Funkstille, bis er bei Ihnen durch die Werkstatt gegangen ist und hier im Hof ankommt.«
LaBréa schaltete sein Handy aus. Angestrengt starrte er zum Eingang der Werkstatt. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Plötzlich betrat Franck mit dem Kaufinteressenten den Hof. Als die beiden zu den geparkten Wagen gingen und LaBréa den Unbekannten besser ins Auge fassen konnte, war er wie vom Donner gerührt.
Diesen Mann hatte er schon einmal gesehen! Seine Gestalt, sein Gesicht, die Art, sich zu bewegen... Es gab keinen Zweifel.
In Sekundenschnelle entschied er, was zu tun war.
15. Januar 2002
Eines Tages, nicht in weiter Ferne, wartet der Tod. Schon immer hat er gewartet, von Anfang an. Mick hatte früh begriffen, dass es nur einen Weg gab, diese unumstößliche Tatsache zu vergessen: die Zwischenzeit, die man Leben nennt, so gut wie möglich zu nutzen. Und das wollte er tun, jetzt, nachdem er alles hinter sich gelassen hatte und frei war.
Anfang Januar hatte er mit Mahmouds Familie Kontakt aufgenommen und erfahren, dass sein Freund zu einer dreiwöchigen Gefängnisstrafe verurteilt worden war. Da er ein Wiederholungstäter war, hatte der Richter keine Gnade walten lassen und ihn wegen versuchten Einbruchs in einen PKW in den Bau geschickt. Heute würde Mahmoud entlassen werden, und Mick befand sich auf dem Weg zum Gefängnis, um ihn abzuholen.
Es hatte geschneit. Ein Himmel voller milchiger Wolken ließ darauf schließen, dass noch mehr Schnee fallen würde. Die Bürgersteige und Straßen waren noch nicht geräumt, und die Autos schlingerten über die Boulevards. Zu Fuß durchquerte Mick das 3., 4. und 5. Arondissement. Das Gefängnis La Santé lag im
14. Arondissement. In dieser Gegend war er nie zuvor gewesen. Seine Wege und diversen Aktionen führten ihn meistens ins 10. und 11. Arondissement. Seit geraumer Zeit mied er auch die Zone und die bekannten Straßen in diesem Viertel.
Noch blieb Zeit. Um zehn wurde Mahmoud entlassen, und die digitale
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