Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
Vom Netzwerk:
abgehört wurde, hatte die letzten beiden überflüssig werden lassen). Sein Team hatte sich nicht gemeldet. Er hatte natürlich auf
deren
Handys angerufen. Ich hatte es für vernünftig gehalten, nur an das zu gehen, was ich haben durfte. »Ich wollte sagen«, wiederholte sich Ellis, noch immer ganz ruhig, »was zum Teufel geht da vor sich,
bitte

    Ich berichtete ihm vom Angriff der Vampire. Ich verriet ihm nicht, dass ich bereits meinen Kontaktmann bei Aegis (die englische Version von Blackwater, Veteranen von SAS , MI 5 , Armee und Marine) angerufen und drei meiner schlafenden Reserven in den Schweizer Banken geweckt hatte.
    »Sie sind ein verdammter Glückspilz, Jacob«, stellte Ellis fest.
    »Nun ja, ich schlage vor, dass Sie Flammenwerfer obligatorisch machen.«
    »Das meine ich nicht. Sie hatten Glück, dass wir einen unserer Leute bei der örtlichen Polizei haben.«
    »Bei der Polizei?«
    »Stellen Sie sich mal vor, wie das aussieht: vier tote Jäger, Jake Marlowe wundersamerweise bei bester Gesundheit und auf der Flucht. Es würde so aussehen, als hätten Sie meine Jungs selbst erledigt und seien dann geflüchtet, oder etwa nicht?«
    Das war mir überhaupt nicht aufgegangen. Nächste Sorge: Was war mir sonst noch nicht aufgegangen? Das Hotelzimmer hatte einen dicken Teppichboden und schwere Vorhänge. Insgeheim dachte ich, wie wunderbar es doch wäre, mich einfach hinzulegen und nie wieder aufzuwachen.
    »Zu Ihrem Glück«, fuhr Ellis fort, »hat unser Agent die Vampirüberreste bestätigt, nachdem das Feuer gelöscht werden konnte. Von Harleys Bibliothek ist allerdings nicht viel übrig geblieben, fürchte ich.«
    Ich schob den Vorhang ein paar Zentimeter beiseite und sah hinaus. Der Regen hatte eine kurze Pause eingelegt. Das nasse London holte Luft, schlief noch halb, zuckte hier und da, wo Neuronen nächtlicher Dramen feuerten: eine Vergewaltigung, ein Drogentoter, jemand machte einen Antrag, ein Baby kam zur Welt. Am Tag ist die Stadt aufdringlich agil; die Frage, einfach nicht weiterzumachen, stellt sich nicht. Nachts spürt man die Erschöpfung, sieht man das Weitermachen als das, was es ist: der Schrecken vor dem Eingeständnis, dass die ganze Angelegenheit ein Fehler war.
    »Ich bin keineswegs bei bester Gesundheit«, erklärte ich. »Ich habe einen Pflock ins Bein abbekommen, eine Schramme am Schädel und ein Loch in der Brust so groß wie ein Tennisball.« All das heilte bereits ab – der flüsternde Strickkreis, die zelluläre Kabale –, während ich noch telefonierte.
    »Ich hätte vor Ort sein sollen«, meinte Ellis. »Dann wäre das nicht passiert.«
    »Vielleicht. Es ging alles sehr schnell. Haben Sie eine Spur von dem Landrover gefunden?«
    »Was? Ach der. Nein. Russell hat wohl nicht daran gedacht. Und ich hab’s glatt vergessen. Außerdem waren das ja wohl die Vampire.«
    »Sieht so aus«, erwiderte ich, obwohl Mia, wie ich mich genau erinnerte, gesagt hatte: ›Holt den Van‹, nicht ›holt den Wagen.‹ Doch die Konkurrenz um meine Aufmerksamkeit war gewaltig und die Frage nach dem Landrover nebensächlich.
    »Wir werden die Abholung neu arrangieren müssen«, meinte Ellis. »Wo sind Sie?«
    »Sagen Sie Ihrem Kerl, er kann mich morgen früh um zehn vor der Zentrale der Freimaurer in Long Acre abholen.«
    »Jake …«
    »Hören Sie, Ellis, seit über zwei Wochen konnte ich noch nicht mal aufs Klo, ohne dass mir jemand sein Okay geben musste und ohne dass mir dann jemand dabei zugehört hat. Sie können mir ruhig eine Nacht private Ruhe gönnen. Sie wissen, dass ich nicht weglaufe. Sie halten alle Trümpfe in der Hand. Ich muss einfach nur meine Gedanken ordnen. Wie heißt Ihr Fahrer?«
    Noch über das Telefon konnte ich seinen Drang spüren, eigene Entscheidungen treffen zu wollen. Da war jemand, dessen Zustimmung er einholen musste und den er nicht leiden konnte. Wer immer diese Person auch war, ihre Tage uneingeschränkter Führerschaft waren gezählt. Ellis mochte mich mehr als sie.
    »Also gut«, antwortete er. »Aber verarschen Sie mich nicht, Jacob. Sie kennen ja die Realität aus Ursache und Wirkung.«
    »Hundertprozentig.«
    »Der Fahrer heißt Llewellyn. Er kennt Sie, doch nur für den Fall, er fährt einen BMW Allrad, Kennzeichen Friedrich Theodor sechs sieben zwei Emil Ulrich Dora. Codewort
lupus
. Zehn Uhr. Lassen Sie mich nicht hängen. Lassen Sie Ihre Lady nicht hängen. Und nein –«, sagte er, als ich gerade Luft holte, um zu fragen, »Sie können jetzt nicht

Weitere Kostenlose Bücher