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Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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mit ihr sprechen. Sie werden sie morgen sehen. Vertrauen Sie mir, es geht ihr gut. Alles bestens.«
    Den Rest der Nacht hing ich am Hoteltelefon.

53 .
    Llewellyn, der Fahrer, jung, hellhäutig, schlank und muskulös, mit der Sauberkeit und den fast skinheadkurzen Haaren eines Mormonenpredigers, war absolut pünktlich. Das Codewort schien überflüssig, ich fragte dennoch danach und erhielt zur Antwort: »Lupus, Sir«.
Sir
. In Ordnung. Er hatte diesen Job bekommen, weil er Befehlen bis aufs i-Tüpfelchen folgte.
Sie werden Mr Marlowe freundlich behandeln, sich aber in keine Unterhaltung verwickeln lassen
. In Ordnung. Ich war sowieso ganz kratzbürstig vor Schlafmangel und inwendig wund vor Hunger. »Ich werde kettenrauchen, Llewellyn«, warnte ich ihn vor. »Ich hoffe, das macht Ihnen keine Probleme?«
    Er öffnete die hintere Tür auf der Beifahrerseite. »Kein Problem, Sir«, antwortete er. »Es ist sowieso eine Glasscheibe zwischen uns.«
    Tatsächlich. Panzerglas, so wie es aussah. Ebenso die Fenster. »Rechnen wir damit, dass wir beschossen werden?«, fragte ich ihn und klopfte gegen das Glas.
    »Standardausrüstung, Sir«, antwortete Llewellyn. »Soll ich das Radio anmachen oder so was?«
    Llewellyn gab per Funk durch, dass ich an Bord war (nicht Ellis, verriet der Äther) und dass wir unterwegs waren. Es war ein schöner Morgen. Blauer Frühlingshimmel, strahlende Sonne und eine Brise, die die Pfützen erschauern und die Knospen an ihren Stängeln nicken ließ. Nicht, dass ich sonderlich viel davon mitbekam, während ich mich still mit dem Vorspiel des Fluchs auseinandersetzen musste, der Phantomverlängerung von Schnauze und Fingern, den unterdrückten Krämpfen, den aufdringlichen Erektionen, dem gelegentlichen Vorwissen in Fußnägeln und Eckzähnen. Tatsächlich klapperten mir die Zähne, so wie beim Anflug einer Grippe, und brachten Llewellyn dazu, mir zu verraten, ich hätte meine eigene Klimaanlage im Fond. Unterdessen Piccadilly, Park Lane, Marylebone, Westway, M 40 . Ich versuchte zu schlafen. Es ging nicht. Stattdessen grübelte ich über die Wirkung des Geldes, der Ergiebigkeit der Vorauszahlung nach. Unmöglich zu sagen, wie viele Männer man zu einem Ausbruch brauchte, aber ich hatte Aegis für eine Truppe von fünfzig Mann im Voraus bezahlt, nicht rückzahlbar. Ich ging davon aus, dass es dort, wo sie Talulla eingesperrt hatten, keine große Verteidigungstruppe gab. Ellis’ Londoner Renegaten durften wohl kaum mehr als fünfhundert Mann sein, und die Mehrheit von ihnen würde die üblichen WOKOP -Aktivitäten durchführen. Poulsoms Einheit musste sich auf Tarnung verlassen, nicht auf Mannstärke.
    Neben diesen Überlegungen beschimpfte ich mich ununterbrochen. Du verdammter Idiot, du wirst dabei nur umkommen. Die werden Talulla foltern und sie missbrauchen und Experimente durchführen und sie von Tieren besteigen lassen, diese ganzen Phantasievorstellungen von Befreiung und Überleben sind obszön und lächerlich, und selbst Charlie bei Aegis hatte Mühe, nicht ins Telefon zu lachen, aber auch nur, weil er weiß, dass du das Geld hast, ist doch deine verdammte Beerdigung, du bescheuerter Blödmann, sie wird umkommen, und du auch –
    Ellis’ Telefon klingelte.
    »Jake, Sie sind unterwegs, habe ich gehört.«
    »Ist sie bei Ihnen?«
    »Noch nicht.
Calmez-vous
. Sie werden sie heute Abend sehen. Hören Sie zu. Nur zur Bestätigung: Mondaufgang morgen ist um 18  Uhr 0 7 . Nur Grainer und ich werden dort sein. Er ist schon oben, also weichen Sie nicht vom Plan ab: Bleiben Sie im Hotel. Llewellyn wird Sie um halb drei nachmittags abholen und Sie in Beddgelert absetzen. Von da ab sind Sie zu Fuß unterwegs. Sie kennen ja den Weg.«
    »Werden Sie heute Abend nicht bei der Vorbeifahrt dabei sein?«
    »Geht nicht. Ich treffe mich mit Grainer. Er will mich bei sich haben. Waffenkontrolle. Eine gewisse Routine, die üblichen Rituale. Keine Sorge, Jake, sie ist in sicheren Händen, versprochen. Bleiben Sie auf Ihrem Zimmer, bis Sie den Anruf kriegen.«
    Der Rest der Fahrt bestand aus fiebrigen Höhen und Tiefen. Augenblicke voller Leben – die riesigen Räder eines Lastwagens aus nächster Nähe; eine Krähe, die von einem frisch überfahrenen Tier aufflatterte; ein grüner Randstreifen voller Krokusse – und lange, undeutliche Abschnitte, Prä-Fluch-Hypersensibilität, die zu Wahrnehmungsstörungen und Rauschen führte. Mein Gesicht kribbelte, die Augen juckten, Gliedmaßen verloren ihre

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