Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
Vom Netzwerk:
konnte sich von WOKOP verabschieden und zur Ruhe setzen. Sich um seine Angelegenheiten kümmern. Sich jeden Tag mit einem kleinen Stück von dem beschäftigen, was aus ihm geworden war, und darauf hoffen, lang genug zu leben, um die ganze hässliche Masse zu verdauen. Zumindest konnte er sich ein warmes Plätzchen suchen, wo er mit Strohhut auf dem Kopf und den nackten Füßen im Staub sitzen und lauschen konnte, was die Leere ihm zu sagen hatte. Wenn ich einen altruistischen Grund zum Sterben brauchte, hier war er.
    »Erzähl mir mehr von diesem Werwolfzeugs«, bat Madeline undeutlich. Ich war nun schon seit fast einer Stunde beschäftigt, ohne befürchten zu müssen, dass sich ihr Gewissen rühren könnte: Es gab keinen Segen, keine Freude, die Madeline nicht gebieterisch verschlingen oder als Teil ihres natürlichen Geburtsrechts ansehen würde. Was sie anging, hätte ich die ganze Nacht, das ganze Jahr, für den Rest ihres Lebens so weitermachen können. Um ehrlich zu sein, sie ist keine besonders gute Prostituierte.
    »Ich dachte, du schläfst.«
    »Erzähl mir von deinem ersten Opfer.«
    Das Werwolfzeugs. Für Madeline ist das nur die Marotte eines Kunden, aber eine, auf die sie steht. Wie sich in dieser Post-alles-Welt herausstellt, kann der Mensch wohl die Angewohnheit nicht abschütteln, sich gern Geschichten erzählen zu lassen. Homer lacht zuletzt. »Eine wunderhübsche junge Frau liegt im Dunkeln auf einem Bett und lauscht einem Märchen«, sagte ich. »Aber sie ist nackt, und die Hände des Geschichtenerzählers betatschen sie am ganzen Körper.«
    Einen Augenblick lang sagte sie nichts, dann fragte sie: »Was?«
    »Nichts. Ich suche nach objektiven Bezugsmöglichkeiten zu damals. Vergiss es. Mein erstes Opfer riss ich am 14 . August 1842 . Ich war vierunddreißig Jahre alt.«
    » 1842 … dann bist du …«
    »Ich werde im März zweihunderteins.«
    »Ganz schön in Form dafür.«
    »Der Mensch bleibt so alt, wie er zur Zeit der ersten Verwandlung war. Der Werwolf kriegt Arthritis und grauen Star.«
    »Du solltest mit dem Zeugs ins Fernsehen gehen.«
    Erzähl mir von deinem ersten Opfer
. Für das Monster wie für den Mann ist das Leben eine lange, immer kleiner werdende Überraschung, wie viel vom eigenen jämmerlichen Ich Platz findet. Allerdings sind da noch die Ausnahmen, die einzigartigen Unerfreulichkeiten, die inoperablen Tumore …
    »Einen Monat, bevor ich mein erstes Opfer riss«, begann ich, »war ich in Snowdonia auf einer Wanderung mit meinem damaligen besten Freund – Charles Brooke. Das war, wie ich schon sagte, 1842 . Wir waren reiche, gebildete Gentlemen von benachbarten Anwesen in Oxfordshire, also machten wir uns auf die Wanderung, so wie wir auch alles andere angingen: in einer Art gutgelaunter Anspruchshaltung. Charles war verlobt und sollte im September heiraten. Im Sommer zuvor hatte ich meine kleine Welt dadurch entsetzt, dass ich eine mittellose dreißigjährige Amerikanerin geheiratet hatte; ich hatte sie in der Schweiz kennengelernt und mich in sie verliebt.«
    »Was hast du denn in der Schweiz gemacht?«
    »Charles und ich waren auf Europatour. Aber nicht so eine wie bei den Rolling Stones.«
    »Was?«
    »Man fuhr nach Europa und sah sich die Sehenswürdigkeiten an, das machte man eben so. Arabella war mit ihrer Tante unterwegs, einer missgelaunten alten Henne, aber ihre einzige finanzielle Stütze. Wir lernten uns im Metropole Hotel in Lausanne kennen. Es war Liebe auf den ersten Blick.« Ich fuhr mit dem Daumen ganz sanft über die feuchte Spalte von Madelines Anus. Vor nicht allzu langer Zeit meinte ein Pornofilmer in Los Angeles zu mir: Das Arschloch ist erledigt. Alles ist erledigt. Da denkst du dir allen möglichen verrückten Scheiß aus, bei dem du dir nie vorstellen könntest, Mädchen dafür zu finden und der die Mädchen schließlich völlig kaputt machen wird. Und dann kommen die Mädchen in Scharen und machen alles kaputt. Es ist deprimierend.
    »Gefällt dir da was?«, fragte Madeline und drückte den Rücken durch.
    Ich nahm meinen Daumen fort und massierte weiter. »Nein, das Wort ›Liebe‹ schien mir nur gerade ganz prägnant zu sein.«
    Sie ließ ihren Rücken wieder sinken, streckte die Hand nach dem Eiskübel aus und schnappte sich die Flasche schal gewordenen Bollinger, um einen Schluck zu nehmen. »Ach«, meinte sie und fragte sich nur vage, was prägnant wohl bedeuten sollte. »Na, dann eben nicht.«
    »Charles und ich schlugen unser Lager auf einer

Weitere Kostenlose Bücher