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Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
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die Hand fallen. „Johanni ist die Schicksalsnacht, die dem lieben Vater und auch der tapferen Mutter den Tod gebracht hat.“
    Dann straffte er sich. Mit einem Mal wirkten seine Züge klar und entschlossen, als hätte die Auskunft der Alten ihn weniger geängstigt als erleichtert. „So wissen wir den Tag nun. Die Dinge fügen sich zusammen. Lasst uns, liebe Freunde, das Böse von dem Guten scheiden. Lasst uns das Fatum, das wie ein schwarzer Todesschleier über meine Wiege einst geleget ward, für ewiglich beschließen.“
    Phil und Valentina sahen sich an. „Gefahr erkannt, Gefahr gebannt“, murmelte Phil und zitierte damit einen von Isoldes Lieblingssprüchen.

K APITEL 12
    I soldes Auftrag führte die drei in den Trubel des Bauernmarkts, der in seiner Alltäglichkeit in wohltuendem Kontrast zu den bisherigen Erlebnissen des Tages stand. Glücklicherweise hatte Phil noch etwas Geld dabei. Von zwei gelangweilten Jungs gefolgt, inspizierte Valentina einen Gemüsestand nach dem anderen. Endlich blieb sie stehen und befühlte einige Tomaten.
    „Mit den Pfoten ist verboten!“ Der gedrungene Standinhaber, dessen kurzer Hals aus einem schmuddligen T-Shirt quoll, drohte ihr mit dem Finger.
    Valentina lächelte schief. „Ich nehm sie ja! – Hier! Ein Pfund bitte!“ Schon flog die rote Gemüsefrucht, die Valentina noch in der Hand hielt, auf den überraschten Mann zu, der stumm vor Schreck die Arme in die Höhe riss.
    Dorian hob die Brauen. „Mademoisellchen!“
    „Hast du sie noch alle!“, fuhr Phil sie an.
    „Wieso, er hat sie doch gekriegt.“ Seine Schwester streckte fordernd die Hand aus. Kopfschüttelnd zerrte Phil einen Geldschein aus der Gesäßtasche.
    Der Gemüsemann steuerte finsteren Blicks auf Valentina zu und wog die Tomaten ab. Sie nahm gerade das Wechselgeld entgegen, als ein dunkelhaariger Junge in einem roten T-Shirt an Dorian und Phil vorbeirannte, stolperte und dabei eine Steige Kirschen vom Stand riss. Reflexartig bückte sich Phil, die wegkullernden Früchte einzusammeln, während Dorian dem Pechvogel die Hand reichte, um ihm beim Aufstehen zu helfen. In einer blitzschnellen Bewegung fuhr der Junge hoch und sauste davon.
    „Vermaledeiter Furunkulus!“ Dorians Fluch ließ alle Köpfe herumwirbeln. Und ehe die Geschwister verstanden, was eigentlich los war, hatte Dorian schon die Verfolgung aufgenommen.
    Auch dem Gemüsehändler war entgangen, was genau vorgefallen war. Ohnehin schon verärgert, packte er Phil grob am Arm und kanzelte ihn vor aller Ohren für die verdorbenen Kirschen ab. Erst als eine Kundin Phils Protest bestätigte, ein dunkelhaariger Junge habe den Schlamassel verursacht, ließ er ihn, mit dem Knurren eines Pitbulls, ziehen.
    Mit hochrotem Kopf kehrte Phil dem Stand den Rücken. Valentina kam ihm, unruhig umherspähend, nach. „Verdammt, wo ist Dorian!“
    Phils Blick tastete finster die Umgebung ab. „Ich kapier nicht, wieso er dem Kleinen so hinterhergerast ist. – Denkst du, er findet ohne uns heim?“
    „Weiß nicht.“ Valentina schüttelte zögernd den Kopf. „Ich hab so ein blödes Gefühl. Am besten trennen wir uns. Du gehst Richtung Schillerplatz und ich zur Brücke runter. Wir treffen uns daheim.“
    Phils verstecktes Grinsen ließ sie die Stirn runzeln. „Was ist?“
    „Nichts.“
    „Idiot. Ich mach mir eben Sorgen um ihn. Das ist alles.“
    Ihr Bruder spitzte die Lippen und stimmte pfeifend einen Lovesong ihrer Lieblings-Band an. Valentina donnerte ihm die Einkaufstüte auf den Rücken.
    Phil lachte. „Willst du Isolde Ketchup mitbringen?“ In einer theatralischen Geste der Abwehr hielt er die Hände vor den Körper und rettete sich in einen Nebengang.
    An den Dienstagen war der Markt immer besonders belebt, da neben den festen Ständen auch die Bauern der Umgebung ihre Waren anboten. Der Duft von Rosmarin und Thymian konkurrierte mit dem von Käse und Bienenwachskerzen. Ehepaare, Studenten, Frauen mit Kinderwagen schoben sich durch die Verkaufsgassen. Ein dunkelhaariger Junge drängelte sich durchs Gewühl. Phil musterte ihn, war er der Unglücksrabe von vorhin? Nein, der hier hatte eine blaue Jacke an.
    „Mein Geldbeutel!“ Wie eine Sirene durchschnitt der Entsetzensschrei das Lautgeriesel des Markts und riss seine Aufmerksamkeit zu einer hageren Frau, um die sich sofort Neugierige scharten.
    „Sie sind aber auch leichtsinnig!“, sagte gerade ein Mann in Trachtenjanker und Filzhut, als Phil sich hinzugesellte. „Ihr offener Korb lädt ja

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