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Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
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kannst hierbleiben, kleiner Bruder“, sagte Valentina. „Dorian und ich erledigen das mit Herrn Bozzi.“
    Phil warf ihr einen hintergründigen Blick zu, den er zu ihrer Erleichterung aber nicht kommentierte, trotzdem wurde sie rot. Phil hatte sie durchschaut. Endlich ergab sich eine Gelegenheit, mit Dorian allein zu sein.
    Herr Bozzi wedelte glücklich, als Valentina ihm das Halsband anlegte.
    Vor dem Park war heute ungewohnt viel Verkehr. Autos parkten, ein Lieferwagen rollte langsam durchs Tor.
    „Lass uns hintenrum gehen, da können wir sehen, wie sie alles fürs Johannisfest herrichten“, sagte Valentina und dachte, wie wenig sie sich in diesem Jahr auf das Spektakel freute.
    „Johanni“, wiederholte Dorian dunkel.
    Der sonst so ruhige Parkweg war heute dermaßen befahren, dass sie immer wieder auf die Wiese ausweichen mussten. Dieselruß mengte sich in die grünen Düfte der mittsommerlichen Natur. Das Klopfen von Hämmern und das an- und abschwellende Kreischen elektrischer Sägen geleitete sie zum Festhügel, um den herum fleißige Hände Buden und einen Tanzboden aufbauten. Über allem thronte schon jetzt ein gewaltiger Holzhaufen, dem die Jugendmannschaft der freiwilligen Feuerwehr zu weiterer Höhe verhalf.
    Dorian blieb plötzlich stehen, Trauer überschattete sein Gesicht, seine Lippen bewegten sich stumm.
    „Was ist?“ Valentina streifte scheu seinen Arm.
    Der blonde Junge straffte sich. „Ich sprach ein Ave Maria für die armen Seelen, die zum Gaudium des Pöbels ihr Leben morgen lassen werden.“
    Valentina stutzte einen Moment, dann verstand sie. „Ach so, …“ Sie schüttelte den Kopf. „Das ist kein Scheiterhaufen, um jemanden hinzurichten, das Feuer ist ein Freudenfeuer zur Sonnenwende. Hexenverbrennungen sind zum Glück völlig aus der Mode gekommen. Überhaupt wird hier bei uns niemand mehr mit dem Tode bestraft.“
    Dorian sah sie überrascht an. „Niemand?“
    „Niemand!“
    „Welch wunderliche Zeiten. So ist man rüde im Umgang zwar, doch scheint Justitia sich heutigentags von ihrer milden Seite zu zeigen.“
    Nach einigen Schritten blieb Dorian erneut stehen. Auf seiner hohen Stirn zeichnete sich eine grübelnde Falte. „Was tut man indes, um sich gegen Hexerei zu wappnen?“
    „Hexerei? – Kein Mensch glaubt heute noch an Hexerei.“ Noch während Valentina das sagte, schoss glühend heiß durch ihr Bewusstsein, in welch abgründigem Widerspruch diese dahingesagte Äußerung zu ihrer momentanen Wirklichkeit stand.
    Die Falte auf Dorians Stirn wurde zu einem Canyon.
    „Okay“, sagte Valentina. „Bis vor Kurzem hab ich auch nicht dran geglaubt, aber seit …“
    „Liebste Valentina“, unterbrach sie Dorian. „Man mag den Himmel leugnen und die Hölle und dennoch wirken sie auf uns.“
    Valentina nickte beklommen. Der Baulärm verebbte, indem sie weitergingen, die Parklandschaft gewann ihre gewohnte Beschaulichkeit zurück. Sie befreite Herrn Bozzi von der Leine, zog das Bällchen aus der Jacke und holte aus, ohne zu werfen. „Such!“
    Der kleine Hund rannte ein Stück, bemerkte dann aber, dass sie ihn foppte, und drehte um. Jetzt erst schleuderte Valentina den Ball von sich. Herrn Bozzis Begeisterung für sein unsinniges Tun lenkte seine Zweibeiner etwas von ihren bedrückenden Gedanken ab. Als aber der Hügel mit dem Diana-Tempel auftauchte, warf sich wieder der Schatten dunkler Ahnung über sie.
    Im Gegenlicht der Abendsonne stand der weiße Säulenbau, umkrönt von einer strahlenden Aura, auf der Anhöhe. Ohne Vorankündigung wich Dorian vom Weg ab und ging wie in Trance darauf zu. Valentina folgte ihm still, sie fühlte, dass es ihn vor der großen Herausforderung zum Grab seiner Mutter zog. Selbst Herr Bozzi schien die innere Bewegtheit seiner Freunde zu spüren, denn er trabte, ohne einen neuen Wurf einzufordern, ruhig neben ihnen her.
    Noch immer schweigend erklommen sie schließlich die überwachsenen Stufen des kleinen Tempels. Nichts erinnerte an das wenige Tage zurückliegende Abenteuer. Die Stätte hatte heute nichts Grausiges an sich. Alles war ruhig und friedlich. Meisen zwitscherten. Sanfter Blütenduft umwehte die Säulen. Zitronenfalter tanzten in der späten Sonne. Verwunschen, dachte Valentina. Ein verwunschener Ort. Dorian ging auf das verschlossene Tor zu und legte die Stirn an das verwitterte Türblatt, eine Strähne fiel ihm über die Schläfe, er beachtete sie nicht. Reglos, mit geschlossenen Augen, blieb er stehen. Valentina beobachtete

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