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Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
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Verdammt, er hatte sich total abfertigen lassen. Aber was hätte er tun sollen? Der Messertyp war keiner, mit dem sich diskutieren ließ.
    Herr Bozzi hatte das Bellen eingestellt. Er hielt fragend den Kopf schief, als wolle er sagen: Das lässt du dir gefallen?
    „Wow“, sagte Phil. „Gegen den kommen wir zwei nicht an.“
    Er wollte den Schauplatz seiner Niederlage gerade verlassen, als im Inneren des Wagens eine männliche Stimme losdröhnte. Eine Kinderstimme heulte etwas in einer Sprache, die Phil nicht verstand. Dann hörte er die unmissverständlichen Geräusche von Schlägen und das Geschrei eines Jungen. Phil trat den Heimweg an. Nachdenklich, betroffen. Der kleine Satansbraten hatte seine wohlverdiente Strafe bekommen. Aber er fühlte keine Genugtuung. Nur Mitleid.

K APITEL 21
    V alentina und Dorian musizierten noch, als Phil die Diele betrat. Vertieft in ihr gemeinsames Tun, nahm keiner von ihnen Notiz von ihm, bis er in die Hände klatschte. „Bravo!“
    Zwei Köpfe fuhren hoch.
    „Ach du Schande!“ Valentina sprang auf und lief auf ihn zu. „Was ist denn passiert? Du siehst ja furchtbar aus!“
    Phil wischte sich über die Nase. „Schweinerei!“, sagte er und rieb die blutige Hand am Shirt ab.
    Dorian legte die Geige weg, während Herr Bozzi um seine Beine schwänzelte. „Mon dieu, welches Malheur ist Ihnen widerfahren, lieber Freund?“
    „Dieser kleine Teufelsbraten …“ Mit diesen Worten leitete Phil seinen Bericht ein, der die beiden Daheimgebliebenen in helle Aufregung versetzte.
    „Ich fürchte, Phil hat recht, es ging hundertpro um den Dolch“, sagte Valentina, als ihr Bruder schließlich die Treppe hochging, um sich das Gesicht zu waschen. „Wo… Wolko“, sie schluckte, „er muss den Burschen wieder angeheuert haben.“
    Dorian nickte. „Mich dünkt indes, dieser Furunkulus steht heute unter Aufsicht, sodass wir nichts befürchten müssen.“
    „Der Typ mit dem Messer muss ihn ordentlich in die Mangel genommen haben“, sagte Valentina. „Anscheinend war der Knilch auf eigene Faust unterwegs. Aber was für ein Zufall, dass die Bande ausgerechnet hier in der Nähe ist!“
    „Von ungefähr ist diese Chose nicht“, sagte Dorian kopfschüttelnd. „Es rüsten sich die Kräfte beider Seiten. Das Schicksal würfelt nicht.“
    Phil lief eben die Treppe hinunter, als Isolde zurückkam.
    Das blutverschmierte T-Shirt ihres Enkels ließ sie aufschrecken. „Du heiliger Bimbam!“
    „Nasenbluten“, sagte Phil. „Halb so wild!“
    „Sieht ja martialisch aus! Wirf das Ding nachher gleich in die Waschmaschine!“ Sie bückte sich, um Herrn Bozzi zu begrüßen. „Na, du Bestie!“ Kopfschüttelnd erhob sie sich wieder. „Wenn Ursula nur halb so viel Respekt vor zweibeinigen Hunden hätte …“
    Valentina grinste. „Ist es wieder mal so weit?“ Es war nicht das erste Mal, dass Ursula auf einen Mann hereingefallen war, sie hatte ein sicheres Händchen im Danebengreifen.
    „Land unter“, sagte ihre Großmutter. „Sie ist völlig durch den Wind. Der Mann muss sie angepumpt haben, und kaum hatte er ihr Geld: finito l'amore, Kuss und Schluss – und weg war er.“
    Phil verzog den Mund. „Wo sie diese Typen nur immer auftreibt.“
    „Internet“, sagte Isolde. „Man sollte ihr den PC wegnehmen. Sie ist dermaßen gutgläubig. Jedenfalls zerfließt sie mal wieder in Herzschmerz. Ich hab sie für morgen eingeladen, sie will sich mal richtig ausquatschen, danach gehen wir zusammen zum Johannisfeuer. Sie braucht Ablenkung, außerdem wird Karl dort sein, vielleicht kann er sie zu einer Therapie überreden.“ Isolde gähnte. „Leute, ich muss ins Bett.“
    Gehauchtes Silberlicht verzauberte den Raum, als Valentina an diesem Abend ihr Zimmer betrat. Sie ging zum Fenster und blickte zum Himmel. Der Mond. Nur noch ein schmaler Streifen fehlte zum vollen Rund. Was würde morgen um diese Zeit sein? Jetzt, da sie allein war, stiegen aus dem Abgrund ihrer Seele die schwarzen Nebel der Angst. Der Werwolf aus dem Traum gerann im Spiegel der Scheibe zu einer bedrohlichen Vision. Sie schloss die Augen. Was hatten sie so einem Monster entgegenzusetzen? Konnte der Diana-Orden Dorian wirklich schützen? Warum hatte man dann nicht verhindern können, dass ihm das Amulett gestohlen wurde? Wenn das Schicksal nicht würfelte, wie Dorian gesagt hatte, war es dann aufseiten des Bösen? Valentina zog die Vorhänge zu und kroch fröstelnd unter die Decke. Sie versuchte, ihre Gedanken auf etwas Schönes

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