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Der letzte Weynfeldt (German Edition)

Der letzte Weynfeldt (German Edition)

Titel: Der letzte Weynfeldt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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oberster nach Anweisung der Besitzerin geschlossen zu sein hatte, in der Herrenabteilung rumzulungern und – wenn er Glück hatte – einer Rothaarigen dabei zuzuschauen, wie sie auf ganz große Millionenkundin machte.
    Plötzlich wusste er, was sie vorhatte. Sie wollte etwas klauen. Sie benahm sich so auffällig, damit niemand auf die Idee kam, dass sie etwas klauen wollte. Sie hatte vor, ihr Publikum wie eine Zauberkünstlerin abzulenken und – hokuspokus! – etwas verschwinden zu lassen.
    Vielleicht hatte sie es schon getan, und nicht einmal er hatte es gesehen.
    Sie durchsuchte jetzt die Prada-Stange, nahm ein Kleid raus, hängte es zurück oder warf es nachlässig auf den Sessel in der Nähe, der normalerweise den wartenden Herren als Sitzgelegenheit diente.
    Sie nahm das schwarzviolett Changierende heraus und hielt es vor sich hin.
    Zu sackartig, Mädchen, nichts für deine schmalen Hüften. Und zu violett für deine Haarfarbe.
    Das schien auch ihre Meinung zu sein, denn sie hängte es wieder zurück.
    Sie nahm das schlichte Schwarze heraus. Ja, das. Das ist dein Stil, Mädchen.
    Sie ging zurück zum Violetten, nahm es heraus und verglich es mit dem Schwarzen.
    Das Schwarze, das Schwarze. Keine Frage, das Schwarze.
    Aber sie hängte beide wieder an die Stange.
    Oder doch nicht? Sie nahm das Violette wieder heraus, legte es zu den anderen auf dem Stuhl und nahm das ganze Bündel mit in die Kabine.
    Hatte sie nur das Violette genommen? Hatte er nicht für einen Augenblick etwas Schwarzes dahinter hervorblitzen sehen?
    Er lachte in sich hinein. Hokuspokus. Das war der Zaubertrick gewesen. Das schwarze Prada ist verschwindibus. Und keiner hat’s gesehen. Fast keiner. Hut ab.
    Pedroni ging die letzten Stufen hinauf und postierte sich in der Herrenabteilung so, dass er die Kabine im Auge behielt.
    Manon schlich sich an die Kabine heran. Ahnte sie etwas?
    Jetzt ging der Vorhang auf, und die Rothaarige winkte Manon in die Kabine hinein. Ließ sich von ihr mit dem Reißverschluss behilflich sein. Hatte er sich getäuscht, oder besaß die Kleine tatsächlich die Kaltblütigkeit, Manon die Gelegenheit zu geben, sich in der Kabine umzusehen?
    Es war jetzt kurz vor zwölf. Die ersten Mittagspause-Kunden kamen. Pedroni musste einen von ihnen bedienen. Nur noch ab und zu konnte er einen Blick nach unten werfen. Die Rothaarige führte immer noch Modelle vor.
    Als er den Kunden zum Ausgang begleitete – er hatte natürlich nichts gekauft –, kam Manon mit einem Armvoll Kleider aus der Kabine. Drei davon legte sie bei der Kasse beiseite, die anderen hängte sie wieder zurück an die Stange.
    Raffiniert. Die Rothaarige ließ drei Kleider reservieren und gab den Rest zurück. In ein paar Minuten würde sie die von der Verkäuferin persönlich leergeräumte Kabine verlassen.
    Und da kam sie auch schon. Im DKNY -Kostüm von letzter Saison mit einer Prada-Handtasche, die zu klein war für ein Kleid. Es sei denn, es wäre sonst kaum was drin.
    Sie ging mit ihrem etwas übertriebenen Mannequinschritt an der Kasse vorbei, schenkte Manon ein gönnerhaftes Lächeln und steuerte auf den Ausgang zu.
    Jetzt sah er die Gabel beim Ausgang stehen.
    Es mussten schon ganz besondere Kundinnen sein, wenn sich die Chefin bequemte, sie am Ausgang persönlich zu verabschieden. Die Rothaarige gehörte bestimmt nicht zu dieser Kategorie.
    Es würde ihn nicht überraschen, wenn die Gabel sie bitten würde, die Handtasche zu öffnen.

7
     
    »Wenn das Rauchverbot für Restaurants kommt, höre ich auf«, pflegte Nunzio Agustoni zu sagen. »Igge auföre« hieß das mit seinem übertriebenen italienischen Akzent, der zur Ausstattung der Trattoria Agustoni gehörte wie die bauchigen Chiantiflaschen-Kerzenständer und die weißen Papiertischtücher ab Rolle, die für jeden neuen Service frisch aufgespannt wurden. Er hatte, als das Thema nicht mehr zu verdrängen war, ein Nichtrauchertischchen eingerichtet. Zwischen dem Eingang zur Toilette und der Garderobe. Und sich bei seinen Stammgästen mit Gesten und Grimassen lustig gemacht über Gäste, die sich tatsächlich dorthin setzten.
    Das Agustoni gab es schon seit über vierzig Jahren, und in dieser ganzen Zeit war die Speisekarte gleich geblieben. Es gab dort die italienischen Standards – Antipasti, Vitello tonnato, hausgemachte Teigwaren, Manzo, Ossobuco, Piccata Milanese, Bistecca Fiorentina, Pizze, Saltimbocca, Tiramisu, Zabaione, Mascarpone – in immer gleich bleibender Qualität. Die Preise

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