Der letzte Weynfeldt (German Edition)
es, und sie stießen wieder an. »Auf die Vallotton-Millionen.« Wieder gab sie ihm einen nassen Champagnerkuss. Danach fischte sie ein Blätterteiggebäck von einem der Tellerchen. Vorsichtig, damit sie das Arrangement nicht zerstörte. »Wer waren Nummer achtundzwanzig und Nummer dreiunddreißig?«
»Sammler«, antwortete Weynfeldt, »Sammler, die anonym bleiben wollen. Kommt immer wieder vor. Immer öfter.«
»Vier Komma eins«, mampfte sie, »ein ganz schöner Batzen, so anonym.«
»Das ist nur der Hammerpreis«, erklärte Weynfeldt, »dazu kommt dann noch das Aufgeld. Zwanzig Prozent für die ersten sechshunderttausend, macht hundertzwanzig. Zwölf Prozent für den Rest, macht vierhundertzwanzig. Nummer dreiunddreißig hat vier Millionen sechshundertvierzig hingeblättert.«
»Wow! Hast du schon mal so viel Geld auf einem Haufen gesehen? – Natürlich, dumme Frage, du schon.«
»Es ist weniger, als man denkt.«
Lorena fischte sich ein weiteres Gebäck aus Frau Hausers fragiler Konstruktion. »Wie Mikado«, bemerkte sie. »Hast du auch Mikado gespielt?«
»Ich habe Mikado gehasst. Ich war ungeschickt. Bin es immer noch.« Wie zur Illustration dieser Behauptung nahm er ein Gebäck von einem Tellerchen. Aber der Rest des kunstvollen Stapels blieb unversehrt.
»Siehst du«, sagte sie, »du bist es nicht mehr.« Sie nahm auch eines. Die kleine Blätterteigpyramide ihres Tellerchens fiel in sich zusammen. Sie lachte auf. »Dafür bin ich es jetzt.«
Es blieb ihm überlassen, auf das Thema zurückzukommen. Er tat es auf etwas plumpe Art: »Eine Million auf einem Haufen habe ich schon ab und zu gesehen. Das ist nichts.« Er zeigte mit beiden Händen eine kleine Menge an.
»In Tausendern?«
»Natürlich nicht in Zehnern.«
Sie lachte, hielt ihm das Glas hin und schnappte sich ein weiteres Gebäck.
»Willst du mal eine sehen?«
»Eine was?«
»Million.«
Mit einem ungläubigen Lächeln fragte sie: »Wieso? Hast du eine rumliegen?«
»Rumliegen nicht. Aber im Tresor. Zufällig. Willst du sehen?«
»Andere Männer wollen einem Mädchen ihre Briefmarkensammlung zeigen. Du deine Million.«
»Ist nicht meine. Dort.« Er deutete auf den Cuno Amiet.
Lorena ging darauf zu. »Hinter dem Bild hast du einen Tresor? Dort, wo die Einbrecher zuallererst nachschauen?« Ihre Stimme klang amüsiert, aber auch ein wenig aufgeregt. Jetzt stand sie direkt vor dem Bild, hielt es am Rahmen und rüttelte ein wenig. Es öffnete sich wie ein Fensterflügel mit einem kaum hörbaren schnappenden Geräusch. Dahinter kam die graue Tresortür mit dem numerischen Ziffernblock zum Vorschein.
»Null Neun Null Acht Null Sieben.«
»Sagst du mir da die Kombination?«, fragte sie erstaunt.
»Genau.«
»Noch mal. Null Sieben und dann?«
Er diktierte ihr die Kombination noch einmal. »Und jetzt die grüne Taste.«
Ein kurzes Piepsen ertönte, und die Tresortür ließ sich öffnen. Lorenas Hand fasste hinein und kam mit einem Bündel Noten zurück. »Tatsächlich, du bist verrückt.«
»Siehst du, das ist bereits ein Zehntel«, erwiderte er ungerührt. »Weiter.«
Sie holte ein zweites Bündel heraus, und ein drittes. Bei fünf ging sie zu seinem Arbeitstisch, legte sie ab und holte sich den Rest aus dem Tresor. »Das sind aber zwölf«, stellte sie fest und brachte zwei der Bündel zurück.
Weynfeldt schenkte ihr Glas voll und nötigte ihr noch ein weiteres buttriges Blätterteiggebäck auf.
Sie bediente sich und baute die Bündel dann zu verschiedenen Paketen zusammen, bis sie die Formation gefunden hatte, die ihr am kleinsten erschien.
»Das ist ja nichts. Eine Million, das klingt so wahnsinnig. Und dann das. Nichts.« Lorena klang echt enttäuscht. »Wem gehört sie?«
»Einem Kunden. Manchmal läuft noch etwas Bargeld in unserem Geschäft«, log er. Er bot ihr mehr Aperitifgebäck an. Sie bediente sich geistesabwesend.
»Schon verrückt, wie etwas seinen Wert verliert, wenn es in großen Mengen vor dir liegt. Wusste nicht, dass das mit Geld auch passiert.« Sie nahm ein Bündel, schwenkte es in der Luft und sagte: »Hunderttausend? Phh.« Sie ließ es auf den Tisch fallen und nahm sich ein anderes. Sie griff sich eine Note und zupfte sie aus der Banderole. Sie brauchte einige Kraft dazu, aber schließlich hielt sie eine nagelneue Tausendernote zwischen Daumen und Zeigefinger. »Tausend Franken! Das ist eine Menge Geld! Aber eine Million? Das ist wie zu viel Eis als Kind. Es wird dir schlecht davon. Apropos Eis: Wann gibt
Weitere Kostenlose Bücher