Der letzte Wille: Thriller (German Edition)
sie erntete einige Lacher, als sie sich ruckartig wieder aufrichtete.
Sie wusste nicht einmal, wo sie sich hinstellen sollte, doch der Pastor streckte ihr die Hand entgegen und führte sie die gewundene Treppe zur Kanzel hinauf.
Die hölzerne Plattform knarrte unter ihren Füßen, als sie in die erwartungsvollen Gesichter sah. Shug Grant, Keck, JT, Merki, McVie, einundfünfzig Männer, einige davon Arschlöcher, ein paar davon gute Seelen, die meisten beides, je nachdem, worum es gerade ging.
Sie beugte sich zum Mikrofon vor.
»Terry Hewitt war ein Freund von mir.« Die Worte hallten durch die hohle Kirche.
Es war ein seltsames Gefühl, seinen Namen auszusprechen und an irgendetwas anderes als an Pete zu denken. Im Moment war er in Sicherheit und das hier war für Terry. Terry. Terry, der ganz und gar nicht der war, für den sie ihn gehalten hatte. Er war ein ganz normaler Mann, der sein Bestes gegeben und sehr viel Pech gehabt hatte. Doch sie hatte ihn zu ihrem Idol gemacht und ihn dafür gehasst, dass er ihren Vorstellungen nicht entsprach. Sie konnte nicht über diesen Terry sprechen, den wahren Terry, der aus bescheidenen Verhältnissen kam und nirgendwo hingehörte. Sie fing noch einmal von vorne an.
»Terry Hewitt war mein Held. Ich war Aushilfe bei der Daily News und er war Jungreporter. Er hatte eine Lederjacke.« Dafür erntete sie einen weiteren Lacher. »Er lebte alleine.« Falls irgendjemand noch nicht gewusst hatte, dass sie aus einer großen katholischen Familie kam, so wussten sie es spätestens seit ihrem verunglückten Versuch einer Kniebeuge. »Ich wusste damals nicht, weshalb er alleine wohnte, nur dass seine Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. Er hatte es mir erzählt, aber wenn man jung ist, hört man oft nicht richtig zu. Sie starben dreißig Meter vor dem Haus und Terry war als Erster am Unfallort. Er war siebzehn Jahre alt.« Das Pathos des Augenblicks überwältigte sie. Sie hielt inne, schluckte und fasste sich wieder. »Wir verbrachten sehr viel Zeit miteinander, als wir gerade anfingen, beruflich Fuß zu fassen. Na ja, die meisten von Ihnen wissen das«, sie sah wieder auf, »wir waren zusammen. Aber wir sprachen nie über etwas anderes als über unsere Arbeit und was wir damit erreichen wollten. Terry wollte die Welt verändern.«
Sie sah herunter und bemerkte, dass Shug Grant, dem Mann neben sich, etwas zuflüsterte. Beide kicherten und wichen ihren Blicken aus. Wahrscheinlich eine anzügliche Bemerkung über sie, ohne an Terry zu denken oder daran, wer er war und was er im Leben hatte erreichen wollen. Die beiden waren nur dort, weil alle anderen da waren und es hinterher etwas zu trinken geben würde.
»Einige von uns sind hier, weil sie Terry geliebt haben. Einige sind hier, weil sie den Vormittag freibekommen haben.« Nervöses Verlegenheitsgelächter hallte durch die Kirche. Die Anwesenden sahen, dass sie Shug streng anstierte. Sie war bekannt dafür, die Beherrschung zu verlieren und weiter zu gehen, als angebracht schien. Dass sie wütend war, ließ sich kaum übersehen. »Aber ich bin hier, weil Terry für etwas stand. Er hat in größerem Maßstab gearbeitet als die meisten von uns. Er reiste in Kriegsgebiete, Konfliktzonen, berichtete aus aller Welt.«
Paddy spürte, wie die Stimmung sank. Sie wusste, dass sie eine lustige Geschichte erzählen und sich beliebt machen sollte, indem sie die Gemüter aufhellte, aber sie konnte an nichts anderes denken als daran, wie Terry als junger Mann am Ende der Einfahrt seiner Eltern gestanden und zugesehen hatte, wie ein Feuerball den Wagen umhüllte, in dem sie saßen. Und an Pete, der in einem Bett schlief, das sie nie gesehen hatte und vor dessen Zimmertür ein böser Mann stand, während sie selbst kilometerweit weg war.
Die Sicherheitskräfte würden das Ganze unter den Teppich kehren, indem sie hungrigen Journalisten wie Merki Gerüchte und vereinzelte Brocken zuspielten. McBree würde wiederkommen und das nächste Mal würde er ihrem Sohn wehtun, nur um ihr wehzutun. Das Beste war, und das hätte Terry genauso gemacht, sie würde sich selbst zur Zielscheibe machen. Sie weinte jetzt, doch ihre Stimme blieb fest.
»Terry wurde wegen eines Buchs ermordet, an dem er gearbeitet hat. Er wurde spätnachts auf einer dunklen Straße durch einen Schuss in den Hinterkopf hingerichtet. Offiziell heißt es, er sei überfallen worden. Wenn Sie, die Sie hier im Publikum sitzen, die Geschichte glauben, dann ist der
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