Der letzte Wille: Thriller (German Edition)
Journalismus tot. Er wurde von einem Mann namens Martin McBree umgebracht, einem ranghohen irischen Republikaner. Lassen Sie sich von niemandem etwas anderes erzählen.« Eine Welle der Bestürzung rüttelte die Menschen wach. Merki richtete sich auf und versuchte beiläufig zu lachen, aber niemand sah ihn an.
Paddys Stimme wurde schwächer. Sie beugte sich näher ans Mikrofon, um sich Gehör zu verschaffen. »Terry hätte sich hier hingestellt und das gesagt. Wegen ihm war ich stolz, Journalistin zu sein. Er war der Beste.«
Sie trat weinend vom Mikrofon zurück, schämte sich, weil ihre Tränen eigentlich gar nicht Terry galten, und ging von zögerlichem Applaus begleitet zu ihrem Platz zurück.
Ein Mann in einem khakifarbenen Jackett stand in der Bankreihe hinter ihr auf und nahm mit ausführlichen Notizen in der Hand ihren Platz auf der Kanzel ein.
McVie beugte sich zu ihr hinüber, sprach seitlich aus dem Mundwinkel. »Was zum Teufel sollte das? Hättest du uns nicht ein bisschen aufmuntern können.«
Sie boxte ihm kraftlos in die Rippen.
»Nein«, flüsterte er schnell und reichte ihr sein Taschentuch. »Das war gut. Richtig gut. Ganz nach Terrys Geschmack.«
Der khakifarbene Mann war eigens aus London angereist. Sein Akzent klang vornehm und nach Privatschule, weshalb ihn jeder sofort hasste. Er behauptete, ein sehr guter Freund von Terry gewesen zu sein. Er bezog sich auf Paddys Rede und erklärte, er habe gemeinsam mit Terry ›in größerem Maßstab‹ gearbeitet und aus aller Welt berichtet, was sämtliche Vorurteile des Publikums bestätigte. Dann erzählte er eine Reihe von Geschichten, die er und Terry bei bedeutenden weltgeschichtlichen Ereignissen in Gaza und dann im Libanon erlebt hatten. Anscheinend ging es ihm vor allem darum, damit zu prahlen, dass er dort gewesen war und mit seinem Bericht schneller fertig geworden war als Terry, der sich angeblich immer schwer damit getan habe, etwas zu Papier zu bringen. Dann ließ er in Form einer grässlichen Anspielung durchblicken, Terry habe mit einer dicken Frau Sex gehabt, während deren Kinder im angrenzenden Zimmer hatten warten müssen. Als er von der Kanzel stieg, blieb das Publikum auf eine Weise mucksmäuschenstill, die man im Glasgow Empire Theatre als brutal empfunden hätte.
Zwei oder drei weitere Journalisten versuchten ihr Glück, einer sprach über Terrys Trinkfestigkeit, ein anderer erzählte die Geschichte, wie er mit ihm gemeinsam einen Fall von Korruption auf der Hunderennbahn hatte aufdecken wollen und zu diesem Zweck versucht hatte, die Urinprobe eines Hundes zu entwenden. Die Geschichte kam sehr gut an.
McVie war der Letzte auf der Kanzel. Er schob sich an Paddy vorbei und ließ sich mit dem Aufstieg Zeit, eine Hand ruhte auf jeder Seite des Rednerpults und er sah die Menge von oben herab an, ließ keinen Zweifel daran, dass er nun das Sagen hatte.
Es war eine Tischrede, aber deshalb nicht schlechter. Er machte einige pointierte Bemerkungen über das Wesen des Journalismus und gab drei Witze zum Besten, die angeblich von Terry stammten und von denen keiner besonders witzig war, die McVie aber so gut erzählte, dass das Publikum, das inzwischen nach einer Gelegenheit gierte, endlich zu lachen, völlig aus dem Häuschen geriet.
Er schloss mit einem Appell: Die Verkaufszahlen sanken allerorts, vielleicht würde man sich an Terry Hewitt als letzten Vertreter einer aussterbenden Gattung erinnern. Niemand habe mehr die Mittel, Auslandskorrespondenten zu bezahlen, und Zeitungen liefen Gefahr, zu Kreuzworträtselblättchen und Werbegeschenken zu verkommen. Es sei nun an ihnen, mit Engagement und Hingabe dafür zu sorgen, dass dies nicht geschehe. Dann lud er alle auf einen Umtrunk bei McGrades ein.
Paddy fragte sich, wie man fehlende finanzielle Mittel mit Engagement wettmachen sollte, aber niemand sonst schien sich darüber zu wundern. Die Menge erhob sich, applaudierte ihm, weil er die Feier organisiert und seinen Freund mitgebracht hatte, mindestens ebenso wie zum Dank für seine aufrüttelnden Worte.
McVie ging wieder an seinen Platz. Die Orgel schlug erneut ein paar Töne an und die Kathedrale leerte sich so schnell, als würde sie ausgespült.
Doch Paddy, McVie und Ben blieben sitzen, betrachteten den Ayr-United-Kranz vor dem Altar.
Als das Getümmel hinter ihnen verebbt war, flüsterte Paddy McVie zu: »Inwiefern kann man den Niedergang mit Engagement aufhalten?«
McVie seufzte und sah auf seine Beine herunter, die er
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