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Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Titel: Der letzte Wille: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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zweifacher Aufruf.
    Das war sein Signal. Es war Haversham.
    Callum setzte sich kerzengerade in seinem Bett auf, Schweiß kribbelte auf seinen Schläfen. Haversham arbeitete nicht oft in dem Trakt mit den Einzelzellen, aber wenn, dann immer mit seinem charakteristischen Klopfen, das sie wissen ließ, dass er es war. Er musste nicht fester an die Tür hämmern oder Beschimpfungen durch die Kostklappe flüstern. Er musste nur zweimal sachte klopfen, damit sie die Botschaft verstanden. Ich bin hier, bedeutete es, ich kann euch sehen.
    Haversham hatte Dienst gehabt, als sich ein Gefangener in Einzelhaft die Pulsadern aufgeschlitzt hatte und verblutet war. Gerüchten zufolge hatte er ihn durch den Spion beim Sterben beobachtet und erst Alarm geschlagen, als es bereits zu spät war.
    Die Schritte kamen wieder den Gang zurück und auf Callum zu. Er klopfte an die übernächste Tür. Wenn Callum entlassen würde, käme er in eine Welt voller Havershams. Die kriegen dich. Die Zeitungen verraten ihnen, wo du bist. Sie werden dich in Stücke reißen und niemand wird es ihnen übelnehmen.
    Man kann nicht mehrere Gedanken gleichzeitig denken.
    Callum starrte in das dunstige Licht des frühen Morgens und las noch einmal die an die Wand geschmierten Worte. Harry, ich fick dich. JS+B. John Harrison ist ein Spizel, das fehlende » t« schwebte über dem letzten Wort, war vor Wut tiefer eingekratzt als die restlichen Buchstaben. Abgesehen davon waren die Buchstaben sehr sorgfältig eingeritzt: die »S« perfekt geschwungen. Von Verachtung und dem Bedürfnis angetrieben, der Welt mitzuteilen, was er wusste, hatte sich der Urheber durch fünf Schichten dunkelgrüner Farbe hindurch an der steinharten Wand abgearbeitet. Das Grün war verblichen, wie die Zeit, wie die Erinnerung, alles wurde immer schwächer. Callums eigene Botschaft drang bis auf die Mauersteine durch. Auch er hatte geschwungene Buchstaben eingekratzt.
    Es war ein altes Gefängnis. Viktorianisch. Die Einzelhaftzellen waren klein und noch fieser als die im Haupttrakt, das hatte ihm Mr. Wallace gesagt. Callum war selbst nie im Haupttrakt gewesen. Man hatte ihn die gesamten drei Jahre seines Aufenthalts im Erwachsenengefängnis hier untergebracht, weil es hier, wie Mr. Stritcher gesagt hatte, »vor Irren nur so wimmelt, die sich einen Namen damit machen wollen, dass sie dich umbringen. Dir wehtun. Männer, die nichts mehr zu verlieren haben «, als ob Callum etwas zu verlieren gehabt hätte.
    Er war berühmt und das war immerhin etwas. Nichts Gutes, aber etwas.
    Haversham stand draußen vor der Tür und sah ihn an. Callum hörte ihn atmen. Gehässigkeit klang aus seinen Worten, die gegen das Metall prallten, ein kaltes Zischen durch scharfe Zähne.
    » Du willst uns also verlassen, ja? Glaubst du wirklich, die Mutter des Kleinen wird dich nicht finden? Du Schwein! Denkst du, du kannst hier rausgehen und ein normales Leben führen? «
    Callum stand vom Bett auf und stellte sich mit dem Rücken zur Tür, die zitternden Hände zu Fäusten geballt. Hör nicht hin. Reagier nicht darauf. Wenn du darauf reagierst, dauert es noch länger.
    Man kann nicht mehrere Gedanken gleichzeitig denken.
    Wenn er endlich hier rauskäme, würde er seine Zelle verlassen, durch die Tür und dann links, den Gang entlanggehen, an drei grünen verkratzten Zellentüren vorbei bis zum Ausgang. Elf Schritte.
    Sie würden ihm im Vorbeigehen auf Wiedersehen zurufen, die Männer hinter den verkratzten grünen Türen. Hughie in C3 hatte ein Mädchen vergewaltigt, ein sehr junges Mädchen, aber wenn man ihn kennenlernte, schien er eigentlich ganz nett zu sein. Tam in C2 hatte seine Frau ermordet, weshalb er normalerweise nicht in Einzelhaft sitzen würde, denn der Haupttrakt war voll von Kerlen, die dasselbe getan hatten, aber seine Frau hatte kurz vor der Entbindung gestanden, und die Zeitungen hatten groß darüber berichtet. Und in der letzten Zelle, in C1, saß ein schweigsamer Mann, der die ganze Nacht lang wichste und animalische Geräusche dabei machte, aber niemals etwas sagte, wenn ihn die Schließer anschrien, dass er verdammt nochmal ruhig sein solle. Er würde nicht Auf Wiedersehen sagen. Mr. Wallace meinte, es gehe ihm nicht gut und er sollte eigentlich gar nicht hier sein. Nach allem, was Callum wusste, konnte C1 James sein. James unter falschem Namen. Sie waren während ihrer neunjährigen Haftstrafe strikt getrennt worden, aber vielleicht war das jetzt auch egal, weil James verrückt geworden

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