Der letzte Wille: Thriller (German Edition)
war. Aber es gab nicht so viele Knäste, die die beiden überhaupt aufnehmen konnten.
Die Zeitungen werden deine neue Adresse ausfindig machen. Sie werden sie allen verraten.
An den Zellentüren vorbei. Elf Schritte. Durch die große Tür, die nach innen aufging, hinaus in den Flur, wo die wachhabenden Beamten saßen und Zeitung lasen. Durch die Wände drangen Küchengerüche. Gerüche, die so stark waren, dass man das Gefühl hatte, man könne sie aus der Luft lecken. Weicher Rührkuchen, schwefelige Eier, warmes Hackfleisch, Zwiebeln. Der Aufstand im letzten Jahr war mit Zwiebeln beendet worden. Die Beamten hatten die Männer vom Dach geholt, indem sie unten an der Treppe Zwiebeln brieten und den Geruch nach oben fächerten. Manchmal roch es im Flur angebrannt.
Du Schwein.
Angebranntes roch immer gleich.
Du Schwein, hast ein kleines Kind ermordet.
Sechsundzwanzig Stufen durch den nach Küche riechenden Gang bis zur großen Stahltür, dann raus in den Hof, der helle graue Himmel über ihm. Seine Pupillen schmerzten in dem grellen Licht, das ihn beim Öffnen der Türen traf wie ein Schlag. Schon bald würde er den Himmel ständig über sich haben, seine Augen würden sich anstrengen müssen, sich an die schmerzhafte Helligkeit zu gewöhnen.
Ogilvy? Sie suchen dich schon, sie werden dich finden, werden Fotos von dir machen und sie veröfentlichen.
Der helle Himmel über dem Hof und der Wind, der vom Meer herüberwehte. Trotz der zehn Meter hohen Mauer, die das Gefängnis umgab, gelang es dem salzigen Wind sich hereinzuschleichen, durch die Ecken des Hofes zu wirbeln und das Laub in saubere kleine Haufen an der Mauer zusammenzufegen. Das Meer war direkt hinter der Mauer und in der Luft lag ein bitterer Salzgeschmack, der auf spröden Lippen brannte. Stand man an der Tür zum Hof, traf einen der Wind nur in Kopfhöhe, fuhr einem über den Schädel, aber berührte nicht das Gesicht. Er war eine unsichtbare Hand, die einem durch die Haare wuschelte.
Ogilvy. Ogilvy. Viel Geld wird geboten.
Mehr als alles andere vermisste er es, berührt zu werden. Manchmal zögerte er nach dem Sport an seiner Zellentür, nur damit sie ihn anfassten, ihm eine Hand in den Rücken drückten, seinen Arm berührten oder ihm einen Klaps auf den Hinterkopf gaben. Manche Gefangenen wurden von den Wärtern geschlagen, wenn sie etwas falsch machten, aber Callum war ein Schaf, folgte ihnen still, wohin auch immer sie ihn führten, und sie wussten, was sie von ihm zu erwarten hatten. Er hatte nie den Mumm gehabt, ihnen einen Anlass zu bieten, aber er konnte das Bedürfnis verstehen, sie herauszufordern und geschlagen werden zu wollen, nur der Berührung wegen.
Dein Kumpel James hat vergangenes Jahr ein Auge verloren.
Lügen. Haversham log ständig.
Auf der Krankenstation im Haupthaus. Kam wegen einem schlimmen Bein aus der Einzelhaft, dann hat ihn irgendein Wichser mit einem Bleistift erwischt.
James. Callum sah seine Augen in der Dunkelheit funkeln, der kalte Nachtwind fegte schneidend zwischen ihm und dem Kleinkind durchs Gras. Die Geschichte war so oft erzählt worden, von ihm, für ihn, mit ihm, von den Polizisten, die ihn befragten, den Sozialarbeitern, den Psychiatern, die kamen und gingen, von den Zeitungen. So viele Versionen, er konnte sich nicht mehr daran erinnern, welches die wahre Geschichte war.
James war mein einziger Freund. Der Mann hat uns im Transporter dorthin gefahren, mit dem Kleinen. Wir haben mit Steinen auf den Jungen eingeprügelt und ihn gewürgt, bis er tot war, und dann haben wir ihm Stöcke in den Arsch geschoben, weil wir pervers sind, kapiert? Ich bin ein verdammter, dreckiger Perverser. Wahrscheinlich denke ich daran, wenn ich alleine bin, masturbiere und denke daran.
James war mein einziger Freund. Im Transporter war ich froh, dass es der Junge abgekriegt hat, denn dann wurde ich in Ruhe gelassen. James hat ihn erwürgt und der Kleine hat sich in die Hose gemacht. Ich bin den Hügel hochgerannt, und James hat Sachen mit ihm gemacht. Wir haben mit Steinen auf ihn eingeschlagen, bis er tot war. Schläge sind nichts. Alle schlagen. Gefangene schlagen, Eltern schlagen, Wärter schlagen. Falsch ist nur, wenn ich jemanden schlage. Ich denke nicht daran, wenn ich masturbiere. Ich sehe Frauen vor mir, Körperteile, Titten und Mösen, zusammenhanglose Bilder aus Zeitschriften. Ich brauche nicht viel. Manchmal habe ich Angst davor, dass es Nacht wird, aber eigentlich habe ich seitdem immer Angst.
Ich dachte,
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