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Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Titel: Der letzte Wille: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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ersetzt, die Schrott und Müll in ihren Gärten abluden und sich auf der Straße laut anbrüllten. Angeblich wohnte ein Drogendealer in einem der Häuser zur Hauptstraße hin, aber Paddy vermutete, dass es sich lediglich um junge Leute handelte, die gerne feierten. Wenn sie mehr Geld hätte, würde sie ihrer Mutter sofort einen Umzug ermöglichen.
    Sie hob den rostigen Drahtbügel, der die Gartenpforte am Haus ihrer Mutter verschloss, und trat auf den schmalen Eingangspfad. Die Garage, in der sie früher gesessen und an den weitgereisten Terry gedacht hatte, lag zu ihrer Linken, feuchte grüne Flechten wucherten über die schmalen hohen Fenster. Sie überlegte kurz, ob sie einen Augenblick hineingehen und einen Blick auf die feuchten Kisten und den Stuhl werfen sollte, auf dem sie gesessen und geschrieben hatte, aber sie wusste, sie würde anfangen zu weinen und vielleicht nicht mehr aufhören. Das war die Müdigkeit. Und der Schock. Einen alten Freund tot zu sehen, war einfach ein Schock. Egal, wer es war, es war immer ein Schock, einen Menschen mit einem Loch im Kopf zu sehen.
    Sie steckte den Schlüssel ins Schloss und öffnete so leise wie möglich die Tür.
    Im Haus ihrer Mutter roch es ständig nach Feuchtigkeit und Frischgebackenem, ein Duft, der für sie Sicherheit und Stabilität bedeutete. Der Geruch des Hauses hatte sich seit dem Tod ihres Vaters kein bisschen verändert. Als hätte er selbst zu Lebzeiten überhaupt keine Gerüche abgegeben.
    Sie tauchte ihren Finger in das Weihwasserbecken an der Eingangstür und bekreuzigte sich. Ihre Mutter sah es gern, wenn sie das tat. Obwohl sie mehr als deutlich gemacht hatte, dass sie nicht in die Kirche gehen würde, und auch Pete nicht taufen lassen wollte, betrachtete ihre Mutter das Weihwasserritual als Anzeichen dafür, dass sie eines Tages in den Schoß der Kirche zurückkehren, einem alten Arsch von einem Priester ihre Sünden beichten und akzeptieren würde, dass sie ein schlimmes Mädchen war, über das das Jesuskind bittere Tränen vergoss. Paddy ließ ihre Mutter gerne in dem Glauben. Dass sie sich weigerte, das Abendmahl zu besuchen, und ein außereheliches Kind geboren hatte, war für ihre Mutter bereits schwer genug zu verkraften.
    Paddys Post lag auf dem Fensterbrett für sie bereit. Sie blätterte sie schnell durch: Angebote für Kreditkarten, Werbung, einige Spendenaufrufe und ein unscheinbarer weißer Briefumschlag mit Kaffeeflecken an der oberen Ecke, auf dem ihr Name und ihre Adresse stand. Sie schob den Finger unter die Lasche und riss ihn auf.
    Ein einzelnes Blatt cremefarbenes Papier lag darin, auf dem handschriftlich geschrieben stand:
    Biete 50 000 für Callum O. exklusiv.
Rufen Sie mich an,
Johnny Mac
    Sie strich mit der Fingerspitze über die Zahl und zerknüllte den Zettel anschließend in ihrer Faust, presste ihn fest zusammen, als könnte sie damit die Worte auswringen, stopfte ihn in die Tasche und stieg die Treppe hoch. Sie würde versuchen, vor der Messe noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen.
    Oben am Treppenabsatz blieb sie stehen und horchte. Noch war niemand aufgestanden. Allein in der Stille des Morgens spürte sie die Atmenden hinter den Türen mehr, als dass sie sie hörte. Vor ihr lag das alte Schlafzimmer ihrer Eltern. Sie hörte Trishas leises nasales Pfeifen. Zu ihrer Linken befand sich ihr altes Zimmer. BC und Pete teilten es sich jetzt jeden Samstag, übernahmen die Betten, die sie und Mary Ann zurückgelassen hatten. Paddy legte die Hand auf den verkratzten eierförmigen Türgriff aus Holz und drehte ihn leise, öffnete die Tür gerade weit genug, so dass sie den Kopf durch den Spalt schieben und hineinsehen konnte.
    Pete lag zusammengerollt da, die mit einem weißen Laken überschlagene braune Decke schmiegte sich an die Umrisse seines kleinen Körpers, er war so still, dass sie seinen Brustkorb beobachten musste, um ihn atmen zu sehen.
    Sie entspannte sich, lehnte die Wange an die Türkante und schloss die Lider halb über ihren brennenden Augen.
    Sie vergaß Terry, Aoife und den Brief von John Mac. Sie vergaß ihren Job, Burns und Callum Ogilvy. Sie vergaß alles auf der Welt, außer der wesentlichen und wunderbaren Tatsache, dass es ihren Sohn gab: dass er sicher und in ihrer Nähe ein- und ausatmete.

5
Callum
    Ein leises Klopfen an der Tür, zweimal, dann ging der Schließer zur nächsten Zelle, seine Knöchel hämmerten dieselbe Aufforderung gegen den Stahl, dann folgten Schritte, anschließend wieder sein

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