Der letzte Wille: Thriller (German Edition)
erzählt, als Sean und Elaine draußen waren und die Kleinen badeten.
Du warst in Birmingham, sagte sie. Du hast viele Probleme. Sie war winzig, ihre Hände waren so klein, dass sie nicht mal seine Handfläche abdeckten. Alles, was sie tat, war niedlich. Wenn sie Milch über den Boden kippte, war das niedlich. Sie lächelte ihn häufig an, ging den anderen mit gutem Beispiel voran. Der Kleine, Cabrini, mochte ihn auch, aber die Atmosphäre war trotzdem gespannt. Elaine war nervös und Sean ließ ihn nie aus den Augen.
Und wer wollte ihnen Vorwürfe machen.
Callum setzte sich im Bett auf und ließ die Füße auf den Boden sinken, hielt den Vorhang mit einem Finger von der Wand weg und beobachtete die vorbeifahrenden Wagen draußen. Er sehnte sich nach der frischen Kälte, die durch das Glas strahlte. Eine Frau ging mit gesenktem Kopf vorbei, die Jeans waren ihr zu eng, man sah alle Speckfalten. Er überlegte, ob er masturbieren sollte, um einschlafen zu können, aber es hätte jemand hereinkommen und ihn erwischen können.
Es war so warm, die Vorhänge, der Teppich und dann war auch noch die Heizung aufgedreht. Er war es gewohnt, dass die Wände um ihn herum Kälte abgaben und er sich fest in die Gefängnisdecken hüllen musste, um sich warm zu halten. Er wusste nicht, ob er es in dieser Hitze aushalten würde; er konnte kaum atmen.
Draußen war es dunkel. Auf der anderen Straßenseite in einem Türeingang sah er, wie sich etwas bewegte, und hielt es für eine Ratte. Ein paar Ratten, aber sie glänzten im orangefarbenen Straßenlicht. Füße.
Ein paar Füße versteckten sich in dem dunklen Eingang, traten auf und ab, um warm zu bleiben. Jemand beobachtete die Straße.
Schweiß kribbelte Callum im Nacken. Seine Finger zitterten, sodass der Vorhang bebte. Er ließ die Hand sinken, blieb aber, wo er war, in der Falle, den Tränen nahe, von panischer Angst erfüllt und alleine.
Er saß die ganze Nacht dort, schlief immer nur kurz und nervös mit dem Kopf an die Wand gelehnt, sehnte sich nach der Kälte, die von draußen in die enge, kleine Wohnung drang.
15
Musik am Morgen
I
Der Morgen war hell und freundlich, als Paddy mit Pete um die Ecke bog. Auf der Straße wimmelte es vor kleinen Kindern in roten T-Shirts und grauen Röcken oder Hosen, alle bereit für das neue Schuljahr. Die Kinder stammten aus einem armen Einzugsgebiet und die Uniform beschränkte sich auf das Nötigste.
Es war eine altmodische Grundschule, der Spielplatz war durch einen Zaun von der Straße getrennt und das hohe Gebäude schlang sich u-förmig darum. Die beiden Eingänge befanden sich an gegenüberliegenden Seiten und darüber stand jeweils in Stein gemeißelt »Mädchen« und »Jungen«.
Pete blieb wie angewurzelt stehen. »Mum! Meine Sportsachen!«
Paddy klopfte ihm auf den Rucksack. »Alles hier drin.«
Er gab ein lustig übertriebenes Geräusch der Erleichterung von sich, zeichnete mit einer Kopfbewegung eine liegende Acht, sodass die feinen Haare in seinem Nacken sichtbar wurden, wie bei Terry. Sie überlegte, ob sie ihn nehmen und zurück zum Wagen laufen sollte. Sie könnte in der Schule anrufen. Behaupten, er habe eine Erkältung. Auf diese Weise könnte sie jeden Tag ihren Ängsten nachgeben und ihn unter dem Bett verstecken, bis er achtzehn war.
Ein junger Mann in einem schwarzen Trainingsanzug reihte sich vor ihnen ein, überquerte die Straße bis zum Zaun, presste sein Gesicht dagegen und suchte nach einem Kind.
Im Hof wies Miss MacDonald, die blonde Lehrerin, die Kinder an, sich nach Altersgruppen sortiert in Reihen aufzustellen, bereit für das Abzählen und den Eintritt ins Schulgebäude. Draußen auf der Straße standen die Eltern nebeneinander am Zaun und starrten die Kinder im Hof an, die ihre neuesten Spielsachen herumzeigten und sich in Grüppchen zusammenschlossen, um für den neuen Tag gewappnet zu sein, oder sich innerhalb des eingeschränkten Umkreises der Gruppe, die Miss MacDonald ihnen zugewiesen hatte, gegenseitig jagten.
Plötzlich machte sich Pete von Paddys Hand los und schoss auf die Straße hinaus. Sie sprang ihm hinterher, packte ihn fest und drehte ihn so ungestüm zu sich, dass er beinahe hingefallen wäre.
»Mum!« Er sah zu ihr auf, den Mund offen vor Schreck.
Sie sah sich selbst, wie sie sich an ihn klammerte, um ihre eigene Unsicherheit zu überspielen und ihn damit um sein eigenes Leben brachte. Sie strich ihm mit der Hand über das Haar und wich seinem Blick aus. »Was hab ich dir
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