Der letzte Wille: Thriller (German Edition)
mich anrufen müssen.«
»Sie kommen mit uns, Miss Meehan«, sagte der ältere Beamte mit größter Genugtuung. »DI Garrett möchte mit Ihnen in der Peel Street sprechen.«
Draußen sah Paddy, dass die Polizisten keine große Mühe gehabt hatten, einen Parkplatz für ihren Streifenwagen zu finden. Sie hatten zwischen zwei Reihen geparkter Wagen gehalten, waren ausgestiegen und jetzt waren sie zwischen anderen Fahrzeugen eingeklemmt. Der Beamte, der die Mappe in den Fingern hatte, konnte kaum die hintere Tür für sie öffnen.
»Aber ich hab einen eigenen Wagen«, protestierte sie.
»Nein«, sagte sein Freund, »Sie dürfen nicht mit dem eigenen Wagen zum Revier fahren.« Vermutlich wollte er nicht, dass sie selbst fuhr, damit sie nicht irgendwo abbog und sich verpisste. Genauso wenig würde er sich damit einverstanden erklären, dass sein Partner sie begleitete und er den Streifenwagen fuhr.
»Beweissicherung«, sagte sie und teilte ihnen auf diese Weise mit, dass sie verstanden hatte. Sollte sie plötzlich gestehen, Kevin überfallen zu haben, wäre ihre Aussage vor Gericht nur verwertbar, wenn ein zweiter Beamter Zeuge des Geständnisses war. Er antwortete nicht. »Dann bin ich also verdächtig?«
»Er hatte einen Schlaganfall.«
»Wenn ich verdächtigt werde, dann sollten Sie mich über meine Rechte belehren.«
Aber er wollte sie weder verhaften noch gehen lassen.
»Kann ich etwas aus dem Kofferraum meines Wagens holen?«
Sie sahen einander an und sagten Nein.
»Es ist eine Mappe wie die oben, aber mit dem Foto, von dem ich Ihnen erzählt habe.« Sie übergab ihnen die Schlüssel. »Sie holen sie.«
Gemeinsam gingen sie an die Ecke und fanden dort ihren Wagen unerlaubt auf dem Bordstein stehen.
»Das ist verkehrswidrig. Hier dürfen Sie nicht parken. Sie werden abgeschleppt.«
Vielleicht war es der Schock oder die Sorge, oder einfach nur der kaltblütige Diensteifer der Beamten, der Paddy vor Wut zittern ließ. »Passen Sie auf, ich habe mir Sorgen um Kevin gemacht und nur kurz angehalten, um hochzurennen und an die Tür zu klopfen. Ich wusste nicht, dass ich volle anderthalb Stunden dort würde herumstehen müssen.«
Sie blieben ungerührt. »Sie müssen den Wagen trotzdem entfernen. Was, wenn ein Feuerwehrwagen hier vorbeimuss?«
»Der Krankenwagen ist auch durchgekommen, oder?«
»Löschzüge sind breiter.«
Sie sahen, dass sie vorwurfsvoll auf den Streifenwagen blickte. Er blockierte die gesamte Straße.
»Wir dürfen das«, sagte der jüngere Beamte spöttisch, »weil wir in Polizeiangelegenheiten unterwegs sind. Sie müssen Ihren Wagen umparken.«
»Wohin denn? Hier ist kein Platz.«
»Stellen Sie ihn da hinten in den Wendehammer.«
Sie warf die Hände in die Luft. »Schön«, sagte sie laut, »wunderbar, dann park ich eben verdammt noch mal um.«
Sie gaben ihr die Schlüssel, sie stieg ein, schloss die Tür und ließ den Motor an. Sie legte den ersten Gang ein, warf den Beamten noch ein stummes »Fickt euch« entgegen und raste in ihrem Volvo davon, direkt auf die Hauptstraße zu.
Die Beamten würden mindestens fünfzehn Minuten brauchen, bis sie ihr Fahrzeug aus dem Wagengewühl befreit hatten.
II
Das West End war das Studentenviertel der Stadt und in jedem zweiten Laden, egal ob es sich um eine Reinigung oder einen Zeitungskiosk handelte, stand ein Fotokopierer.
Sie hielt an einem Zeitungsladen in der Nähe ihrer Wohnung und öffnete den Kofferraum, kramte in der Mappe herum, zog das Foto der schwarzen Frau heraus und rollte es zusammen, bevor sie den Kofferraum wieder schloss und hineinging.
Ein handgeschriebenes Schild an der Tür verkündete, dass jeweils nur zwei Schulkinder gleichzeitig im Laden geduldet wurden. Drinnen sah sie weshalb: Es war ein Paradies für Ladendiebe. Chips und Süßigkeiten standen in Kisten an der Tür, die Zeitschriften lagen in einer uneinsehbaren Ecke am Ausgang und billiges Spielzeug stapelte sich auf einem Regal in Ellbogenhöhe von Kindern. Paddy trat ein, und die Frau hinter dem Ladentisch richtete sich nervös auf, als würde sie erwarten, schon wieder überfallen zu werden.
Paddy erkannte an dem Schmutzkreis, der die Starttaste umgab, dass der Fotokopierer häufig benutzt wurde. Sie machte drei Schwarz-Weiß-Kopien, verschob das Bild, um Collins’ Gesicht in die Mitte zu bekommen, machte dann noch eine vergrößerte und eine farbige Kopie, die allerdings nicht sehr gut gelang. Im Hintergrund gab es ohnehin kaum Farbe, dafür strahlte
Weitere Kostenlose Bücher