Der letzte Winter
der neuen Zeit zusammen. Heutzutage war das weiche, beruhigende Licht der alten Lampen nur noch Erinnerung.
In den beiden Mordfällen hatte die Spurensicherung die Untersuchungen der Wohnflächen, insbesondere der Schlafzimmer, abgeschlossen, soweit er informiert war. Eingangsbereich, Ausgang, Fingerabdrücke. Waffen, falls man das Kissen dazuzählte, oder die Kissen. Aber aus seinem Blickwinkel war ein Kissen so gut wie wertlos. Blutvorkommen. Ein dämliches Wort. Es gab viele dämliche Wörter in diesem Job. Keine anderen Fingerabdrücke als die des Mannes und der Frau. Keine anderen Spuren als seine und ihre auf den Flächen um das Bett herum, in keiner der beiden Wohnungen.
Noch kein Geständnis, soweit er gehört hatte. Vielleicht war es der Schock. Der traf auch die Betroffenen. Auch ein Totschläger hatte vielleicht Gefühle, aber sicher war es nicht. Ein Mörder. Ein Soziopath vergoss häufig Tränen über das, was er getan hatte, aber nur kurze Zeit, solange die Erinnerung anhielt. Diese beiden Männer hatten vielleicht schon alles vergessen. Sie würden nie gestehen. Wie soll man etwas gestehen, von dem man weiß , dass man es nicht getan hat? Deswegen musste man nicht unbedingt verrückt sein. Es gab Schuldige, die nie gestanden, es war eine Frage des Prinzips, unabhängig von Beweisen. Erneut studierte Öberg die Fotos, nahm sie in die Hand, legte sie wieder hin. Irgendetwas störte ihn auf diesen Bildern, aber er konnte nicht sagen, was es war. Es waren normale Bilder von einem Tatort. Normale Bilder in seiner Welt. Er legte sie zurück auf den Schreibtisch. Wenn diese Kerle doch bloß gestehen würden, damit ich mir das hier nicht mehr anschauen muss. Es gibt anderes, das ich anschauen möchte. Er stand auf.
Als er auf dem Flur war, hörte er das Telefon in seinem Büro klingeln. Er kehrte um und hob ab.
»Ich bin’s nur«, sagte Mogens.
»Doch nicht nur , Bent.«
»Du wolltest mich sprechen.«
»Ja. Da ist etwas auf den Fotos von den Zimmern, das ich nicht begreifen kann«, sagte Öberg.
»Was?«
»Ich sag doch, ich komme nicht dahinter.« Öberg machte eine Pause. Er stand am Schreibtisch. Im Zimmer war es halbdunkel, als würde es draußen dämmern. Aber es war keine Dämmerung. Es war mitten am Tag, fünf Minuten nach zwölf. Jetzt begann die Jahreszeit, in der viele arme Tröpfe eine Lichttherapie brauchten. Er war einer von ihnen. »Sie sehen sich zu ähnlich.«
»Die Zimmer? Die Verbrechen?«
»Beides. Aber ich weiß nicht recht, worauf ich den Finger legen soll.«
»Nein.«
»Aber das ist ja eigentlich auch nicht mein Job. Tja, das Beste für alle wären wohl Geständnisse.«
»Ich habe mit der Mutter des Mädchens gesprochen«, sagte Mogens. »Glorias Mutter. Sie war nicht überrascht.«
»Überrascht wovon?«
»Dass es passiert ist. Dass er sie umgebracht hat.«
»Dann hätte sie doch längst Alarm schlagen sollen.«
»Es wirkte eher so, als sei sie nicht überrascht, dass Erik Lentner zu so einer Tat fähig ist.«
»Warum war sie nicht überrascht?«
»Sie sagte, er habe Gloria grausam behandelt. Den Ausdruck hat sie benutzt. Grausam.«
»Hat er sie geschlagen?«
»Die Mutter glaubt es.«
»Sie glaubt es? Was hat ihr die Tochter erzählt?«
»Nichts.«
»Der Gerichtsmediziner hat keine Spuren von Misshandlung an ihrem Körper gefunden.«
»Nein.«
»Aber man kann ja auch auf andere Art und Weise grausam handeln. Was sagt er selber?«
»Edlund hat ihn nach ihrem Verhältnis ausgefragt. Wenn wir Lentner glauben wollen, war es der reinste Garten Eden.«
»Hm. Aber Eden ist zur Hölle gefahren, oder?«
Winter und Ringmar warteten auf ihren Stammtisch bei Ahlströms . Zwei ältere Frauen hatten ihre Muffins verzehrt und waren gerade bei der zweiten Tasse Kaffee angelangt. Winter und Ringmar versuchten, sich so diskret wie möglich zu verhalten, während sie warteten.
»Ist das zwanghaft?«, sagte Ringmar. »Dass wir in diesem Café immer am selben Tisch sitzen müssen?«
»Ja.«
»Woher kommt so was?«
»Macht der Gewohnheit. Die ist stark. Und ohne sie sind wir gar nichts.«
Die Frauen hatten sich erhoben. Ein Rentnerehepaar, das wie aus dem Nichts auftauchte, war auf dem Weg zu dem Tisch. Sie hatten ihn fast erreicht. Ringmar reagierte schnell. Er durchquerte den Raum und zeigte seinen Dienstausweis.
»Entschuldigung«, sagte er.
»Wird es gleich knallen?«, fragte die Frau. Sie sah aus wie Ringmars Großmutter.
»Wir wissen es nicht«, sagte
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