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Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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die Tasche. »Das eigene Kind.« Tränen liefen ihr über die Wangen. »Gloria … war unser einziges Kind. Was … was … Warum sie? Warum?«
    »Wir wissen noch nichts Genaueres«, antwortete Mogens.
    »Was wissen Sie nicht?«
    »Wir wissen nicht, wie es sich abgespielt hat.« Mogens begegnete ihrem Blick. Dann schaute sie in ihren Schoß. Sie mochte um die fünfzig sein, vielleicht etwas älter. Ihr Gesicht war ein wenig rundlich, aber nicht füllig. Mogens erkannte die Tochter in ihren Zügen. »Oder warum.«
    »Wir haben noch nicht mit Mats und Ann gesprochen«, sagte sie. »Wir haben sie noch nicht getroffen, wollten sie nicht treffen.«
    »Wie bitte?«
    »Mats und Ann, Eriks Eltern. Wir … es ist unmöglich, ihnen zu begegnen. Das übersteigt unsere Kräfte.« Sie sah auf. »Haben Sie mit ihnen gesprochen?«
    »Ja, gestern, ganz kurz.«
    »Sind die beiden gestern aus Spanien zurückgekommen?«
    »Ich glaube, ja«, sagte Mogens. »Oder vorgestern.«
    »Wir haben unser Haus verkauft«, sagte sie rasch, als wollte sie so schnell wie möglich etwas Unangenehmes loswerden.
    Vielleicht Erinnerungen, dachte Mogens.
    »Wir haben das Haus verkauft«, wiederholte sie. »Wir haben uns dort nicht mehr wohl gefühlt.«
    »Warum haben Sie sich nicht mehr wohl gefühlt?«
    »Das … ich weiß es nicht. Wir hatten wahrscheinlich Heimweh. Da unten war man letzten Endes doch nicht richtig zu Hause. Es ist nie ein Zuhause geworden.«
    »Kannten Sie die Familie Lentner?«
    »Ja.«
    »Aus Spanien?«
    »Ja.«
    »Kannten Erik und Gloria sich schon lange?«
    »Seit sie Kinder waren«, antwortete sie rasch und brach wieder in Tränen aus. »O… oder Jugendliche. Seit wir nach Spanien gezogen sind.«
    Mogens dachte an Spanien. Costa del Sol. Dort war er noch nie gewesen. In dieser Ermittlung hatte es den Anschein, als wären alle dort gewesen, hätten in Spanien gewohnt, gelebt. Aber niemand von ihnen war dort gestorben. Zwei Frauen waren hier gestorben. Konnte man behaupten, sie kämen aus Spanien?
    Hatten sie einander gekannt? Madeleine Holst und Gloria Carlix?
    »Kannten Sie Madeleine?«, fragte er.
    Sie hatte das Taschentuch wieder hervorgenommen und schaute hoch. »Wen?«
    »Madeleine Holst. Ein anderes Mädchen, das ebenfalls ermordet wurde. Durch ihre Eltern hatte auch sie Verbindung zu Spanien. Costa del Sol.«
    »Holst? Ja, es gab … der Name kommt mir bekannt vor. Holst … aber ich bin nicht sicher.«
    »Annika und Peder Holst«, sagte Mogens. »So heißen ihre Eltern.«
    »Haben die da unten ein Haus?«
    »Ja, an der Costa del Sol. Nueva Andalucia, in der Nähe von Marbella.«
    »Ich weiß.« Sie schnäuzte sich wieder. »Wir könnten ihnen bei irgendeiner Veranstaltung begegnet sein. Vielleicht in Fuengirola. Vielleicht in Verbindung mit der Kirche.« Sie weinte jetzt heftig, lauter als vorher, es musste bis in den Korridor zu hören sein, durchs ganze Haus. Es war nicht das erste Mal. Mit trauernden Angehörigen umzugehen gehörte zu ihrem Job. Das Präsidium war manchmal das reinste Beerdigungsinstitut.
    »Stig und Linnea Barkner?«, fragte Mogens.
    »Wie bitte?«
    »Stig und Linnea Barkner sind Martin Barkners Eltern. Der junge Mann, der mit Madeleine zusammengelebt hat.«
    »Der sie umgebracht hat?«, fragte sie. Plötzlich war ihre Stimme kräftiger, kühler. »Er hat sie doch umgebracht?«, wiederholte sie.
    »Wir wissen es noch nicht«, antwortete Mogens.
    »Genau wie bei Erik?« Sie wirkte jetzt auch stärker, als hätte sie sich mit der Realität abgefunden. Das Taschentuch war verschwunden. Sie sah aus, als hätte sie es auf den Fußboden geworfen und sich abgefunden. »Hat er gestanden? Hat er gesagt, dass er es war?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Mogens.
    »Aber er war es doch, oder?«
    »Noch können wir nicht behaupten, dass wir es glauben. Im Augenblick vermeiden wir, irgendetwas zu glauben. Noch vernehmen wir ihn.«
    »Warum glauben Sie nicht, dass er der Täter ist? Liegt das nicht auf der Hand?!«
    »Darüber möchte ich jetzt und hier nicht diskutieren«, erwiderte Mogens.
    »Gott«, sagte sie dann etwas leiser, »es ist … Ich wusste es. Ich wusste, dass es passieren würde.«
    »Was haben Sie gesagt?« Mogens beugte sich vor. »Wie meinen Sie das?«
    »Ich wusste, dass er es tun würde.«
    »Herman Schiöld«, sagte Susanna Jax. »Er meinte, in der Nacht Schritte im Treppenhaus gehört zu haben.«
    »Um wie viel Uhr?«, fragte Mogens.
    »Er hat nicht auf

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