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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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»Frau Yennefer! Ich komme in Frieden, ohne böse Absicht!«
    Von der Treppe her erklang Fußgetrappel, in der Tür des Schlafzimmers tauchten die Gestalten der Diener auf. »Frau Yennefer!«
    »Geht weg«, befahl ihnen die Zauberin ruhig. »Ich brauche euch nicht mehr. Ihr werdet dafür bezahlt, dass ihr das Haus hütet. Da diese Person aber dennoch hier hereingelangen konnte, werde ich mich selbst mit ihr befassen. Teilt das Herrn Berrant mit. Und für mich soll bitte ein Bad bereitet werden.«
    Der Hexer stand mit Mühe auf. Yennefer betrachtete ihn schweigend mit zusammengekniffenen Augen.
    »Du hast meinen Spruch abgewehrt«, sagte sie schließlich. »Du bist kein Zauberer, das sieht man. Aber du hast ungewöhnlich schnell reagiert. Sag, wer du bist, Unbekannter, der du in Frieden kommst. Und ich rate dir, sag es schnell.«
    »Ich bin Geralt von Riva. Ein Hexer.«
    Yennefer beugte sich aus dem Bett und hielt sich dabei an einem in den Pfosten geschnitzten Faun fest, an einem zum Festhalten nicht übel geeigneten Körperteil. Ohne Geralt aus den Augen zu lassen, hob sie einen Mantel mit Pelzbesatz vom Boden auf. Sie wickelte ihn eng um sich und stand auf. Ohne Eile goss sie sich noch einen Becher Saft ein, trank ihn in einem Zug leer, räusperte sich, kam näher. Geralt rieb sich ein wenig das Kreuz, das eben noch schmerzhaft mit der Wand in Berührung gekommen war.
    »Geralt von Riva«, wiederholte die Zauberin und musterte ihn zwischen den schwarzen Wimpern hindurch. »Wie bist du hereingekommen? Und zu welchem Zweck? Berrant, hoffe ich, hast du kein Leid getan?«
    »Nein. Das nicht. Frau Yennefer, ich brauche deine Hilfe.«
    »Ein Hexer«, murmelte sie, während sie noch näher kam und den Mantel eng um sich zog. »Nicht nur der erste, den ich aus der Nähe zu Gesicht bekomme, sondern gleich der berühmte Weiße Wolf. Ich habe einiges von dir gehört.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    »Ich weiß nicht, was du dir vorstellst.« Sie gähnte und kam noch näher. »Du erlaubst?« Sie berührte mit der Hand seine Wange, blickte ihm aus nächster Nähe in die Augen. Er biss die Zähne zusammen. »Die Pupille passt sich reflektorisch dem Licht an, oder kannst du sie willkürlich verengen oder weiten?«
    »Yennefer«, sagte er ruhig. »Ich bin den ganzen Tag ohne Halt nach Rinde geritten. Ich habe die halbe Nacht darauf gewartet, dass das Tor geöffnet wurde. Ich habe dem Türhüter eins über den Schädel gegeben, weil er mich nicht hereinlassen wollte. Ich habe dich unhöflich und aufdringlich um Schlaf und Ruhe gebracht. Und das alles, weil mein Freund Hilfe braucht, die nur du ihm geben kannst. Gib sie ihm bitte, und dann können wir, wenn du willst, über Mutationen und Aberrationen reden.«
    Sie trat einen Schritt zurück, verzog unschön den Mund. »Um welche Art Hilfe geht es?«
    »Um eine magische Regeneration verletzter Organe. Gurgel, Kehlkopf und Stimmbänder. Verletzungen von der Art, wie das Scharlachdunkel sie bewirkt. Oder sehr ähnliche.«
    »Ähnliche«, wiederholte sie. »Kurzum, es war nicht das Scharlachdunkel, das deinen Freund verletzt hat. Was also war es? Red schon, so im Morgengrauen aus dem Schlaf gerissen, habe ich weder Kraft noch Lust, dir das Hirn zu sondieren.«
    »Hmm ... Am besten beginne ich von vorn . . .«
    »O nein«, fiel sie ihm ins Wort. »Wenn es derart kompliziert ist, dann gedulde dich noch etwas. Schaler Geschmack im Munde, verhedderte Haare, klebrige Lider und derlei frühmorgendliche Misslichkeiten schränken mein Auffassungsvermögen stark ein. Geh zum Bad in den Keller hinunter. Ich werde gleich dort sein, und dann kannst du mir alles erzählen.«
    »Yennefer, ich möchte nicht aufdringlich sein, aber die Zeit drängt. Mein Freund . . .«
    »Geralt«, unterbrach sie ihn scharf. »Ich bin dir zuliebe aufgestanden, und ich hatte nicht vor, das vor dem Mittagsläuten zu tun. Ich bin bereit, aufs Frühstück zu verzichten. Weißt du warum? Weil du mir den Apfelsaft gebracht hast. Du hattest es eilig, musstest immerzu an die Leiden deines Freundes denken, du bist gewaltsam hier eingedrungen, indem du Leuten eins über den Schädel gegeben hast, und trotzdem hattest du einen Gedanken an eine durstige Frau übrig. Damit hast du mich für dich eingenommen, und es ist nicht ausgeschlossen, dass ich dir helfen werde. Aber auf Wasser und Seife verzichte ich nicht. Geh. Bitte.«
    »Gut.«
    »Geralt.«
    »Ja.« Er blieb an der Schwelle stehen.
    »Nutze die Gelegenheit und nimm

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