Der letzte Wunsch
freundlicheren Ton über. »Jeder Mensch irrt sich mal, auch Hexer irren sich, wie man sieht. Jeder kann einen Fehler machen. Also, wir können aufbrechen. Wo befindet sich dein Kamerad?«
»Hier in Rinde. Im Hause eines gewissen Errdil. Eines Elfen.«
Sie sah ihn sehr aufmerksam an. »Bei Errdil?«, wiederholte sie. »Ich weiß, wer das ist. Wie ich annehme, hält sich dort auch sein Vetter Chireadan auf?«
»Stimmt. Und was . . .«
»Nichts«, unterbrach sie ihn, hob eine Hand, schloss die Augen. Das Medaillon am Halse des Hexers ruckte, die Kette spannte sich.
An der feuchten Wand des Badezimmers flammte eine helle Kontur auf; sie erinnerte an eine Tür, in deren Rahmen sich ein phosphoreszierendes milchiges Nichts ballte.
Der Hexer fluchte leise. Er mochte keine magischen Portale, und ebensowenig eine Reise mit ihrer Hilfe.
»Müssen wir . . .?«, krächzte er. »Es ist nicht weit . . .«
»Ich kann nicht auf den Straßen dieser Stadt gehen«, schnitt sie ihm das Wort ab. »Man mag mich hier nicht, sie können mich beschimpfen, mit Steinen nach mir werfen, womöglich auch mit etwas Schlimmerem. Ein paar Leute ruinieren hier mit Erfolg meinen Ruf und glauben, sie könnten das ungestraft tun. Hab keine Angst, meine Portale sind sicher.«
Geralt war einmal Zeuge gewesen, wie durch ein sicheres Portal die Hälfte eines Passanten geflogen kam. Die andere Hälfte war nie gefunden worden. Und er kannte mehrere Fälle, wo jemand in ein Portal getreten war und man nie wieder von ihm gehört hatte.
Die Zauberin strich zum wiederholten Male das Haar zurecht, befestigte einen perlenbestickten Beutel am Gürtel. Der Beutel sah zu klein aus, als dass mehr als ein bisschen Kleingeld und ein Stück Lippenrouge drin sein konnten, doch Geralt wusste, dass es kein gewöhnlicher Beutel war.
»Umarme mich. Fester, ich bin nicht aus Porzellan. Auf geht’s!«
Das Medaillon begann zu vibrieren, etwas blitzte auf, und plötzlich befand sich Geralt in einem schwarzen Nichts, in durchdringender Kälte. Er sah nichts, hörte nichts, fühlte nichts. Die Kälte war das Einzige, was der Verstand wahrnahm.
Er wollte fluchen, kam aber nicht dazu.
V
»Sie ist jetzt seit einer Stunde da drin.« Chireadan drehte die Sanduhr auf dem Tisch um. »Ich beginne mir Sorgen zu machen. Stand es denn um Rittersporns Kehle derart schlecht? Meinst du nicht, dass wir bei ihnen da oben nachsehen sollten?«
»Sie hat ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, dass sie das nicht will.« Geralt trank den Becher mit Kräutersud aus und verzog ungnädig das Gesicht. Er schätzte und liebte die sesshaften Elfen für ihre Intelligenz, die ruhige Zurückhaltung und den eigenartigen Sinn für Humor, doch ihre Vorlieben in Bezug auf Essen und Trinken verstand und teilte er nicht. »Ich habe nicht vor, sie zu stören, Chireadan. Magie erfordert Zeit. Meinetwegen kann es einen ganzen Tag lang dauern, Hauptsache, Rittersporn wird gesund.«
»Da hast du freilich recht.«
Im Nebenraum ertönten Hammerschläge. Wie sich erwies, wohnte Errdil in einem aufgegebenen Gasthof, den er gekauft hatte, um ihn zu renovieren und gemeinsam mit seiner Frau, einer zurückhaltenden und schweigsamen Elfe, zu führen. Ritter Vratimir, der sich nach der gemeinsam in der Wachstube verbrachten Nacht der Gesellschaft angeschlossen hatte, hatte aus eigenem Antrieb seine Hilfe bei den Reparaturarbeiten angeboten. Gemeinsam mit dem Ehepaar hatte er sich an die Erneuerung der Täfelung gemacht, sobald sich die Verwirrung wegen des plötzlichen und spektakulären Auftauchens des Hexers und Yennefers gelegt hatte, die im Lichtschein des Portals aus der Wand hervorgesprungen waren.
»Ehrlich gesagt«, fuhr Chireadan fort, »ich hatte nicht erwartet, dass du es so leicht schaffen würdest. Yennefer gehört nicht zu den besonders spontanen Personen, wenn es um Hilfeleistung geht. Die Sorgen der Mitmenschen verursachen ihr kein Herzdrücken und bringen sie nicht um den Schlaf. Kurzum, ich habe nicht gehört, dass sie jemals jemandem uneigennützig geholfen hätte. Was mag sie wohl für ein Interesse haben, dir und Rittersporn zu helfen?«
»Übertreibst du nicht?« Der Hexer lächelte. »Auf mich hat sie keinen gar so schlechten Eindruck gemacht. Ihre Überlegenheit kehrt sie freilich gern heraus, aber im Vergleich zu anderen Zauberern, zu dieser ganzen hochnäsigen Bande, ist sie ein Muster an Tugend und ein Ausbund an gutem Willen.«
Chireadan lächelte ebenfalls. »Das ist ungefähr
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