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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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dir das beigebracht, Hexer? Diesen ... Spruch?«
    »Eine gewisse Priesterin aus dem Heiligtum der Huldra. Das ist die geheime Tempelsprache . . .«
    »Geheim, für wen sie geheim sein soll.« Das Handtuch schlug auf den Rand des Bottichs, Wasser spritzte auf den Boden, die Spuren nackter Fußsohlen zeigten die Schritte der Zauberin. »Das war kein Zauberspruch, Geralt. Ich würde dir auch nicht raten, diese Worte in anderen Heiligtümern zu wiederholen.«
    »Wenn es kein Zauberspruch ist, was dann?« Er sah zu, wie zwei schwarze Strümpfe einer nach dem anderen zwei wohlgeformte Beine aus der Luft erstehen ließen.
    »Eine scherzhafte Redensart.« Ein paar enge Kniehosen mit Rüschen spannten sich auf reizvolle Weise über das Nichts. »Allerdings etwas anstößig.«
    Eine weiße Bluse mit einem großen Jabot in Form einer Blüte fuhr herauf und ließ Formen entstehen. Wie der Hexer bemerkte, trug Yennefer keinen Firlefanz aus Fischbein, der für gewöhnlich von Frauen benutzt wurde. Sie hatte es nicht nötig.
    »Was für eine Redensart?«, fragte er.
    »Lassen wir das.«
    Aus einem auf dem Tisch stehenden vierkantigen Kristallfläschchen sprang der Korken heraus. Im Bad breitete sich der Geruch von Flieder und Stachelbeeren aus. Der Korken beschrieb einen Kreisbogen und sprang an seinen Platz zurück. Die Zauberin knöpfte die Manschetten der Bluse zu, zog den Rock hoch und materialisierte sich.
    »Hak mich zu.« Sie wandte ihm den Rücken zu und kämmte sich das Haar mit einem Kamm aus Schildpatt. Wie der Hexer bemerkte, lief der Stiel des Kamms in einen langen und spitzen Dorn aus, der bei Bedarf gut als Stilett dienen konnte.
    Er hakte ihr das Kleid ausgesucht langsam zu, ein Heftel nach dem anderen, und erfreute sich am Duft ihres Haars, das schwarz bis zur Mitte des Rückens herabfiel.
    »Was das Flaschengeschöpf betrifft«, sagte Yennefer, während sie an den Ohren Brillantringe befestigte, »so liegt auf der Hand, dass nicht dein lächerlicher ›Zauberspruch‹ es zur Flucht gezwungen hat. Der Wahrheit näher kommt wohl der Gedanke, dass es seine Wut an deinem Kumpel ausgelassen hat und abgehauen ist, weil es ihm einfach langweilig wurde.«
    »Wahrscheinlich«, stimmte Geralt finster zu. »Denn ich glaube nicht, dass es nach Cidaris geflogen ist, um Valdo Marx den Garaus zu machen.«
    »Wer ist Valdo Marx?«
    »Ein Troubadour, der meinen Kumpel, ebenfalls Dichter und Musikant, für einen dem Geschmack des Pöbels verfallenen Stümper hält.«
    Die Zauberin drehte sich um, ein seltsames Funkeln in den Augen. »Hat es dein Freund etwa geschafft, einen Wunsch auszusprechen?«
    »Sogar zwei. Beide fürchterlich dumm. Warum fragst du? Das ist doch offensichtlich Unsinn, diese Wünsche erfüllenden Genien, D’jinnis, Lampengeister . . .«
    »Offensichtlich Unsinn«, wiederholte Yennefer lächelnd. »Natürlich. Das sind Hirngespinste, sinnlose Ammenmärchen wie alle Legenden, in denen gute Geister und Feen Wünsche erfüllen. Diese Märchen sind von armen Einfaltspinseln erfunden worden, die nicht einmal im Traum hoffen können, ihre zahlreichen Wünsche durch eigenes Tun zu erfüllen. Es freut mich, dass du nicht zu denen gehörst, Geralt von Riva. Darin bist du mir eine verwandte Seele. Wenn ich einen Wunsch habe, dann träume ich nicht, sondern handle. Und ich bekomme immer, was ich will.«
    »Kein Zweifel. Bist du fertig?«
    »Ich bin fertig.« Die Zauberin band die Schuhriemchen zu, stand auf. Sogar mit den Absätzen war sie nicht besonders groß. Sie schüttelte ihre Mähne, die, wie er feststellte, trotz dem gründlichen Kämmen ihre malerische, wilde und lockige Unordnung bewahrt hatte.
    »Ich habe eine Frage, Geralt. Das Siegel, mit dem die Flasche verschlossen war ... Hat dein Freund es immer noch?«
    Der Hexer zögerte. Das Siegel hatte nicht Rittersporn, sondern er selbst, und zwar bei sich. Doch die Erfahrung lehrte, dass man Zauberern nicht zu viel sagen sollte.
    »Hmm ... Ich glaube, ja . . .« So täuschte er sie über den Grund seines Zögerns. »Ja, er hat’s wohl. Und? Ist dieses Siegel wichtig?«
    »Eine merkwürdige Frage«, antwortete sie scharf, »für einen Hexer, einen Spezialisten für übernatürliche Monstrositäten. Für jemanden, der wissen müsste, dass so ein Siegel derart wichtig ist, dass man es nicht anrühren sollte. Und es auch seinem Freunde nicht erlauben.«
    Er biss die Zähne zusammen. Er hatte ins Schwarze getroffen.
    »Nun ja.« Yennefer ging zu einem viel

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