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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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auch ein Bad. Am Geruch erkenne ich nicht nur Rasse und Alter, sondern sogar die Farbe deines Pferdes.«

IV
    Sie kam ins Bad, als Geralt, der nackt in einem kleinen Zuber saß, sich gerade aus einem Kübel mit Wasser übergoss. Er räusperte sich und wandte ihr sittsam den Rücken zu.
    »Genier dich nicht«, sagte sie, während sie einen Armvoll Kleidungsstücke über den Kleiderständer warf. »Ich werde beim Anblick eines nackten Mannes nicht ohnmächtig. Triss Merigold, meine Freundin, pflegt zu sagen: Wenn man einen gesehen hat, hat man alle gesehen.«
    Er stand auf und schlang sich dabei das Handtuch um die Hüften.
    »Eine schöne Narbe.« Yennefer musterte lächelnd seine Brust. »Was war das? Bist du in der Schneidemühle unter eine Säge geraten?«
    Er antwortete nicht.
    Die Zauberin betrachtete ihn weiter, den Kopf kokett geneigt. »Der erste Hexer, den ich mir aus der Nähe ansehen kann, und das splitterfasernackt. Oho!« Sie beugte sich herab, die Ohren gespitzt. »Ich höre dein Herz. Ein sehr langsamer Rhythmus. Kannst du die Adrenalinproduktion beeinflussen? Ach, entschuldige die berufliche Neugier. Du bist anscheinend erstaunlich empfindlich, wenn es um die Eigenschaften deines eigenen Organismus geht. Du bist es gewohnt, diese Eigenschaften mit Worten zu benennen, die mir gar nicht gefallen, und verfällst dabei in einen bitterbösen Spott, der mir noch weniger behagt.«
    Er antwortete nicht.
    »Na, genug davon. Mein Bad wird kalt.« Yennefer machte eine Bewegung, als wolle sie den Umhang abwerfen, hielt inne. »Ich werde baden, und du wirst erzählen. So nutzen wir die Zeit. Aber ... Ich will dich nicht verlegen machen, und außerdem kennen wir einander kaum. Und daher, mit Rücksicht auf den Anstand . . .«
    »Ich drehe mich um«, schlug er unsicher vor.
    »Nein. Ich muss die Augen dessen sehen, mit dem ich rede. Ich habe eine bessere Idee.«
    Er hörte, wie sie einen Spruch sagte, spürte, wie das Medaillon erzitterte, und sah, wie der schwarze Umhang langsam zu Boden fiel. Und dann hörte er Wasser platschen.
    »Jetzt kann ich deine Augen nicht sehen, Yennefer«, sagte er. »Schade.«
    Die unsichtbare Zauberin kicherte, begann im Bottich zu plätschern. »Erzähl.«
    Geralt hatte inzwischen mit einiger Mühe die Hosen unterm Handtuch hochgezogen und setzte sich auf die Bank. Während er die Stiefelschnallen schloss, berichtete er von dem Abenteuer am Fluss, wobei er die Beschreibung des Kampfes mit dem Wels auf ein Minimum raffte. Yennefer sah nicht aus wie jemand, der sich für Fischfang interessieren könnte.
    Als er an der Stelle war, wo das Wolkenwesen aus dem Gefäß kam, erstarrte der große Schwamm, der das Unsichtbare abwusch.
    »Na, na«, hörte er. »Interessant. Ein Dschinn. Ein Flaschengeist.«
    »Was denn für ein Dschinn«, widersprach er. »Das war eine Abart von Scharlachdunkel. Irgendeine neue, unbekannte Sorte . . .«
    »Eine neue und unbekannte Sorte verdient, irgendwie benannt zu werden«, sprach die unsichtbare Yennefer. »Dschinn ist als Bezeichnung nicht schlechter als andere. Fahr bitte fort.«
    Er gehorchte. Die Seife im Bottich schäumte immer mehr, während er weitererzählte, das Wasser schwappte über den Rand. In einem bestimmten Moment fesselte etwas seinen Blick. Er sah genauer hin und bemerkte Umrisse und Formen, die die Seife rings ums Unsichtbare bildete. Die Umrisse und Formen fesselten ihn derart, dass er verstummte.
    »Erzähl!«, spornte ihn die Stimme aus dem Nichts, von den Umrissen her an. »Was war weiter?«
    »Das war alles«, sagte er. »Ich habe diesen Dschinn, wie du sagst, vertrieben . . .«
    »Womit?« Die Schöpfkelle hob sich und goss Wasser aus. Die Seife verschwand, die Formen auch. Geralt seufzte.
    »Mit einem Zauberspruch«, sagte er. »Genauer, mit einem Exorzismus.«
    »Welchem?« Wieder goss die Schöpfkelle Wasser aus. Der Hexer begann die Bewegungen der Kelle eingehender zu verfolgen, denn auch das Wasser ließ, wenngleich nur für kurze Zeit, dieses und jenes erkennen. Er wiederholte den Spruch und ersetzte dabei gemäß den Sicherheitsgeboten den Vokal »e« durch einen Hauch. Er glaubte, die Zauberin mit der Kenntnis dieser Methode zu beeindrucken, und so wunderte er sich, als aus dem Bottich ein irres Gelächter ertönte.
    »Was ist daran komisch?«
    »Dieser Exorzismus von dir . . .« Das Handtuch flog vom Haken und begann, den Rest der Umrisse heftig abzutrocknen. »Triss wird Tränen lachen, wenn ich ihr davon erzähle! Wer hat

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