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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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so, als ob du der Ansicht wärst, ein Skorpion sei schöner als eine Spinne, weil er so einen hübschen Schwanz hat. Sieh dich vor, Geralt. Du bist nicht der Erste, der sie so einschätzt, ohne zu wissen, dass sie aus Tugend und Schönheit eine Waffe gemacht hat. Eine Waffe, derer sie sich überaus geschickt und skrupellos bedient. Was natürlich nichts an der Tatsache ändert, dass sie eine faszinierend schöne Frau ist. Das wirst du doch nicht leugnen?«
    Geralt warf einen scharfen Blick auf den Elf. Zum zweiten Mal kam es ihm so vor, als bemerke er auf seinem Gesicht einen Anflug von Röte. Das erstaunte ihn nicht weniger als Chireadans Worte. Reinblütige Elfen interessierten sich für gewöhnlich nicht für Menschenfrauen. Nicht einmal für die sehr schönen. Yennefer indes war zwar auf ihre Art attraktiv, doch als Schönheit konnte sie nicht gelten.
    Über Geschmack ließ sich nicht streiten, doch im Grunde fiel es kaum jemandem ein, Zauberinnen »schön« zu nennen. Alle stammten ja aus Gesellschaftskreisen, wo es die einzige Bestimmung von Töchtern war, zu heiraten. Wer dachte schon daran, seine Tochter zu jahrelangen mühseligen Studien und zur Folter der körperlichen Veränderungen zu verurteilen, wenn man sie verheiraten und sich vorteilhaft verschwägern konnte? Wer wollte eine Zauberin in der Familie haben? Bei allem Respekt, den Magier genossen, hatte die Familie einer Zauberin nicht den geringsten Nutzen von ihr, denn noch ehe das Mädchen seine Ausbildung beendete, verlor es alle Bindungen an die Familie – es zählte nur die Bruderschaft. Darum wurden nur Töchter Zauberinnen, deren Chancen, einen Mann zu finden, gleich null waren.
    Im Gegensatz zu Priesterinnen und Druidinnen, die ungern hässliche oder verkrüppelte Mädchen aufnahmen, akzeptierten die Zauberer jede, die die nötige Veranlagung erkennen ließ. Wenn das Kind allerdings nicht während der ersten Lehrjahre ausgesiebt wurde, trat die Magie auf den Plan – sie machte Beine gerade und gleich, reparierte schlecht zusammengewachsene Knochen, flickte Hasenscharten, ließ Narben, Male und die Spuren der Pocken verschwinden. Die junge Zauberin wurde »attraktiv«, denn so erforderte es das Prestige ihres Berufes. Das Ergebnis waren Frauen mit dem Anschein von Schönheit und den bösen und kalten Augen hässlicher Weiber. Von Weibern, die ihre von einer magischen Maske verdeckte Hässlichkeit nicht vergessen konnten, einer Maske, die nicht ihrem Glück diente, sondern allein dem beruflichen Ansehen.
    Nein, Geralt verstand Chireadan nicht. Seine Augen, die Augen eines Hexers, registrierten zu viele Einzelheiten.
    »Nein, Chireadan«, beantwortete er die Frage. »Ich leugne es nicht. Ich danke dir auch für die Warnung. Aber hier geht es ausschließlich um Rittersporn. Er hat in meiner Gegenwart Schaden genommen. Ich habe ihn nicht davor zu bewahren vermocht, konnte ihm nicht helfen. Wenn ich wüsste, dass es ihn gesund macht, würde ich mich mit bloßem Hintern auf einen Skorpion setzen.«
    »Gerade davor musst du dich hüten.« Der Elf lächelte rätselhaft. »Denn Yennefer weiß das, und sie nutzt dieses Wissen gern aus. Trau ihr nicht, Geralt. Sie ist gefährlich.«
    Er antwortete nicht.
    Oben quietschte eine Tür. Yennefer stand an der Treppe, aufs Geländer der Galerie gestützt. »Hexer, könntest du für einen Augenblick heraufkommen?«
    »Natürlich.«
    Die Zauberin lehnte sich mit dem Rücken an die Tür eines der wenigen halbwegs eingerichteten Zimmer, wo der kranke Troubadour untergebracht worden war. Der Hexer ging hinauf und betrachtete sie schweigend. Er sah ihre linke Schulter, ein winziges Stück höher als die rechte. Die Nase – ein winziges Stück zu lang. Die Lippen – ein bisschen zu schmal. Das Kinn – ein wenig zu kurz. Die Brauen – nicht gleichmäßig genug. Die Augen ...
    Er sah zu viele Einzelheiten. Ganz unnötigerweise.
    »Was ist mit Rittersporn?«
    »Zweifelst du an meinen Fähigkeiten?«
    Er blickte sie weiter an. Sie hatte die Figur einer Zwanzigjährigen, obwohl er ihr wahres Alter lieber nicht raten wollte. Sie bewegte sich mit natürlicher, zwangloser Grazie. Nein, es ließ sich nicht ahnen, wie sie früher gewesen, was an ihr verändert worden war. Er hörte auf, darüber nachzudenken, es hatte keinen Sinn.
    »Dein talentierter Freund wird gesund«, sagte sie. »Er wird seine stimmlichen Fähigkeiten zurückgewinnen.«
    »Du hast meine Dankbarkeit, Yennefer.«
    Sie lächelte. »Du wirst imstande

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