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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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der strähnigen Haare und der Zustand seiner Kleidung machten deutlich, dass er nicht erst seit gestern hier war.
    »Sie haben uns in den Knast gesteckt«, stellte er finster fest.
    »Es freut mich«, sagte der Elf, »dass du die Fähigkeit zu logischen Schlüssen wiedererlangt hast.«
    »Mist, elender ... Und Rittersporn? Seit wann sitzen wir hier? Wie viel Zeit ist vergangen, seit . . .«
    »Ich weiß nicht. Wie du war ich nicht bei Bewusstsein, als sie mich hier hereingeworfen haben.« Chireadan raffte Stroh zusammen, setzte sich bequemer hin. »Ist das wichtig?«
    »Und wie, verdammt. Yennefer ... Und Rittersporn. Rittersporn ist dort, bei ihr, und sie hat vor ... He, ihr da? Seit wann sind wir hier eingesperrt?«
    Die Lumpen flüsterten miteinander. Keiner gab Antwort.
    »Seid ihr taub?« Geralt spuckte aus, er konnte noch immer nicht den metallischen Geschmack auf den Lippen loswerden. »Ich frage, welche Tageszeit ist jetzt? Oder ist es Nacht? Ihr werdet doch wissen, wann ihr zu fressen kriegt?«
    Abermals murmelten die Lumpen miteinander, räusperten sich.
    »Edle Herren«, sagte schließlich einer. »Lasst uns in Ruhe und redet nicht mit uns, bitteschön. Wir sind ordentliche Verbrecher, nicht irgendwas Politisches. Wir haben die Obrigkeit nicht angegriffen. Wir haben bloß gestohlen.«
    »Ja«, bestätigte ein anderer. »Ihr habt eure Ecke, wir unsere. Und jeder soll sich um seine kümmern.«
    Chireadan fauchte. Der Hexer spuckte aus.
    »Genauso ist es«, plapperte der zugewachsene Alte mit der langen Nase los. »Jeder im Gefängnis kümmert sich um seine Ecke und hält sich zu seinesgleichen.«
    »Und du, Opa«, erkundigte sich der Elf spöttisch, »hältst du dich zu denen oder zu uns? Zu welcher Gruppe zählst du dich?«
    »Zu keiner«, erwiderte der Opa stolz. »Weil ich unschuldig bin.«
    Geralt spuckte abermals aus.
    »Chireadan?«, fragte er, während er sich die Schläfen massierte. »Das mit dem Angriff auf die Obrigkeit ... Ist das wahr?«
    »Allerdings. Erinnerst du dich nicht?«
    »Ich ging die Straße lang ... Die Leute haben mir nachgeschaut ... Dann ... Dann war da so ein Laden . . .«
    »Ein Leihhaus.« Der Elf senkte die Stimme. »Du bist ins Leihhaus gegangen. Sobald du drin warst, hast du dem Besitzer eins auf die Fresse gegeben. Kräftig. Sogar sehr kräftig.«
    Der Hexer presste einen Fluch zwischen den Zähnen hervor.
    »Der Wucherer fiel zu Boden«, fuhr Chireadan leise fort. »Und du hast ihm ein paar Tritte in empfindliche Stellen gegeben. Als der Knecht seinem Prinzipal zu Hilfe eilte, hast du ihn aus dem Fenster geworfen, mitten auf die Straße.«
    »Ich fürchte«, murmelte Geralt, »dass das nicht alles war.«
    »Eine berechtigte Befürchtung. Du bist aus dem Leihhaus gegangen und mitten auf der Straße langmarschiert, hast Fußgänger angerempelt und irgendwelchen Blödsinn über die Ehre einer Dame geschrien. Hinter dir ging schon eine ziemlich große Menschenmenge, darunter ich, Errdil und Vratimir. Du aber bist vorm Hause des Apothekers Lorbeerträger stehen geblieben, bist hineingegangen, und einen Augenblick später kamst du wieder raus und zogst Lorbeerträger an einem Bein hinter dir her. Und du hast vor der Menge eine Art Rede gehalten.«
    »Was für eine?«
    »Kurz gesagt, du hast verkündet, dass ein Mann, der auf sich hält, nicht einmal eine professionelle Dirne eine Nutte nennen darf, weil es niederträchtig und widerwärtig ist. Wenn einer jedoch die Bezeichnung ›Nutte‹ für eine Frau verwendet, die er nie gebumst und der er nie Geld dafür gegeben hat, dann ist er ein Scheißkerl und verdient zweifellos Bestrafung. Die Strafe, hast du jedermann kundgegeben, würde auf der Stelle vollstreckt, und es wäre genau die richtige Strafe für einen Scheißkerl. Du hast dir den Kopf des Apothekers zwischen die Knie geklemmt, ihm die Hose heruntergezogen und ihm mit dem Gürtel den Arsch versohlt.«
    »Sprich weiter, Chireadan. Sprich. Schone mich nicht.«
    »Du hast Lorbeerträger den Hintern verhauen, was das Zeug hielt, und der Apotheker hat geheult, gebrüllt, geweint, Götter und Menschen zu Hilfe gerufen, um Erbarmen gefleht, ja, er hat sogar Besserung versprochen, aber du hast es offensichtlich nicht geglaubt. Dann kamen ein paar bewaffnete Banditen herbeigelaufen, die man in Rinde als die Garde zu bezeichnen pflegt.«
    »Und da« – Geralt nickte – »habe ich die Obrigkeit angegriffen?«
    »Woher denn. Die hattest du schon viel früher angegriffen. Sowohl

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