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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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über die Schultern geworfen. Neben ihm hielt ein kräftiger, bärtiger Zwerg mit Fuchsmantel, Kettenhemd und einer Kettenhaube aus kleinen Eisenringen die Arme vor der Brust verschränkt. Tailles ging ohne Rüstung, nur im kurzen gesteppten Wams, langsam auf und ab und holte von Zeit zu Zeit mit dem blanken Schwert aus.
    Der Hexer zügelte das Pferd und sah sich um. Ringsum blinkten die Halbpanzer und die flachen Eisenhüte der Söldner, die die Lichtung umringten und mit Lanzen bewaffnet waren.
    »Verdammt«, murmelte Geralt. »Ich hätte es mir denken können.«
    Rittersporn wendete das Pferd und fluchte leise beim Anblick der Lanzenträger, die ihnen den Rückweg abschnitten.
    »Worum geht es, Geralt?«
    »Um nichts. Halte die Zunge im Zaum und misch dich nicht ein. Ich versuche, hier irgendwie rauszukommen.«
    »Worum geht es, frage ich? Wieder eins von deinen Abenteuern?«
    »Halt den Mund.«
    »Es war doch ein dummer Einfall, in die Stadt zu reiten«, stöhnte der Troubadour und blickte zu den nahen, über den Bäumen schon sichtbaren Türmen des Heiligtums hinüber. »Wir hätten bei Nenneke sitzen und die Nase nicht aus den Mauern stecken sollen . . .«
    »Halt den Mund, hab ich gesagt. Du wirst sehen, alles klärt sich auf.«
    »Sieht nicht so aus.«
    Rittersporn hatte recht. Es sah nicht so aus. Tailles, der mit dem blanken Schwert herumfuchtelte, ging weiterhin auf und ab, ohne in ihre Richtung zu schauen. Die Söldner, auf ihre Lanzen gestützt, sahen gelangweilt und gleichgültig zu, mit dem Gesichtsausdruck von Profis, bei denen die Tötung eines Menschen keinen größeren Adrenalinausstoß hervorruft.
    Sie stiegen ab. Falwick und der Zwerg kamen langsamen Schrittes näher.
    »Ihr habt den edlen Tailles beleidigt, Hexer«, sagte der Graf unvermittelt und ohne die üblichen Höflichkeiten. »Und Tailles, wie Ihr Euch gewiss erinnert, hat Euch den Fehdehandschuh hingeworfen. Auf dem Gebiet des Heiligtums gebührte es sich nicht, Euch Mores zu lehren, also haben wir gewartet, bis Ihr hinter dem Rock der Priesterin hervorgekrochen kommt. Tailles wartet. Ihr müsst kämpfen.«
    »Wir müssen?«
    »Ihr müsst.«
    »Meint Ihr nicht, Herr Falwick« – Geralt lächelte schief –, »dass der edle Tailles mir zu viel der Ehre erweist? Mir ist niemals die Ehre eines Ritterschlags zuteilgeworden, und was meine Geburt betrifft, so schweige ich lieber von deren Begleitumständen. Ich fürchte, ich bin nicht hinreichend geeignet, um ... Wie heißt das, Rittersporn?«
    »Unfähig, Satisfaktion zu leisten und in die Schranken zu treten«, rezitierte der Poet mit geschürzten Lippen. »Der ritterliche Ehrenkodex besagt . . .«
    »Das Ordenskapitel richtet sich nach seinem eigenen Kodex«, unterbrach ihn Falwick. »Wenn Ihr einen Ordensritter herausfordern würdet, könnte er Euch Genugtuung leisten oder es ablehnen, ganz nach Belieben. Es ist aber umgekehrt: Der Ritter fordert Euch heraus und erhöht Euch damit zu seinem Rang, natürlich nur für die Zeit, die notwendig ist, um die Beleidigung zu sühnen. Ihr könnt nicht ablehnen. Die Weigerung, die Ehre anzunehmen, würde Euch ehrlos machen.«
    »Wie logisch«, sagte Rittersporn mit dem Gesichtsausdruck eines Affen. »Ich sehe, Ihr habt die Philosophen studiert, Herr Ritter.«
    »Misch dich nicht ein.« Geralt hob den Kopf und sah Falwick in die Augen. »Redet weiter, Ritter. Ich möchte wissen, worauf Ihr hinauswollt. Was geschieht, wenn ich mich als ... ehrlos erweise?«
    »Was dann geschieht?« Falwick verzog die Lippen zu einem boshaften Lächeln. »Dann lasse ich dich an einem Ast aufhängen, Hundsfott.«
    »Gemach«, ließ sich plötzlich heiser der Zwerg vernehmen. »Ohne Aufregung, Herr Graf. Und ohne Schimpfwörter, ja?«
    »Lehr du mich nicht Manieren, Cranmer«, presste der Ritter hervor. »Und denk dran, der Graf hat dir Befehle erteilt, die du genauestens auszuführen hast.«
    »Erteilt Ihr mir nur keine Lehren, Graf.« Der Zwerg legte die Hand auf die hinterm Gürtel steckende Axt mit der Doppelschneide. »Ich weiß, wie man Befehle ausführt, und brauche keine Belehrungen. Herr Geralt, erlaubt. Ich bin Dennis Cranmer, Hauptmann der Wache Fürst Herewards.«
    Der Hexer verbeugte sich steif und blickte in die Augen des Zwerges, die hellgrau und stählern unter aschblonden, buschigen Brauen lagen.
    »Stellt Euch Tailles, Herr Hexer«, fuhr Dennis Cranmer ruhig fort. »Es ist besser so. Der Kampf soll nicht auf Leben und Tod gehen, sondern nur bis zur

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