Der letzte Wunsch
geschämt hätte, und die Zwergen-Totengräber waren unübertreffliche Lästerer. Die Flüche wurden von wütenden und wirren Hieben begleitet, blindlings aufs Geratewohl ausgeteilt. Geralt packte sie bei den Händen, und um einem Stoß mit dem Kopf zu entgehen, presste er der Zauberin sein Gesicht ins Dekolleté, das nach Flieder, Stachelbeeren und Austern roch.
»Lass mich los!«, brüllte sie und schlug aus wie ein Maultier. »Idiot, Dummkopf, Klotz! Lass los, sag ich! Gleich werden die Fesseln reißen, ich muss sie verstärken, sonst entkommt der Dschinn!«
Er antwortete nicht, obwohl er Lust dazu hatte. Er packte sie noch fester und versuchte, sie gegen den Boden zu pressen. Yennefer fluchte grässlich, wand sich und stieß ihm mit ganzer Kraft das Knie in den Schritt. Ehe er wieder zu Atem kam, riss sie sich los, schrie einen Spruch. Er fühlte, wie ihn eine ungeheuerliche Kraft vom Boden hob und durch die ganze Länge des Saals schleuderte, und dann traf er mit atemberaubender Wucht auf ein geschnitztes zweitüriges Vertiko und machte buchstäblich Kleinholz daraus.
IX
»Was geht dort vor?!« Ans Fensterbrett geklammert, reckte Rittersporn den Hals, um mit dem Blick den Platzregen zu durchdringen. »Was geht da vor, sagt doch, verdammt noch mal!«
»Sie prügeln sich!«, brüllte einer der gaffenden Straßenjungen und sprang vom Fenster des Gasthofs zurück. Seine abgerissenen Gefährten wandten sich zur Flucht, dass die bloßen Füße durch den Schlamm patschten. »Der Zauberer und die Hexe prügeln sich!«
»Sie prügeln sich?« Neville wunderte sich. »Die prügeln sich, und dieser beschissene Dämon ruiniert meine Stadt! Seht, er hat wieder einen Schornstein umgestoßen! Und in die Ziegelei reingeleuchtet! He, Leute! Dorthin, schnell! Götter, ein Glück, dass es regnet, sonst hätten wir im Handumdrehen ein Feuer!«
»Lange wird es nicht mehr dauern«, sagte Priester Krepp düster. »Das magische Licht wird schwächer, die Fesseln werden gleich reißen, Herr Neville! Befehlt, dass sich die Leute zurückziehen sollen! Dort ist gleich die Hölle los! Von dem Haus bleiben höchstens Brocken übrig! Herr Errdil, worüber lacht Ihr? Es ist doch Euer Haus. Was freut Euch so?«
»Ich habe die alte Hütte hoch versichert!«
»Die Police umfasst magische und übernatürliche Ereignisse?«
»Klar.«
»Vernünftig, Herr Elf. Sehr vernünftig. Ich gratuliere. He, Leute, geht in Deckung! Wem sein Leben lieb ist, der soll nicht näher rangehen!«
Aus dem Inneren von Errdils Anwesen ertönte ein ohrenbetäubendes Krachen, ein Blitz zuckte. Die Menge zog sich zurück, stellte sich hinter Pfeiler.
»Warum treibt sich Geralt dort herum?«, stöhnte Rittersporn. »Warum, verdammt? Warum hat er sich in den Kopf gesetzt, diese Zauberin zu retten? Verflucht, warum? Chireadan, verstehst du das?«
Der Elf lächelte traurig. »Ich verstehe es, Rittersporn«, sagte er. »Ich verstehe es.«
X
Mit einem Sprung wich Geralt dem nächsten orangeroten Feuerpfeil aus, der aus den Fingern der Zauberin geschossen kam. Sie war sichtlich erschöpft, die Pfeile kamen schwach und langsam, er konnte ihnen mühelos ausweichen.
»Yennefer!«, schrie er. »Beruhige dich! Begreife doch endlich, was ich dir sagen will! Du kannst nicht . . .«
Er kam nicht zu Ende. Von den Händen der Zauberin zuckten dünne rote Blitze, die ihn an vielen Stellen trafen und buchstäblich einschlossen. Seine Kleidung zischte auf und begann zu rauchen.
»Ich kann nicht?«, zischte sie und stand über ihm. »Gleich wirst du sehen, was ich kann. Es genügt, dass du daliegst und mich nicht mehr störst.«
»Nimm das von mir weg!«, brüllte er, während er in dem feurigen Gespinst zappelte. »Ich verbrenne, verdammt!«
»Lieg ruhig«, riet sie ihm schwer atmend. »Das brennt nur, wenn du dich bewegst ... Ich kann dir keine Zeit mehr widmen, Hexer. Wir haben uns tüchtig gerauft, aber allzu viel ist ungesund. Ich muss mich mit dem Dschinn befassen, denn er ist drauf und dran, mir zu entkommen . . .«
»Entkommen?«, schrie er. »Du musst entkommen! Dieser Dschinn ... Yennefer, hör mir gut zu. Ich muss dir etwas gestehen ... Ich muss dir die Wahrheit sagen. Du wirst staunen.«
XI
Der Dschinn zerrte an den Fesseln, wirbelte herum, spannte die ihn haltenden Stränge und fegte das Türmchen vom Hause Beau Berrants weg.
»Der brüllt vielleicht!« Rittersporn fasste sich instinktiv an die Kehle. »Der brüllt vielleicht grässlich! Er scheint
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