Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
Vom Netzwerk:
zuckte mit den Schultern. Er nahm die Klinge des Grafen und holte zur Probe damit aus. »Schwer«, stellte er kühl fest. »Ebenso gut könnten wir uns mit Spaten schlagen.«
    »Tailles hat genauso eins. Gleiche Chancen.«
    »Ihr seid ungeheuer witzig, Herr Falwick. Einfach ungeheuer.«
    Die Soldaten umringten die Lichtung in lockerer Kette, Tailles und der Hexer standen einander gegenüber.
    »Herr Tailles? Was habt Ihr zur Entschuldigung zu sagen?«
    Der Ritter presste die Lippen zusammen, legte den linken Arm hinter den Rücken und erstarrte in Fechtposition.
    »Nein?« Geralt lächelte. »Ihr wollt nicht auf die Stimme der Vernunft hören? Schade.«
    Tailles duckte sich, sprang vor, griff blitzartig an, ohne Vorwarnung. Der Hexer machte sich nicht einmal die Mühe einer Parade, sondern wich dem geraden Stich mit einer raschen halben Wendung aus. Der Ritter holte weit aus, die Klinge durchschnitt wieder die Luft, Geralt tauchte mit einer geschickten Pirouette unter der Schneide hinweg, sprang weich zur Seite und brachte Tailles mit einer kurzen, leichten Finte aus dem Rhythmus. Tailles fluchte, hieb mit Schwung von rechts her zu, verlor für einen Augenblick das Gleichgewicht und versuchte es instinktiv wiederzuerlangen, indem er sich ungeschickt und hoch mit dem Schwert deckte. Der Hexer stieß mit der Geschwindigkeit und der Kraft eines Blitzes zu, schlug geradeaus, die Schultern weit vorgereckt. Die schwere Klinge prallte klirrend gegen das Schwert Tailles’, derart, dass es mit Macht zurückgeworfen wurde und ihn mitten ins Gesicht traf. Der Ritter heulte auf, fiel auf die Knie und berührte mit der Stirn das Gras. Falwick lief zu ihm hin. Geralt trieb das Schwert in den Boden und wandte sich ab.
    »He, Wache!«, brüllte Falwick, indes er aufstand. »Packt ihn!«
    »Halt! An die Plätze«, bellte Denis Cranmer und griff an die Axt. Die Söldner erstarrten.
    »Nein, Graf«, sagte der Zwerg langsam. »Befehle führe ich immer aufs Genaueste aus. Der Hexer hat Ritter Tailles nicht berührt. Das Jüngelchen ist gegen das eigene Eisen geschlagen. Sein Pech.«
    »Sein Gesicht ist ruiniert! Er ist fürs ganze Leben gezeichnet!«
    »Die Haut wächst wieder zusammen.« Dennis Cranmer fixierte den Hexer mit seinen stahlgrauen Augen und bleckte die Zähne. »Und die Narbe? Für einen Ritter ist eine Narbe ein ehrenvolles Andenken, ein Grund für Ruhm und Lob, die ihm das Kapitel so sehr gewünscht hat. Ein Ritter ohne Narbe ist ein Schlappschwanz, kein Ritter. Fragt ihn, Graf, überzeugt Euch, dass er froh ist.«
    Tailles wand sich am Boden, spuckte Blut, winselte und heulte; er sah gar nicht erfreut aus.
    »Cranmer!« Falwick riss sein Schwert aus dem Boden. »Das wird dir noch leidtun, ich schwöre es!«
    Der Zwerg wandte sich um, zog langsam die Axt hinterm Gürtel hervor, räusperte sich und spuckte saftig in die rechte Hand.
    »Oi, Herr Graf«, sagte er knirschend. »Schwört keinen falschen Eid. Ich kann Leute, die falschen Eid ablegen, nicht ausstehen, und Fürst Hereward hat mir das Recht verliehen, solche einen Kopf kürzer zu machen. Ich will Eure dummen Worte überhört haben. Aber wiederholt sie nicht, ich bitte Euch sehr.«
    »Hexer!« Falwick wandte sich wutbebend zu Geralt um. »Verschwinde aus Ellander. Auf der Stelle. Ohne den geringsten Aufschub!«
    »Es kommt selten vor, dass ich mit ihm übereinstimme«, knurrte Dennis, während er an den Hexer herantrat und ihm sein Schwert überreichte, »aber in diesem Fall hat er recht. Verlasst mit angemessener Eile diese Gegend.«
    »Wir werden tun, wie Ihr uns ratet.« Geralt streifte den Gurt über den Rücken. »Aber zuvor ... Ich habe noch ein Wort für den Herrn Grafen. Herr Falwick!«
    Der Ritter der Weißen Rose blinzelte nervös und streifte die Hände an seinem Mantel ab.
    »Wir wollen uns für einen Augenblick wieder dem Kodex Eures Kapitels zuwenden«, sagte der Hexer, bemüht, nicht zu grinsen. »Ich wüsste zu gern noch eines. Angenommen, ich würde mich von der Figur, die Ihr in dieser ganzen Sache gemacht habt, angewidert und beleidigt fühlen, und ich würde Euch auf Schwerter fordern, hier, sofort, auf der Stelle, was würdet Ihr tun? Würdet Ihr mich für hinreichend würdig halten, mit Euch die Klingen zu kreuzen? Oder würdet Ihr vielleicht ablehnen, obwohl Ihr wisst, dass ich Euch im Falle einer Ablehnung nicht einmal für würdig halten würde, Euch vor den Augen der Knechte anzuspucken, in die Fresse zu schlagen und in den Arsch zu

Weitere Kostenlose Bücher