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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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des Hexers. Es waren viele. Die Vögel beschrieben langsame, ruhige Kreise, dann stießen sie plötzlich nieder und stiegen sofort flügelschlagend wieder empor.
    Der Hexer beobachtete die Vögel lange Zeit, schätzte die Entfernung ab und die Zeit, die er zu ihrer Überwindung brauchen würde, berücksichtigte dabei das Gelände, die Dichte des Waldes, Tiefe und Verlauf der Schlucht, die er unterwegs vermutete. Plötzlich warf er den Mantel zurück, schnallte den Riemen, der ihm schräg über die Brust lief, zwei Löcher enger. Knauf und Griff des über den Rücken geworfenen Schwertes ragten über die rechte Schulter.
    »Wir legen noch ein Stück Weg zu, Plötze«, sagte er. »Wir verlassen den Weg. Die Vögelchen, glaube ich, kreisen da nicht ohne Grund.«
    Die Stute antwortete natürlich nicht, trabte aber los, gehorchte der Stimme, an die sie gewöhnt war.
    »Wer weiß, vielleicht ist es ein toter Elch«, sagte Geralt. »Vielleicht ist es auch kein Elch. Wer weiß?«
    Die Schlucht war wirklich dort, wo er sie vermutet hatte – in einem bestimmten Augenblick sah der Hexer von oben auf die Kronen der Bäume herab, die den Erdspalt dicht ausfüllten. Die Hänge der Schlucht fielen aber sacht ab, und der Grund war trocken, ohne Schlehen, ohne faulende Baumstämme. Er überwand die Schlucht mühelos. Auf der anderen Seite befand sich ein Birkendickicht, dahinter eine große Lichtung, Heidekraut und Windbruch, der ineinander verwobene Äste und Wurzeln wie Fühler emporreckte.
    Die Vögel, vom Erscheinen des Reiters aufgescheucht, stiegen höher auf, begannen wild, scharf, heiser zu krächzen.
    Den ersten Leichnam erblickte Geralt sofort – das Weiß eines hirschledernen Wamses und das matte Blau eines Kleides stachen deutlich von den vergilbten Büscheln des Riedgrases ab. Die andere Leiche sah er nicht, doch er wusste, wo sie lag – ihren Ort verriet die Gegenwart der drei Wölfe, die auf den Hinterläufen saßen und den Reiter ruhig betrachteten. Die Stute des Hexers schnaubte. Wie auf Kommando trotteten die Wölfe lautlos und ohne Eile in den Wald, wobei sie eine Zeitlang dem Ankömmling ihre dreieckigen Köpfe zuwandten. Geralt sprang vom Pferd.
    Der Frau in dem Wams und dem blauen Kleid fehlten das Gesicht, die Kehle und der größte Teil des linken Schenkels. Der Hexer ging an ihr vorbei, ohne sich zu bücken.
    Der Mann lag mit dem Gesicht zur Erde. Geralt drehte den Körper nicht um, er wusste, dass sich auch hier Wölfe und Vögel gütlich getan hatten. Es war zudem nicht nötig, sich den Leichnam genauer anzusehen – über Schulter- und Rückenpartie des wollenen Wamses zog sich ein schwarzes, verzweigtes Muster von getrocknetem Blut. Es war offensichtlich, dass der Mann an einem Hieb in den Hals gestorben war und die Wölfe den Körper erst später massakriert hatten.
    Am breiten Gürtel trug der Mann neben dem kurzen Jagdmesser in der hölzernen Scheide einen Lederbeutel. Der Hexer riss ihn ab und warf nacheinander ein Feuerzeug, ein Stück Kreide, Siegelwachs, eine Handvoll Silbermünzen, ein Klapprasiermesser mit Knochengriff, ein Hasenohr, einen Ring mit drei Schlüsseln und ein Amulett mit einem Phallussymbol ins Gras. Zwei auf Leinen geschriebene Briefe waren von Regen und Tau durchnässt, die Runen zerlaufen, verwischt. Der dritte, auf Pergament, hatte ebenfalls unter der Nässe gelitten, war aber leserlich. Es war ein Kreditbrief, von einer Zwergenbank in Murivel auf einen Kaufmann namens Rulle Asper oder Aspen ausgestellt. Die Kreditsumme war nicht hoch.
    Geralt beugte sich hinab und hob die rechte Hand des Mannes an. Wie erwartet, trug der Kupferring, der in den angeschwollenen und blau angelaufenen Finger einschnitt, das Zeichen der Plattnerzunft – einen stilisierten Helm mit Visier, zwei gekreuzte Schwerter und darunter die eingravierte Rune A.
    Der Hexer kehrte zum Leichnam der Frau zurück. Als er den Körper herumwälzte, stach ihn etwas in den Finger. Es war eine ans Kleid geheftete Rose. Die Blume war verwelkt, hatte aber nicht die Farbe verloren – die Blätter waren dunkelblau, fast vom Purpurblau des Granatbaums. Geralt sah eine solche Rose zum ersten Mal in seinem Leben. Er drehte den Körper vollends um und zuckte zusammen.
    Auf der bloßliegenden, zerstörten Kehle der Frau waren deutlich die Spuren von Zähnen zu sehen. Nicht von Wölfen.
    Der Hexer zog sich vorsichtig zum Pferd zurück. Ohne den Blick vom Waldrand zu wenden, sprang er in den Sattel. Zweimal umkreiste er

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