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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Frage, nehme ich an«, fiel ihm Geralt ins Wort. »›Wer ist die Schönste im ganzen Land?‹ Soviel ich weiß, gibt es nur zwei Arten von Spiegeln der Nehalennia: starrsinnige und kaputte.«
    »Du irrst dich. Aridea interessierte sich mehr für das Schicksal des Landes. Und auf ihre Fragen hin weissagte der Spiegel ihr selbst und vielen Menschen ihres Landes einen schrecklichen Tod von der Hand oder durch die Schuld von Fredefalks Tochter aus erster Ehe. Aridea sorgte dafür, dass die Kunde davon zum Rat gelangte, und der Rat entsandte mich nach Creyden. Ich brauche wohl nicht eigens zu erwähnen, dass Fredefalks Erstgeborene kurz nach der Sonnenfinsternis zur Welt gekommen war. Eine kurze Zeit lang beobachtete ich die Kleine diskret. In der Zeit brachte sie es fertig, einen Kanarienvogel und zwei Welpen zu Tode zu quälen und einer Dienerin mit dem Griff des Kammes ein Auge auszustechen. Mit Hilfe von Zaubersprüchen führte ich ein paar Proben durch, und die meisten davon bestätigten, dass die Kleine eine Mutantin war. Ich wandte mich damit an Aridea, denn für Fredefalk gab es nichts außer seiner Tochter. Aridea, wie gesagt, war eine kluge Frau . . .«
    »Klar«, unterbrach ihn Geralt abermals, »und sicherlich konnte sie die Stieftochter nicht besonders leiden. Sie wollte lieber, dass ihre eigenen Kinder den Thron erbten. Den weiteren Verlauf kann ich mir denken. Dass sich auch niemand gefunden hat, der ihr rechtzeitig den Hals umdrehte. Und dir bei der Gelegenheit auch.«
    Stregobor seufzte, die Augen gen Himmel gerichtet, wo noch immer bunt und malerisch die Wolke hing. »Ich war dafür, sie nur zu isolieren, doch die Fürstin entschied anders. Sie schickte die Kleine mit einem gedungenen Mörder, einem Jäger, in den Wald. Wir haben ihn später im Gebüsch gefunden. Er hatte keine Hosen an, so dass es nicht schwer war, den Hergang zu rekonstruieren. Sie hatte ihm die Nadel einer Brosche ins Hirn gestoßen, durchs Ohr, wahrscheinlich, als seine Aufmerksamkeit von etwas ganz anderem gefesselt war.«
    »Wenn du denkst, dass er mir leidtut«, murmelte Geralt, »dann irrst du dich.«
    »Wir haben eine Treibjagd veranstaltet«, fuhr Stregobor fort, »doch von der Kleinen war keine Spur zu finden. Ich meinerseits musste Creyden schleunigst verlassen, denn Fredefalk begann, etwas zu ahnen. Erst vier Jahre später erhielt ich eine Nachricht von Aridea. Sie hatte die Kleine aufgespürt, sie lebte in Mahakam mit sieben Gnomen, die sie davon überzeugt hatte, dass man besser Kaufleute überfiel, als sich im Bergwerk eine Staublunge zu holen. Sie wurde allgemein die Würgerin genannt, denn wie der gleichnamige Vogel liebte sie es, die Gefangenen lebendig auf spitze Pfähle zu spießen. Aridea stellte mehrmals Mörder an, doch keiner kehrte zurück. Später war es dann schwierig, noch welche zu finden, denn die Kleine war schon ziemlich berühmt. Mit dem Schwert hatte sie so umzugehen gelernt, dass kaum ein Mann ihr die Stirn bieten konnte. Ich wurde insgeheim nach Creyden gerufen, nur um bei der Ankunft festzustellen, dass jemand Aridea vergiftet hatte. Man nahm allgemein an, es sei Fredefalk selbst gewesen, der sich eine jüngere und knackigere Mesalliance ausgeguckt hatte. Ich glaube aber, es war Renfri.«
    »Renfri?«
    »So hieß sie. Wie gesagt, sie hat Aridea vergiftet. Fürst Fredefalk kam kurz darauf bei einem sonderbaren Jagdunfall ums Leben, und Arideas ältester Sohn verschwand spurlos. Das muss auch das Werk der Kleinen gewesen sein. Ich sage ›der Kleinen‹, aber damals war sie schon siebzehn. Und sie war nicht schlecht gewachsen.
    Damals«, fuhr der Zauberer nach einer kurzen Pause fort, »waren sie und ihre Gnomen schon der Schrecken ganz Mahakams. Nur dass sie sich eines schönen Tages stritten, ich weiß nicht, ob über die Beute oder über die Reihenfolge der Nächte in der Woche, jedenfalls gingen sie mit Messern aufeinander los. Die sieben Gnomen überlebten die Messerstecherei nicht. Nur die Würgerin überlebte. Sie allein. Doch damals war ich schon in der Gegend. Wir trafen aufeinander: Sie erkannte mich augenblicklich und wusste über die Rolle Bescheid, die ich seinerzeit in Creyden gespielt hatte. Ich sag dir, Geralt, ich konnte gerade noch rechtzeitig einen Spruch sagen, und die Hände zitterten mir wer weiß wie, als sie sich wie eine Wildkatze mit dem Schwert auf mich stürzte. Ich verpackte sie in einem hübschen Klumpen Bergkristall, sechs mal zehn Ellen. Als sie in Lethargie verfallen

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