Der letzte Wunsch
damit herum. Crach an Craite stand gebeugt da und versuchte offensichtlich, ein Brett aus der Tischplatte zu brechen.
»Das ist unerhört!«, platzte Vissegerd heraus. »Was für Beweise hast du? Beweise!«
»Das Gesicht der Königin«, rief Igel und streckte die gepanzerte Hand aus, »ist der beste Beweis!«
Pavetta saß reglos da, ohne den Kopf zu heben. In der Luft ballte sich etwas sehr Seltsames zusammen. Das Medaillon des Hexers zerrte unter dem Wams an der Kette. Er sah, wie die Königin einen hinterm Thron stehenden Pagen herbeiwinkte und ihm flüsternd einen kurzen Befehl gab. Welchen, konnte Geralt nicht hören. Ihm gab jedoch die Verwunderung zu denken, die sich auf dem Gesicht des Burschen abzeichnete, dazu die Tatsache, dass der Befehl wiederholt werden musste. Der Page lief zum Ausgang.
Der Aufruhr am Tisch ließ nicht nach. Eist Tuirseach wandte sich an die Königin.
»Calanthe«, sagte er ruhig. »Spricht er die Wahrheit?«
»Und selbst wenn«, zischte die Königin, biss sich auf die Lippe und zupfte an dem grünen Schal, der ihr über der Schulter lag, »was dann?«
»Wenn er die Wahrheit spricht«, sagte Eist mit gerunzelter Stirn, »dann muss das Versprechen gehalten werden.«
»Wirklich?«
»Soll ich das so auffassen«, fragte der Mann von den Inseln finster, »dass dir alle Versprechen derart wenig gelten? Darunter auch die, die sich mir so gut eingeprägt haben?«
Geralt, der niemals erwartet hätte, Calanthe tief errötet, mit feuchten Augen und zitternden Lippen zu sehen, war überrascht.
»Eist«, flüsterte die Königin. »Das ist etwas anderes . . .«
»Wirklich?«
»Ach, du Hundesohn!«, ließ sich unverhofft Crach an Craite vernehmen, während er aufsprang. »Der letzte Dummkopf, der behauptete, ich hätte etwas vergebens getan, ist als Futter für die Krabben am Grunde der Allenker-Bucht gelandet! Ich bin nicht von Skellige hergekommen, um mit leeren Händen zurückzukehren! Da hat sich vielleicht ein Rivale gefunden, so ein Hurensohn! Heda, jemand soll mir mein Schwert bringen, und gebt sofort auch diesem Idioten eins! Dann wird sich zeigen, wer . . .«
»Ob du vielleicht den Mund hältst, Crach?«, sagte Eist giftig, beide Fäuste auf den Tisch gestemmt. »Draigh Bon-Dhu! Ich übertrage dir die Verantwortung für das weitere Betragen des königlichen Neffen!«
»Willst du auch mich zum Schweigen bringen, Tuirseach?«, schrie Rainfarn von Attre und erhob sich. »Wer wird es wagen, mir zu verwehren, dass ich mit Blut die Schmach abwasche, die hier meinem Fürsten widerfährt? Und seinem Sohne Windhalm, dem Einzigen, dem Hand und Lagerstatt Pavettas zustehen! Bringt die Schwerter! Sofort, auf der Stelle, werde ich diesem Igel oder wie er sich nennt zeigen, wie wir in Attre derlei Beleidigungen rächen! Ob sich wohl jemand oder etwas findet, was mich daran zu hindern vermöchte?«
»Gewiss. Die Rücksicht auf die guten Sitten«, sagte Eist Tuirseach ruhig. »Es schickt sich nicht, hier einen Kampf anzufangen oder jemanden herauszufordern, ohne zuvor das Einverständnis der Hausherrin zu erlangen. Ist das denn der Thronsaal von Cintra oder ein Wirtshaus, wo man einander in die Schnauze hauen und mit den Messern traktieren kann, wann immer man Lust hat?«
Wieder fingen alle an, einander zu überschreien, zu fluchen und mit den Armen zu fuchteln. Das Durcheinander endete wie abgeschnitten, als im Saal plötzlich das kurze, wütende Brüllen eines rasenden Auerochsen ertönte.
»So«, sagte Gokgokling, räusperte sich und stand auf. »Eist hat sich geirrt. Das sieht nicht einmal mehr nach einem Wirtshaus aus. Das ist eher eine Menagerie, deshalb war auch der Stier angebracht. Hohe Calanthe, erlaube, dass ich meine Ansicht zu dem Problem äußere, das wir hier haben.«
»Wie ich sehe«, sagte Calanthe gedehnt, »haben viele Leute ihre Ansichten zu diesem Problem und äußern sie, sogar ohne meine Erlaubnis. Sonderbar, warum interessiert euch nicht die meine? Meine eigene Ansicht ist, dass mir eher dieses verdammte Schloss auf den Kopf fallen wird, als dass ich Pavetta diesem komischen Kerl gebe. Ich denke nicht im mindesten daran . . .«
»Roegners Schwur . . .«, setzte Igel an, doch die Königin unterbrach ihn sofort, indem sie einen leeren Pokal auf den Tisch donnerte.
»Roegners Schwur kümmert mich so viel wie der Schnee vom vorigen Jahr! Und was dich betrifft, Igel, so überlege ich mir noch, ob ich Crach oder Rainfarn erlauben werde, mit dir die Klingen zu kreuzen,
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