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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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was sich machen lässt.«
    Schweigend ritten sie zurück, an Hütten und Zäunen entlang, von bellenden Hunden und schreienden Kindern geleitet.
    »Geralt«, ließ sich Rittersporn vernehmen, während er sich im Sattel aufrichtete und von einem Ast, der über den Gartenzaun ragte, einen stattlichen Apfel pflückte. »Den ganzen Weg über hast du dich beschwert, dass es dir immer schwerer fällt, Beschäftigung zu finden. Aber nach dem, was ich eben gehört habe, hast du hier bis zum Winter zu arbeiten, und das ohne Pause. Du würdest ein paar Groschen verdienen, und ich hätte schöne Themen für Balladen. Erklär mir also, warum reiten wir weiter?«
    »Hier würde ich keinen roten Heller verdienen, Rittersporn.«
    »Wie das?«
    »Weil an dem, was sie erzählt haben, kein wahres Wort war.«
    »Wie bitte?«
    »Keins von den Geschöpfen, von denen sie geredet haben, gibt es wirklich.«
    »Du machst wohl Witze!« Rittersporn spuckte einen Kern aus und warf den Griebs nach einem gescheckten Hund, der es besonders auf die Fesseln des Pferdes abgesehen hatte. »Nein, ist ausgeschlossen. Ich habe mir diese Leute angesehen, und bei den Menschen kenne ich mich aus. Sie haben nicht gelogen.«
    »Nein«, stimmte der Hexer zu. »Sie haben nicht gelogen. Sie haben das alles fest geglaubt. Was nichts an der Tatsache ändert.«
    Der Dichter schwieg eine Weile.
    »Keins von diesen Ungeheuern ... Kein einziges? Das kann nicht sein. Irgendwas von dem, was sie erwähnt haben, muss es hier geben. Wenigstens eins! Gib’s zu.«
    »Ich geb’s zu. Eins gibt es hier bestimmt.«
    »Ha! Was?«
    »Vampire. Fledermäuse.«
    Sie ritten an den letzten Zäunen vorbei, auf eine Landstraße inmitten rapsgelber Beete und im Winde wogender Getreidefelder. In der Gegenrichtung fuhren beladene Wagen die Straße entlang. Der Barde legte ein Bein über den Sattelbogen, stützte die Laute aufs Knie und klimperte schwermütige Melodien, wobei er von Zeit zu Zeit den kichernden Mädchen mit geschürzten Röcken zuwinkte, die am Straßenrand entlanggingen, Hacken auf den kräftigen Schultern.
    »Geralt«, sagte er plötzlich. »Aber es gibt doch Ungeheuer. Vielleicht nicht so viele wie einst, vielleicht lauern sie nicht hinter jedem Baum im Wald, aber es gibt sie. Sie existieren. Woran liegt es also, dass sich die Leute zusätzlich welche ausdenken, die es nicht gibt? Mehr noch, dass sie an das glauben, was sie sich ausdenken? He? Geralt von Riva, du berühmter Hexer? Hast du dich nicht nach dem Grund gefragt?«
    »Habe ich, du berühmter Poet. Und ich kenne diesen Grund.«
    »Ich bin gespannt.«
    »Die Leute« – Geralt wandte den Kopf ab – »denken sich gern Ungeheuer und Ungeheuerlichkeiten aus. Sie selbst kommen sich dann weniger ungeheuerlich vor. Wenn sie sich vollaufen lassen, betrügen, stehlen, die Frau mit dem Riemen prügeln, die alte Großmutter hungern lassen, mit der Mistgabel einen in die Falle geratenen Fuchs erstechen oder das letzte Einhorn der Welt mit Pfeilen spicken, stellen sie sich gern vor, dass die Mora, die im Morgengrauen durch die Hütten geht, noch schlimmer ist als sie. Davon wird ihnen etwas leichter ums Herz. Und es lebt sich einfacher.«
    »Ich hab’s mir gemerkt«, sagte Rittersporn, nachdem er einen Augenblick geschwiegen hatte. »Ich werde die passenden Reime suchen und eine Ballade daraus machen.«
    »Tu das. Aber rechne nicht mit viel Beifall.«
    Sie ritten langsam, doch bald verloren sie die letzten Hütten der Siedlung aus den Augen. Dann überquerten sie den Scheitelpunkt der bewaldeten Anhöhen.
    »Ha«, Rittersporn zügelte das Pferd und blickte sich um. »Sieh nur, Geralt. Ist das nicht schön? Eine Idylle, hol mich der Teufel. Eine Augenweide!«
    Jenseits der Anhöhen fiel das Gelände sanft zu ebenen, flachen Feldern ab, auf denen ein Mosaik verschiedenfarbiger Früchte wuchs. In der Mitte stießen rund und regelmäßig wie ein Kleeblatt die Spiegel dreier Seen aneinander, von dunklen Gürteln aus Erlendickicht umringt. Den Horizont formte die wolkenverhangene, blaue Silhouette der Berge, die über einem schwarzen, formlosen Streifen dichten Waldes aufragte.
    »Reiten wir, Rittersporn.«
    Die Landstraße führte geradewegs zu den Seen, entlang an Dämmen und in Erlenhainen verborgenen Teichen voller schnatternder Stockenten, Knäkenten, Reiher und Haubentaucher. Der Reichtum der Vogelwelt war angesichts der überall sichtbaren Spuren menschlicher Tätigkeit erstaunlich – die Dämme waren gepflegt, mit

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