Der Leuchtturm am Ende der Welt
er, der neben dem Vordersteven der ›Century‹, den nannten sie Kongre.
– Ist das ihr Anführer?
– Ohne Zweifel.
– Und der Mann, mit dem er spricht?
– Das ist Carcante, wie es scheint, sein Obersteuermann, und, wie ich vom Turme aus sehen konnte, einer von denen, die meine Kameraden ermordet haben.
– Und ihr… ihr würdet ihm gern den Schädel einschlagen, meinte John Davis.
– Ihm und seinem Vorgesetzten… wie einem Paare tollwütiger Hunde!« antwortete Vasquez.
Fast eine Stunde ging darüber hin, ehe die Räuber diesen Teil des Rumpfes vollständig durchsucht hatten, worin sie keinen Winkel unbeachtet ließen. Das Nickelerz, die Hauptladung der ›Century‹, womit sie nichts anzufangen wußten, sollte auf dem Strande liegen gelassen werden. Das andre auf dem Dreimaster verstreute Stückgut enthielt aber vielleicht Gegenstände, die ihnen willkommen waren. In der Tat sah man sie bald zwei oder drei größere Kisten und verschiedene Ballen herausschaffen, die Kongre auf die Schaluppe bringen ließ.
»Wenn die Schandbuben nach Gold, Silber, nach sonstigen Wertstücken oder nach Piastern suchen, werden sie sich gründlich täuschen, sagte John Davis.
– Ja, und gerade dergleichen würden sie am liebsten finden, antwortete Vasquez. Davon hatten sie nicht wenig in der Höhle versteckt, und die Schiffe, die hier gescheitert sind, müssen eine ziemliche Menge von Kostbarkeiten aller Art mitgeführt haben. Ihr könnt mir glauben, Davis, daß die Goelette in ihrer Fracht recht ansehnliche Schätze birgt.
– Und ich begreife, erwiderte dieser, daß sie es jetzt eilig haben, ihren Raub in Sicherheit zu bringen. Vielleicht gelingt ihnen das aber doch nicht!
– Dann müßte das schlechte Wetter freilich noch vierzehn Tage anhalten, bemerkte dazu Vasquez.
– Wenn es uns nicht auf andre Weise gelingt…«
John Davis sprach seinen Gedanken nicht weiter aus. Und doch, wie sollte es möglich sein, die Goelette am Auslaufen zu hindern, wenn der Sturm seine Kraft erschöpft, das Wetter sich wieder gebessert hätte und wenn das Meer wieder ruhig geworden wäre?
Die Räuber wendeten sich eben von der einen Rumpfhälfte des Fahrzeugs der andern auf der eigentlichen Stelle des Schiffbruchs zu, die vorn an der Spitze des Kaps lag.
Von ihrem Verstecke aus konnten Vasquez und John Davis sie noch, wenn auch in etwas größerer Entfernung, beobachten.
Die Ebbe fiel weiter. Obgleich das Wasser vom Sturme zurückgedrängt wurde, trat doch schon eine große Strecke des Klippengürtels zutage; dadurch wurde es wesentlich erleichtert, zum Rumpfe des Wracks vorzudringen.
Kongre und zwei oder drei andre verschwanden bald in dessen Innerm, und zwar an der Rückseite des Fahrzeugs, wo sich – wie John Davis dem Turmwärter sagte – die Kambüse befand.
Jedenfalls war diese Kambüse von den überschlagenden Wellen ziemlich weit zerstört worden; immerhin konnte sich darin noch eine gewisse Menge Proviant in unbeschädigtem Zustande vorfinden.
Wirklich brachten einige der Männer daraus Kisten mit Konserven und auch Fässer und Tönnchen heraus, die sie dann über den Sand hinwegrollten und in die Schaluppe schafften. Auch Pakete mit Kleidungsstücken wurden aus dem halbzerstörten Deckhause getragen und ebendahin befördert.
Die Nachsuchungen dauerten gegen zwei Stunden, dann schlugen Carcante und zwei von den andern Leuten mit Äxten auf das Hackbord los, das infolge der Neigung des Schiffes nur zwei bis drei Fuß über dem Erdboden lag.
»Was machen denn die Drei da? fragte Vasquez. Ist denn das Fahrzeug nicht schon genug zerstört? Warum, zum Teufel, es damit noch weiter treiben?
– O, mir ahnt, was sie beabsichtigen, antwortete John Davis, jedenfalls soll davon nichts mehr von seinem Namen und seiner Nationalität erkennbar bleiben, damit niemand erfahren könne, daß die ›Century‹ in dieser Gegend des Atlantischen Ozeans zugrunde gegangen ist.«
John Davis täuschte sich hierin nicht. Nur wenige Minuten später trat Kongre aus dem Deckhause mit der amerikanischen Flagge in der Hand, die er in der Kabine des Kapitäns gefunden hatte und die er in tausend Fetzen zerriß.
»Ah, der Schurke! rief John Davis, die Flagge… die Flagge meines Vaterlandes!«
Vasquez gelang es kaum noch, ihn am Arme zurückzuhalten, als Davis auf den Strand hinausstürzen wollte.
Nach vollendeter Plünderung – die Schaluppe mußte eine schwere Last zu tragen haben – wendeten sich Kongre und Carcante dem Fuße des
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